Können wir das auch?
Erfahrene Kellner tragen mehr als ein Dutzend Krüge gleichzeitig. Doch worin liegt das Geheimnis?
Friedberg Sie tragen volle Maßkrüge von einem Ende des Festzeltes ans andere. Volksfestkellner sind wahre Meister im Gewichtheben. Doch wie viele Krüge schafft ein Laie? Wir machen einen Selbstversuch, Sibylle Schulz hilft uns dabei. Sie arbeitet seit 27 Jahren auf verschiedenen Volksfesten, unter anderem auch in Friedberg. Ihr persönlicher Rekord liegt bei 19 vollen Krügen.
Wenn das Zelt gut besucht ist, dann halten die Bedienungen bis zu 15 Krüge auf einmal in den Händen. Die Schwierigkeit liegt dabei nicht so sehr im Gewicht, sondern darin, sich einen Weg durch die Menschenmassen zu bahnen. Noch mehr Krüge werden bei Wettbewerben gehoben.
Erfahrene Bedienungen stemmen hier mehr als 20 gefüllte Maßkrüge und tragen sie 40 Meter weit. Bis zum vergangenen Jahr arbeitete im Friedberger Festzelt ein österreichischer Kellner, der 24 Krüge gleichzeitig tragen konnte. Er ist nun im Ruhestand.
Laut Sybille Schulz hängt viel von der richtigen Technik ab, die Kraft ist eher zweitrangig. Bevor wir anfangen, zeigt sie uns einige Tricks. „Wichtig ist die Höhe der Ausschanktheke. Sie darf nicht zu hoch und nicht zu niedrig sein, damit man die Kraft aus den Beinen nutzen kann.“Die sechs Krüge für jede Hand stehen kreisförmig zusammen, die Henkel in der Mitte. „Am besten verkeilt man die Henkel miteinander, sodass keine Maß wegkippt“, erklärt Sibylle Schulz.
Wie viele Krüge ein Kellner schafft, hängt auch von der Erfahrung ab. Anfänger bekommen die Technik gezeigt und beginnen normalerweise mit sechs Krügen auf einmal. Danach, sagt Sibylle Schulz, werde der Ehrgeiz geweckt und jeder wolle ausprobieren, wie viele er selbst tragen kann. Dazu kommt, dass Kellner weniger laufen müssen, wenn sie mehr tragen können.
Zum Probieren sind die Gefäße für uns mit Wasser gefüllt. Die Schankkellner wollen das Risiko nicht eingehen, dass wir Anfänger das Bier verschütten. Dabei ist es so noch schwieriger, verrät Sibylle Schulz: „Bier ist leichter zu tragen als Wasser, weil es durch den Schaum nicht so schwer ist und weniger schwappt.“
Der Druck spielt eine große Rolle. Je stärker man die Gläser zusammenpresst, desto sicherer hält man sie auch in Händen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan. Zwar können wir zwölf Maßkrüge zumindest kurz stemmen. Für Ungeübte ist es aber fast nicht möglich, dieses Gewicht über eine längere Strecke zu tragen.
Und längere Strecken sind es in der Tat. Sibylle Schulz lässt ihre Schritte von einem Programm auf ihrem Handy zählen. An einem gewöhnlichen Tag unter der Woche kommt sie im Friedberger Festzelt so auf rund 13 Kilometer. Auf dem Münchner Oktoberfest können es sogar bis zu 25 sein, berichtet sie. Auf die großen Volksfeste verzichtet Sibylle Schulz allerdings, seit sie das Friedberger Fotostudio Hatzold übernommen hat. Sie arbeitet nur noch im Festzelt der Herzogstadt. „Weil Friedberg Friedberg ist“, sagt sie lachend.