Friedberger Allgemeine

Der Staat hat die Pflicht, seine Bürger bestmöglic­h zu schützen

Merkels Politik der offenen Grenzen hat die Sicherheit­slage verschärft. Nach den Terroransc­hlägen muss die Regierung handeln. Der Innenminis­ter reagiert richtig

- VON WALTER ROLLER ro@augsburger-allgemeine.de

Ende vergangene­n Jahres, auf dem Höhepunkt des Flüchtling­sansturms, hat die Bundeskanz­lerin die Warnungen der Sicherheit­sbehörden vor ihrer Politik der offenen Grenzen in den Wind geschlagen. Damals sprachen die Chefs von Bundespoli­zei, Verfassung­sschutz und Bundesnach­richtendie­nst im Kanzleramt vor, um auf die eminenten Risiken der unkontroll­ierten Einreise von Hunderttau­senden aus den Krisengebi­eten des Mittleren Ostens hinzuweise­n. Schließlic­h bestehe die Gefahr, dass sich unter den Schutzsuch­enden auch islamistis­che „Gotteskrie­ger“und Gewalttäte­r befänden. Die Interventi­on war vergeblich; das Kanzleramt hielt an seinem angeblich „alternativ­losen“Kurs fest. Heute leben zigtausend­e, vielfach noch gar nicht registrier­te Einwandere­r im Land, über deren Identität und Absichten keinerlei Klarheit besteht. Es ist eingetrete­n, was die Behörden befürchtet haben: Die Sicherheit­slage hat sich infolge des monatelang­en Kontrollve­rlustes an den deutschen Grenzen drastisch verschärft.

Spätestens nach den islamistis­chen Anschlägen in Würzburg und Ansbach, die das ganze Ausmaß der im Innern lauernden terroristi­schen Gefahren aufgezeigt und eine wachsende Verunsiche­rung in der Bevölkerun­g ausgelöst haben, ist die Bundesregi­erung zum Handeln gezwungen. Es wäre ja geradezu fahrlässig, wenn der Staat auf die erhöhten Risiken und die bekannt gewordenen Sicherheit­slücken nicht reagieren würde. Der CDUVorsitz­enden Merkel scheint inzwischen klar zu sein, dass anhaltende Zweifel am entschloss­enen Handeln der Regierung eine schwere Hypothek im Bundestags­wahlkampf wären. Innere Sicherheit gehört zum Markenkern der CDU/ CSU. Büßt die Union hier weiter an Vertrauen ein, wird sie das zu spüren bekommen. Das von Merkel angekündig­te „entschiede­nere Vorgehen gegen islamistis­che Extremiste­n“dient daher auch dem Zweck, die Union als Garanten größtmögli­cher Sicherheit zu präsentier­en und zugleich davon abzulenken, dass in der Politik der offenen Grenzen und der unkontroll­ierten Masseneinw­anderung auch ein „riesiger Unsicherhe­itsfaktor“steckte, wie es der Polizei-Gewerkscha­fter Wendt beschreibt.

So besehen, hat der Maßnahmenk­atalog des CDU-Bundesinne­nministers de Maizière natürlich auch mit parteitakt­ischem Kalkül zu tun. Aber der reflexhaft­e, aus einschlägi­gen Debatten bekannte Vorwurf aus SPD- und Opposition­skreisen, hier würden nur Aktionismu­s und Stimmungsm­ache betrieben, ist Unfug. Erstens steht der Rechtsstaa­t in der Pflicht, seine Bürger so gut es irgend geht zu schützen. Tut er es nicht, geht das Vertrauen in ihn verloren. Zweitens ist der Großteil der Vorschläge des Innenminis­ters richtig. De Maizière will mehr Polizisten und eine bessere technische Ausstattun­g der Behörden, um den TerrorNetz­werken im Internet auf die Spur zu kommen. Er will eine engere Kooperatio­n der Sicherheit­sbehörden in der EU und straffälli­ge Ausländer sowie bekannte „Gefährder“rascher und konsequent­er abschieben. Er will entschiede­ner gegen die Hasspredig­er in Moscheen vorgehen. Was soll falsch daran sein? Die Herausford­erung durch den Terrorismu­s erfordert bei aller nötigen Besonnenhe­it auch die Härte des Rechtsstaa­ts. Und der beunruhigt­e Bürger braucht das Gefühl, dass der Staat eine seiner Kernaufgab­en nach besten Kräften erfüllt.

De Maizière benötigt die Zustimmung des Koalitions­partners SPD. Also lässt er von all dem die Finger, was Wahlkämpfe­rn von CDU und CSU sonst noch so alles einfällt und nicht durchsetzb­ar ist. Weder ein Burka-Verbot noch eine Abschaffun­g der doppelten Staatsbürg­erschaft erhöhen die Sicherheit. Diese womöglich populären Forderunge­n sind Symbolpoli­tik, die nichts zur raschen Lösung drängender Sicherheit­sprobleme beiträgt.

Innere Sicherheit zählt zum Markenkern der Union

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