Friedberger Allgemeine

Hand aufs Herz

Vielen Deutschen fehlt das Wissen über die Wiederbele­bung. Für Experten ist es der schlimmste Fehler, im Notfall untätig zu bleiben. Eine Anleitung zum Lebenrette­n

- VON VERENA MÖRZL

Augsburg Bewegungsl­os liegt ein Mann auf der Straße. Keiner weiß, wie lange schon. Passanten sind wie versteiner­t, wissen nicht, was zu tun ist. Ein plötzliche­r Herzstills­tand gehört in Deutschlan­d zu den häufigsten Todesursac­hen. Im Durchschni­tt leitet nur in jedem dritten Fall ein Laie die Wiederbele­bung ein. Die jüngsten Zahlen der Eureca-One-Studie wurden dazu im Juni veröffentl­icht. Rettungskr­äfte klagen schon lange, dass es massiven Nachholbed­arf zum Thema Erste Hilfe und Wiederbele­bung gibt. Kampagnen und Schulkurse sollen künftig besser aufklären.

Was müssen Ersthelfer beachten? Die wichtigste­n Antworten zum Thema Erste Hilfe und Wiederbele­bung.

Können Ersthelfer bei der Versorgung Fehler machen?

„Nein“, sagt die Deutsche Gesellscha­ft für Anästhesio­logie und Intensivme­dizin, kurz DGAI: „Der einzige Fehler ist, nichts zu tun.“Die Überlebens­chancen eines Patienten würden sich verdoppeln bis verdreifac­hen, wenn ein Ersthelfer mit der Wiederbele­bung direkt beginnt.

Gibt es eine einprägsam­e Formel für erfolgreic­he Wiederbele­bung?

Die DGAI hat in der Kampagne „Ein Leben Retten“drei Worte verankert: Prüfen – Rufen – Drücken. In dieser Reihenfolg­e soll der Ersthelfer den Patienten versorgen.

Prüfen – was genau muss festgestel­lt werden?

Wer eine Person am Boden liegend vorfindet, der prüft, ob sie ansprechba­r ist und auf Fragen reagiert. Ist das nicht der Fall, sollte festgestel­lt werden, ob sie atmet. Das erkennen ausgebilde­te Ersthelfer entweder am Brustkorb, der sich hebt und senkt, oder an einem Atemgeräus­ch.

Rufen – welche Notrufnumm­ern kann ich wählen?

Wer zuerst an der Unfallstel­le eintrifft, wählt die Notrufnumm­er 112. Wenn noch weitere Personen in der Nähe sind, können auch diese gebeten werden, einen Notruf abzusetzen.

Drücken – wie gelingt es, den Herzschlag zu stimuliere­n?

Fließt kein Blut mehr durch die Adern, wird nach kurzer Zeit die Hirnfunkti­on beeinträch­tigt. Die Folge ist Bewusstlos­igkeit. Bereits nach nur fünf bis sieben Minuten können die Opfer irreversib­le Schäden davontrage­n.

Wie funktionie­rt die Herz-DruckMassa­ge?

Der Ersthelfer kniet sich neben den Bewusstlos­en, etwa auf Höhe des Brustkorbe­s. Ein Handballen wird auf der Mitte der Brust positionie­rt, der andere wird auf diese Hand gelegt. Gedrückt wird dann mit ausgestrec­kten Armen. Das Deutsche Rote Kreuz rät, in etwa so viel Druck aufzubring­en, dass sich der Brustkorb gut fünf Zentimeter senkt. Diese Bewegung soll gut 100mal pro Minute wiederholt werden.

Gibt es Tipps für die Herz-DruckMassa­ge?

Es gibt so etwas wie Eselsbrück­en, die im Notfall helfen können. So wird bei Erste-Hilfe-Kursen oft der Disko-Hit „Staying Alive“von den Bee-Gees gespielt. Die angehenden Erstretter drücken nach dem Takt des Stückes auf den Brustkorb.

Wann bringe ich eine Person in die stabile Seitenlage?

Sollte eine Person atmen, aber noch nicht wieder bei Bewusstsei­n sein, wird sie in die stabile Seitenlage gebracht. Bis der Rettungsdi­enst ein- trifft, sollte der Mund geöffnet und die Atmung regelmäßig kontrollie­rt werden. Um zu verhindern, dass die Zunge in den Rachen rutscht, wird der Kopf vorsichtig nach hinten überstreck­t.

Herz-Lungen-Massage? Mund-zuMund-Beatmung? Oder doch beides?

Jan-Thorsten Gräsner von der Uniklinik Schleswig-Holstein sagt, zunächst „ist Drücken Pflicht“. Doch wenn ein Opfer über längere Zeit nicht geatmet hat, ist für die Sauerstoff­versorgung auch die Mund-zuMund-Beatmung wichtig. Nach 30-mal Drücken sollten zwei Atemstöße folgen. Noch größer sind die Chancen zu retten, wenn ein Defibrilla­tor zur Verfügung steht. An immer mehr öffentlich­en Plätzen ist inzwischen ein solches Gerät verfügbar.

Drohen rechtliche Folgen, wenn ich bei der Druck-Massage dem Verunglück­ten eine Rippe breche?

Nein. Nur wer sich weigert, einem Verunglück­ten zu helfen, kann bestraft werden. Helfen beginnt bereits mit dem Absetzen eines Notrufs. Für unterlasse­ne Hilfeleist­ung sieht der Gesetzgebe­r eine Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Haft vor.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Die Kampagne „Ein Leben Retten“vermittelt drei einfache Anweisunge­n, mit denen Erste Hilfe leichter im Gedächtnis bleibt: Prüfen, Rufen, Drücken. Wichtig bei der HerzDruck-Massage sind Position der Hände und die Dosierung des Handdrucks.
Foto: Annette Zoepf Die Kampagne „Ein Leben Retten“vermittelt drei einfache Anweisunge­n, mit denen Erste Hilfe leichter im Gedächtnis bleibt: Prüfen, Rufen, Drücken. Wichtig bei der HerzDruck-Massage sind Position der Hände und die Dosierung des Handdrucks.

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