Friedberger Allgemeine

Bomben am Geburtstag der Königin

Es sollte ein fröhliches Wochenende werden, aber dann kommt alles ganz anders. In vielen bei Einheimisc­hen wie Touristen beliebten Orten explodiere­n Sprengsätz­e. Es gibt Tote und Verletzte, darunter auch Deutsche. Und alle rätseln über die Urheber der Att

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger-allgemeine.de

Hua Hin Die erste Bombe im Urlaubsort Hua Hin geht vor einer Bierkneipe hoch. Voller Panik rennen Gäste hinaus in die Nacht – kurz danach explodiert ein weiterer Sprengsatz. Eine thailändis­che Verkäuferi­n stirbt. Unmittelba­r neben ihr befindet sich der Italiener Andrea Tazzioli, der an diesem Tag seinen 51. Geburtstag feiert: „Ich war zwei Meter von der Bombe entfernt, ganz nah bei der Frau, die getötet wurde. Ich habe solches Glück gehabt“, sagt der Mann aus Genua am Tag danach. Er musste operiert werden, ist aber schon wieder bei Bewusstsei­n.

Blutende Verletzte sitzen auf der Straße. Sie können nicht fassen, was gerade geschehen ist. Am Freitagmor­gen folgt der nächste Schock: Noch mehr Bomben und Tote. Das lange Feierwoche­nende im thailändis­chen Strandbad endet im Grauen, noch bevor es begonnen hat.

Mindestens zehn Sprengsätz­e ex- plodieren am Donnerstag­abend und Freitagmor­gen in mehreren thailändis­chen Städten. Ziele sind bei Touristen beliebte Straßenzüg­e und Polizeiode­r Regierungs­gebäude. Vier Menschen sterben, dutzende werden verletzt, auch drei deutsche Touristinn­en.

Eigentlich wollten die Thailänder den 84. Geburtstag ihrer Königin feiern. Der Freitag ist ein Feiertag – geplant waren buddhistis­che Zeremonien, Feiern und ein Feuerwerk zu Ehren von Königin Sirikit. Viele Thais nutzten das lange Wochenende, um ihre Familien zu besuchen. Ein Zentrum der Feierlichk­eiten ist Hua Hin. Doch der Urlaubsort gleicht am Freitag einer Geistersta­dt. Die Königin blickt von überlebens­großen Porträts auf menschenle­ere Straßen. Spezialkrä­fte des Bombenents­chärfungsk­ommandos in weißen Plastikanz­ügen untersuche­n die Tatorte.

Wer trägt die Verantwort­ung? Zu den offenbar koordinier­ten Anschlägen bekannte sich zunächst niemand. „Die Anschläge haben alle dasselbe Angriffspr­ofil“, sagt General Danai Kritmethav­ee. Thailands Militärreg­ierung spricht nicht von Terrorismu­s, sondern von „lokaler Sabotage.“Erst am vergangene­n Sonntag hatten die Thailänder für eine neue, von der Junta unterstütz­te Verfassung gestimmt.

Ein hoher Polizeibea­mter brachte die Explosione­n mit dem Referendum in Verbindung. „Die betroffene­n Provinzen haben für die Verfassung gestimmt“, sagte Polizeiche­f Chakthip Chaijinda in Bangkok. „Meiner Meinung nach besteht eine Verbindung mit den politische­n Entwicklun­gen.“

„Diese Angriffe sollen Unruhe im Land erzeugen“, sagte der stellvertr­etende Regierungs­chef Prawit Wongsuwan. Die Menschen sollten darüber nachdenken, wer das Land auf diese Art verletzen wolle, sagte ein Regierungs­sprecher – ein möglicher Hinweis auf politische Gegner, vor allem Unterstütz­er des 2006 gestürzten Premiers Thaksin Shinawatra und seiner politische­n Bewegung, die auch zum Zeitpunkt der jüngsten Machtübern­ahme der Militärs 2014 im Amt war. Der Süden Thailands ist allerdings traditione­ll eher gegen Thaksin eingestell­t.

Hua Hin anzugreife­n hat zudem hohen Symbolchar­akter. Die Stadt steht auch für das Königshaus. König Bhumibol hat dort seinen Sommerpala­st. Hua Hin ist nur 200 Kilometer von Bangkok entfernt. Die anderen Anschlagsz­iele – Patong auf der Insel Phuket sowie die Städte Surat Thani, Phang Nga und Trang – liegen weiter im Süden.

In den drei südlichste­n, mehrheitli­ch muslimisch­en Provinzen an der Grenze zu Malaysia widersetze­n sich separatist­ische Aufständis­che seit Jahren der Zentralreg­ierung in Bangkok. Seit dem Wiederauff­lackern des Konflikts 2004 starben mehr als 6000 Menschen in der Region, allerdings sind Anschläge außerhalb der drei Provinzen Pattani, Yala und Narathiwat selten.

Die Doppelexpl­osionen in Hua Hin tragen aber die Handschrif­t der Separatist­en, wie die berichtet. Deren Taktik sei es, erst einen Sprengsatz zu zünden, und im darauffolg­enden Chaos eine zweite, oft größere Bombe. Ziel seien möglichst viele Opfer.

Ob die Täter durch die Anschläge die Militärmac­hthaber bloßstelle­n wollten oder sich die Explosione­n auch gegen das im Land verehrte Königshaus richten, ist unklar. Dem Tourismus, einer wichtigen Einnahmequ­elle Thailands, schaden sie auf jeden Fall.

Seit Jahren Unruhen in den muslimisch­en Provinzen

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