Das Geheimnis alkoholfreien Biers
Vom unbeliebten Getränk zum Elektrolyt-Lieferanten: Bier-Sommelier Georg Bucher braut nicht nur alkoholfreien Gerstensaft. Er erklärt auch, wie man Weizen richtig einschenkt
Günzburg/Augsburg Dieser Mann kennt das Geheimnis eines guten, alkoholfreien Bieres. Georg Bucher ist Bier-Sommelier. Wenn der 41-Jährige mit dem geschulten Geschmack über Bier spricht, dann hat das etwas Poetisches. Verkostet Bucher in seiner Bierstube in Günzburg mit Gästen das alkoholfreie Weizen, schließt er für einen Moment die Augen. Der Kenner beschreibt es dann als „würzig, wie ein Brotlaib“, „süß“und sagt Sätze wie: „Das hat etwas Fruchtiges.“Seit 2010 führt Bucher das Familienunternehmen in der siebten Generation, ist nicht nur Bier-Sommelier, sondern auch Braumeister. Für die Familienbrauerei hat alles im 16. Jahrhundert begonnen. Über alkoholfreies Bier hatte dort keiner einen Gedanken übrig. Das hat sich längst geändert.
Der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds, Lothar Ebbertz, sieht alkoholfreies Bier inzwischen als „emanzipiert“an. Für das Getränk hat sich nämlich ein eigener Markt entwickelt. Früher hingegen haben sich viele Firmen nicht getraut, solch ein „bleifreies“Produkt mit in das Sortiment aufzunehmen, zumindest selten unter dem eigentlichen Namen der Brauerei. Der Ruf des alkoholfreien Biers war damals schlecht – und das lag vor allem am Geschmack. Das hat sich geändert, denn die Verfahren zur Entalkoholisierung wurden immer weiterentwickelt, was gut für den Geschmack ist. So bekam das alkoholfreie Bier immer mehr Fans. Das Ansehen des Produkts stieg.
Und alkoholfreies Bier schätzen heute viele als gesunden Durstlöscher mit den natürlichen Inhaltsstoffen Wasser, Malz, Hefe und Hopfen. Viele Menschen trinken aus Verantwortung keinen Alkohol, wollen auf Bier allerdings nicht verzichten – sei es beim Autofahren oder am Mittagstisch in der Arbeit.
Dann ist da ja noch die Geschichte mit den Elektrolyten, vor allem den Salzen. Hier geht es vor allem um einen wichtigen Zustand des Bieres, die Isotonie. Den kann die Ernährungswissenschaftlerin Malaika Fischer erklären: Isotonische Getränke haben demnach den gleichen osmotischen Druck, also die gleiche Konzentration, wie das Blut der Menschen. „Und Gleich und Gleich vermischt sich schneller.“Nährstoffe könnten somit dem Körper schneller zurückgeführt werden. Fischer schränkt aber ein: Nicht jedes Bier sei isotonisch. „Dafür ist eine hohe Kunst der Braumeister erforderlich, die im Brauprozess die Isotonie bestimmen.“Das alkoholfreie Weizen aus der Radbrauerei Bucher ist jedenfalls isotonisch. Deshalb kann Georg Bucher auch auf Veranstaltungen in der Region Sportler versorgen.
Doch was ist jetzt das eigentliche Geheimnis des alkoholfreien Biers? Nach Kenntnis des Weizenexperten Bucher gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Varianten, um alkoholfreies Bier zu brauen. Bei der ersten wird dem Gerstensaft der Alkohol entzogen. Der Experte sagt allerdings, dass Bier mit dem entzogenen Alkohol auch Aromastoffe verliere. „Dem Bier fehlt dann etwas. Ich vergleiche es immer mit Käse ohne Fett.“Deshalb setzt das Familienunternehmen auf die zweite Variante. Braumeister Bucher verrät einen Teil des Geheimnisses: Die Hefe gärt nur kurz und wird dann durch schnelles Erhitzen abgetötet, bevor sie Alkohol produziert.
Nun wird immer wieder gemunkelt, Alkoholfreies sei gar nicht ganz alkoholfrei. Nach Lesart des Bayerischen Brauerbunds dürfen in Deutschland Biere als alkoholfrei bezeichnet werden, wenn der Alkoholgehalt maximal 0,5 Prozent beträgt. Zum Vergleich: Traubensäfte dürfen sogar bis zu ein Prozent enthalten.
Bucher vergleicht sein normales Weizen geschmacklich nicht mit dem alkoholfreien Pendant. Seinen Kunden schmeckt das „Bleifreie“vor allem nach dem Sport. Eines aber haben die beiden Bier-Sorten dennoch gemeinsam: Gebraut wird nach dem bayerischen Reinheitsgebot. Der Deutsche Brauer-Bund schreibt, dass Deutschlands Produzenten bei der Herstellung alkoholfreier Biere führend seien. Im Jahr 2015 wurden rund 5,2 Millionen Hektoliter hergestellt, das entspricht 5,6 Prozent der gesamten Bierproduktion in Deutschland
Das Weizen ist das beliebteste Bier unter den alkoholfreien Getränken. Für Bucher liegt das vor allem daran, weil die Hefe am meisten Geschmack ins Bier bringt. Seiner Meinung nach gibt es allerdings noch einen anderen Grund: „Unser Weizenbier ist ein Entschleunigungswerkzeug. Pils ist ein Bier für den schnellen Durst, Weizen trinken dagegen ist ein Ritual.“Für jeden Anlass also ein anderes Bier.
Für all jene, die am liebsten zu Hause ihr Weizen trinken – egal ob mit oder ohne Alkohol –, hat Georg Bucher noch Tricks für das richtige Einschenken parat: Zunächst das Weizenglas mit klarem Wasser ausschwenken und nicht mit einem Spülschwamm oder einem bereits benutzten Geschirrtuch reinigen. Das Weizen dann zu drei Vierteln eingießen, die Flasche mit der Resthefe schütteln und die Schaumkrone perfektionieren.