München ist ein Paradies für Medizintouristen
Immer mehr arabische Patienten kommen für Arztbesuche und Operationen in die bayerische Hauptstadt. Oft mieten sie sich in Privathäuser ein. Das Nachsehen haben Bürger, die eine Wohnung suchen
München Ferienwohnungen, die keine sein dürfen, beschäftigen inzwischen immer wieder die Justiz – zuletzt Anfang der Woche in Berlin. Das Geschäft auf Plattformen wie Airbnb und Co. boomt in nahezu allen großen Städten in Deutschland. In München kommt noch ein weiteres Phänomen hinzu: die Medizintouristen.
Meist aus arabischen Ländern stammend, kommen sie in die bayerische Landeshauptstadt, um sich behandeln zu lassen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums kamen im Jahr 2014 rund 3500 Patienten aus den Golfstaaten für eine stationäre Behandlung nach Bayern. Schätzungsweise noch mal so viele ließen sich ambulant behandeln. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 waren es nur 800 stationäre Patienten. Oft nehmen die Patienten dann ihre ganze Familie mit – und die quartieren sie gerne in Ferienwohnungen ein.
„Die Vermietung von Ferienwohnungen an Medizin-Touristen aus arabischen Ländern hat bereits enorme Ausmaße angenommen“, heißt es aus dem Münchner Sozial- referat. Nach Angaben der Stadt werden bis zu 380 Euro pro Nacht gezahlt. Ein Vermieter kann so im Monat mehr als 10 000 Euro mit einer Wohnung verdienen – das ist selbst für München viel. Volker Rastätter, der Geschäftsführer des Münchner Mietervereins, kennt das Problem dabei: „Wenn ich eine Wohnung dauerhaft dem Mietmarkt entziehe, wird Wohnraum knapper. Der Druck in München ist wahnsinnig groß. Die Konsequenz ist natürlich fatal.“
Der Mieterverein hat darum inzwischen dazu aufgerufen, Wohnungen, in denen sich mutmaßliche Medizintouristen aufhalten, den Behörden zu melden. Der Verein schätzt, dass rund 2000 Wohnungen derzeit zweckentfremdet werden – und das, obwohl zehntausende Wohnungen fehlen. Wie viele es genau sind, ist unklar. Inzwischen gibt es am Münchner Verwaltungsgericht immer wieder Verfahren, die sich mit illegalen Ferienwohnungen und mit Medizintouristen beschäftigen. Im Jahr 2014 waren es nach Angaben einer Gerichtssprecherin 14 Fälle, im Jahr 2015 schon 31. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat wegen der Medizin-Touristen sogar schon mit dem Generalkonsul der Vereinigten Arabischen Emirate Kontakt aufgenommen und um Unterstützung gebeten, die dieser auch versprochen hat. Die Gäste sollen über die rechtliche Problematik informiert werden. Denn wer seine Wohnung nicht regulär, sondern als Ferienwohnung vermietet, verstößt meist gegen die städtische Zweckentfremdungssatzung, die neben München auch Städte wie Berlin und Hamburg haben. Das Phänomen Medizintourismus scheint allerdings auf München beschränkt zu sein. „Für andere vergleichbare deutsche Großstädte stellt der Medizintourismus arabischer Gäste nur eine minimale Randerscheinung dar“, heißt es in einem Bericht des Sozialreferates. Das Referat geht davon aus, dass dies an dem „sehr guten Ruf vieler Kliniken“und Ärzte in München liegt, an attraktiven Einkaufsmöglichkeiten und einer „ansprechenden Umgebung“.
Die Stadt hat eine Ermittlergruppe eingesetzt, deren einzige Aufgabe darin besteht, zweckentfremdete Wohnungen aufzuspüren und sie „wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen“, wie es im Amtsdeutsch heißt. Wenn jemand erwischt wird, der seine Wohnung an Medizintouristen vermietet, werden Bußgelder zwischen 7000 und 50000 Euro fällig – ein Betrag, den Vermieter bei Tagespreisen von 380 Euro wohl gut verkraften dürften. Der Mieterverein fordert darum, die maximale Bußgeldhöhe auf 100 000 Euro zu verdoppeln.