Ein Dorf baut sein eigenes Ärztehaus
Um Mediziner und Therapeuten aufs Land zu locken, hat die kleine Gemeinde Stöttwang ein Praxisgebäude errichtet. Das Projekt läuft gut, aber ein entscheidender Mieter fehlt noch
rapeutin ihre Praxen in dem Gebäude. Der Betrieb läuft inzwischen normal. Auch Patienten aus dem weiteren Umkreis finden den Weg ins Stöttwanger Ärztehaus und die Einrichtung ist mittlerweile sogar weiter gewachsen. Die Gemeinde hat das benachbarte Gebäude, in dem früher eine Bankfiliale untergebracht war, erworben und vermietet dort ebenfalls Praxisräume. Seit Anfang August hat sich ein Heilpraktiker eingemietet, im Herbst wird eine physotherapeutische Praxis dort eine Zweigstelle eröffnen. Auf eine Bank-Niederlassung und sogar auf einen Geldautomaten müssen die Stöttwanger dagegen schon seit längerer Zeit verzichten.
Ein entscheidender Mieter für die wohnortnahe Versorgung fehlt allerdings noch: ein Allgemeinmediziner. Hatte die Gemeinde zunächst einen Interessenten in Aussicht, der in seiner Praxis auch noch Sprechzeiten für Haut- und Kinderheilkunde anbieten wollte, machte die Kassenärztliche Vereinigung vorerst einen Strich durch die Rechnung. Eine Bedarfsermittlung in der Umgebung habe ergeben, dass eine Hausarztpraxis in Stöttwang nicht für notwendig erachtet werde. Bürgermeister Schlegel geht aber davon aus, dass es trotzdem noch zu einer Einigung und einem Mietvertrag kommen wird. „Aufgrund des demografischen Wandels leben immer mehr ältere Menschen in der Gemeinde, die ansonsten mit Bus oder Auto in andere Orte fahren müssten.“Aber auch für jüngere Bürger und vor allem für Eltern bedeute ein gut besetztes Ärztehaus kurze Wege und letztlich mehr Wohn- und Lebensqualität. Die wiederum könnte auch Neubürger anziehen.
Neben der Verbesserung der ärztlichen Versorgung hat die Region westlich von Kaufbeuren auch bei der medizinischen Versorgung im Notfall die Eigeninitiative ergriffen. Da Rettungswagen zum Teil lange brauchen, bis sie aus den benachbarten Städten vor Ort sind, gibt es seit einigen Jahren die First Responder. Dies sind ehrenamtliche Ersthelfer, die den Feuerwehren in den Stöttwanger Nachbargemeinden Markt Kaltental und Osterzell angehören. Sie rücken im Notfall mit einem eigenen, professionell ausgerüsteten Fahrzeug aus und übernehmen die medizinische Versorgung bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Die First Responder sind auch in den angrenzenden ländlichen Gemeinden im Einsatz, wobei die Kommunen anteilig für die Kosten der Ersthelfer aufkommen. „Das übernehmen wir gerne“, sagt Bürgermeister Schlegel, „obwohl die Verbesserung des Rettungsdienstes eine Sache ist, für die eigentlich nicht die Kommunen bezahlen sollten.“