Unter Jubel kehrt der König zurück
An Begeisterung für die Neuinszenierung in Füssen mangelt es nicht – doch an Ideen und Ausgestaltung
Füssen Das Licht im Saal verlischt – Applaus. Der Vorhang hebt sich – wieder Applaus. Noch bevor bei der Neuinszenierung von Ludwig2 im Festspielhaus Füssen ein Ton erklingt, jubeln die Zuschauer. Das Musical sei für viele wie eine Droge, hatte Produzent Benjamin Sahler im Vorfeld erklärt, und dieser Auftakt bei der Premiere am Donnerstabend scheint ihm recht zu geben.
In den nächsten drei Wochen können die Süchtigen den Stoff wieder konsumieren. Der König kehrt unter Jubel zurück; die Erwartungen der Abhängigen werden offenbar erfüllt. Am Ende der dreistündigen Reise durch Leben, Leiden und Sterben des legendären Monarchen toben die Zuschauer. Sie sahen und hörten einen großartigen Matthias Stockinger, der mit warmem Tenor einen kindlich-romantischen König gibt, der den Krieg verabscheut und lieber seine Träume leben möchte. Stockingers Ludwig ist kein verrückter Märchenkönig, sondern eine vielschichtige Persönlichkeit, die weder mit der Welt noch mit der Rolle als Herrscher zurechtkommt. Der sich den schönen Künsten hingeben möchte, nicht hässlichen Regierungsgeschäften.
Die eigentliche Hauptrolle spielt aber nicht Stockinger, sondern Benjamin Sahler. Mit Mut, Geschick und Beharrlichkeit hat der Stuttgarter das Musical zurück auf jene Bühne geholt, für die es 2004 geschrieben wurde. Monatelang agierte Sahler als Motor, Ideengeber und Geldsammler für das Projekt. In den vergangenen Wochen übernahm er die Rolle des Regisseurs. Allerdings musste er in ein eng geschnittenes Korsett schlüpfen – schließlich übernahm er Musik, Text, Kostüme und teilweise die Bühnenbilder der früheren Versionen. So kann Sahler lediglich Regie-Akzente setzen. Solide erledigt er dies, mit heutzutage üblichem Lichtdesign und einigen schönen Bildern. Esprit freilich ist Mangelware. Vielleicht hätte er sich für Ideen und Ausgestaltung mehr Zeit nehmen müssen, was angesichts eines engen Finanzrahmens aber schwierig war. Eines nämlich wollte Sahler nicht: pleitegehen wie seine Vorgänger.
Das Publikum ist nicht zuletzt deswegen so angetan, weil Sahler eine Reihe bewährter Ludwig-Sänger reaktiviert hat. Suzan Zeichner etwa, die mit ihrem wohlklingenden Alt aus der Erzieherin des Prinzen eine sympathische Figur macht. Viel Applaus bei ihrem Heimspiel erntet Anna Hofbauer aus Marktoberdorf, eine Aufsteigerin in der deutschen Musical-Szene; ihr stählerner Sopran verleiht Kaiserin Elisabeth (Sisi) eher harte Züge. Sehr eindringlich Julian Wejwar als Ludwigs irrer Bruder Otto – beider Duett ist der intensivste Moment dieses Musicals. Der als Star angekündigte Uwe Kröger (Gudden) dagegen war stimmlich schon mal deutlich besser drauf, weshalb er verhältnismäßig verhaltenen Beifall bekommt.
Auch wenn noch manch andere Kleinigkeit nicht so recht passt, etwa der starke Hall aus den Lautsprecherboxen und die partyartige Pausenmusik im Foyer: Insgesamt dürfte dieser Ludwig-Version Erfolg beschieden sein. Nicht nur wegen der Begeisterung der Zuschauer, sondern weil Benjamin Sahler schon jetzt weiß, dass unterm Strich schwarze Zahlen stehen werden.
28 Aufführungen bis 4. September, Karten unter Telefon 0831/206 55 55.