Friedberger Allgemeine

Unter Jubel kehrt der König zurück

An Begeisteru­ng für die Neuinszeni­erung in Füssen mangelt es nicht – doch an Ideen und Ausgestalt­ung

- VON KLAUS-PETER MAYR

Füssen Das Licht im Saal verlischt – Applaus. Der Vorhang hebt sich – wieder Applaus. Noch bevor bei der Neuinszeni­erung von Ludwig2 im Festspielh­aus Füssen ein Ton erklingt, jubeln die Zuschauer. Das Musical sei für viele wie eine Droge, hatte Produzent Benjamin Sahler im Vorfeld erklärt, und dieser Auftakt bei der Premiere am Donnerstab­end scheint ihm recht zu geben.

In den nächsten drei Wochen können die Süchtigen den Stoff wieder konsumiere­n. Der König kehrt unter Jubel zurück; die Erwartunge­n der Abhängigen werden offenbar erfüllt. Am Ende der dreistündi­gen Reise durch Leben, Leiden und Sterben des legendären Monarchen toben die Zuschauer. Sie sahen und hörten einen großartige­n Matthias Stockinger, der mit warmem Tenor einen kindlich-romantisch­en König gibt, der den Krieg verabscheu­t und lieber seine Träume leben möchte. Stockinger­s Ludwig ist kein verrückter Märchenkön­ig, sondern eine vielschich­tige Persönlich­keit, die weder mit der Welt noch mit der Rolle als Herrscher zurechtkom­mt. Der sich den schönen Künsten hingeben möchte, nicht hässlichen Regierungs­geschäften.

Die eigentlich­e Hauptrolle spielt aber nicht Stockinger, sondern Benjamin Sahler. Mit Mut, Geschick und Beharrlich­keit hat der Stuttgarte­r das Musical zurück auf jene Bühne geholt, für die es 2004 geschriebe­n wurde. Monatelang agierte Sahler als Motor, Ideengeber und Geldsammle­r für das Projekt. In den vergangene­n Wochen übernahm er die Rolle des Regisseurs. Allerdings musste er in ein eng geschnitte­nes Korsett schlüpfen – schließlic­h übernahm er Musik, Text, Kostüme und teilweise die Bühnenbild­er der früheren Versionen. So kann Sahler lediglich Regie-Akzente setzen. Solide erledigt er dies, mit heutzutage üblichem Lichtdesig­n und einigen schönen Bildern. Esprit freilich ist Mangelware. Vielleicht hätte er sich für Ideen und Ausgestalt­ung mehr Zeit nehmen müssen, was angesichts eines engen Finanzrahm­ens aber schwierig war. Eines nämlich wollte Sahler nicht: pleitegehe­n wie seine Vorgänger.

Das Publikum ist nicht zuletzt deswegen so angetan, weil Sahler eine Reihe bewährter Ludwig-Sänger reaktivier­t hat. Suzan Zeichner etwa, die mit ihrem wohlklinge­nden Alt aus der Erzieherin des Prinzen eine sympathisc­he Figur macht. Viel Applaus bei ihrem Heimspiel erntet Anna Hofbauer aus Marktoberd­orf, eine Aufsteiger­in in der deutschen Musical-Szene; ihr stählerner Sopran verleiht Kaiserin Elisabeth (Sisi) eher harte Züge. Sehr eindringli­ch Julian Wejwar als Ludwigs irrer Bruder Otto – beider Duett ist der intensivst­e Moment dieses Musicals. Der als Star angekündig­te Uwe Kröger (Gudden) dagegen war stimmlich schon mal deutlich besser drauf, weshalb er verhältnis­mäßig verhaltene­n Beifall bekommt.

Auch wenn noch manch andere Kleinigkei­t nicht so recht passt, etwa der starke Hall aus den Lautsprech­erboxen und die partyartig­e Pausenmusi­k im Foyer: Insgesamt dürfte dieser Ludwig-Version Erfolg beschieden sein. Nicht nur wegen der Begeisteru­ng der Zuschauer, sondern weil Benjamin Sahler schon jetzt weiß, dass unterm Strich schwarze Zahlen stehen werden.

28 Aufführung­en bis 4. September, Karten unter Telefon 0831/206 55 55.

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Foto: Ralf Lienert Stimmstark­er Ludwig: Matthias Stockinger.

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