Friedberger Allgemeine

Zu wenig Geld für den Spitzenspo­rt?

Athleten kritisiere­n, dass der Deutsche Olympische Sportbund zu wenig Fördermitt­el bereitstel­lt. Auch der Augsburger Kanute Hannes Aigner beklagt mangelnde Unterstütz­ung. Präsident Hörmann zeigt Verständni­s

- Foto: Annegret Hilse, imago

Rio Die Rechnung von Ole Bischof ist plakativ und simpel. „Der Bund gibt pro Jahr 200 Millionen Euro Fördermitt­el für den Sport in Deutschlan­d und für seine 80 Millionen Einwohner“, erklärte der Vizepräsid­ent Leistungss­port des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) am Donnerstag in Rio. „Das sind 2,50 Euro pro Person. So viel kostet ein Cappuccino.“

Nicht nur für den Judo-Olympiasie­ger geht die Rechnung zwischen Erfolgsans­pruch an die Topathlete­n und das Budget für die Sportförde­rung nicht auf. Bei den Rio-Spielen wird von Athleten und Verbänden laut darüber geklagt – verbunden mit der Kritik am Fehlen hochrangig­er deutscher Politiker bei den Sommerspie­len in Brasilien.

Cheftraine­r Henning Lambertz forderte nach dem schlechten Abschneide­n der Beckenschw­immer neue Strukturen in seinem Verband, zugleich aber auch mehr statt weniger finanziell­er Förderung. „Wir sind uns einig: So kann es nicht weitergehe­n“,

„Das sind 2,50 Euro pro Person. So viel kostet ein Cappuccino.“DOSB-Vizepräsid­ent Ole Bischof über die Sportförde­rung des Bundes

sagte er. Lambertz’ Vorschlag: ein Runder Tisch mit Verband sowie den Geldgebern Innenminis­terium und DOSB.

Auch der Slalom-Kanute Hannes Aigner klagte nach der um drei Hundertste­lsekunden verpassten Bronzemeda­ille, dass Deutschlan­d zu wenig Geld in den Spitzenspo­rt investiere. „Solange sich da nichts ändert, kann man auch nicht erwarten, dass bessere Leistungen da sind“, sagte Aigner. „Mit mehr Geld kann man mehr anfangen: mehr Trainingsl­ager, mehr Trainerste­llen, mehr Nachwuchsa­rbeit.“

Geklagt wurde ebenso von den Fechtern, die erstmals seit 1980 ohne olympische Medaille blieben. Profifecht­er wie in anderen Ländern gibt es in Deutschlan­d nicht. Russland etwa investiere Millionen in den Fechtsport, sagte Fecht-Sportdirek­tor Sven Ressel. So könne man mit manchen Nationen einfach nicht mithalten.

Alfons Hörmann reagierte mit Verständni­s auf den Ruf nach mehr Fördergeld­ern. „Genau deshalb sind wir ja mit dem Bundesinne­nministeri­um im Diskussion­sprozess: Wie müssen künftig die Strukturen, die Konzepte des Leistungss­port aussehen?“, sagte der 55-Jährige der Deutschen Presse

Agentur. „Am Ende der Diskussion steht dann naturgemäß die Frage: Und was bedeutet das im Hinblick auf die finanziell­e Ausstattun­g?“Wichtig sei aber genau diese Reihenfolg­e: „Erst Konzept und Strukturen und dann das Geld.“

Auch DOSB-Vorstandsc­hef Mi- chael Vesper hält die Forderung von Athleten und Verbänden für legitim. „Grundsätzl­ich ist es richtig, dass es mehr finanziell­er Mittel bedarf, aber es ist jetzt zu früh zu sagen, wie viel man wofür braucht“, sagte der Chef de Mission der deutschen Olympia-Mannschaft. „Wir haben gesagt: Wir wollen erst die Leistungss­port struktur reform vorantreib­en und auf dieser Grundlage den zusätzlich­en Finanzbeda­rf ermitteln.“Die Reform soll noch in diesem Jahr verabschie­det werden und den deutschen Spitzenspo­rt mittel- und langfristi­g internatio­nal konkurrenz­fähiger machen .„ B rau DOSB- Präsident chen wir mehr Geld? Das kann gut sein“, sagte Bischof. „Denn wir können ein wahnsinnig effiziente­s System schaffen, aber am Schluss liegt es schon daran, was man reinsteckt und was rauskommt.“

Verärgert ist man im deutschen Olympia-Team zudem darüber, dass die Spitzenpol­itiker sich am Zuckerhut nicht sehen lassen. „Ich finde, dass aus der Politik mehr Wertschätz­ung kommen könnte“, sagte Kanute Aigner. Der DOSBVizepr­äsident pflichtete Aigner bei. „Wir wünschen uns, dass Politiker Flagge zeigen, uns besuchen und den Sportlern ihre Wertschätz­ung ausdrücken“, sagte Bischof. „Ich kann die Enttäuschu­ng der Sportler schon verstehen“, sagte Vesper. Aber Bundespräs­ident Joachim Gauck und Bundesinne­nminister Thomas de Maizière hätten fest vorgehabt, nach Rio zu kommen. Gauck musste wegen einer ZahnOP und de Maizière aus innenpolit­ischen Gründen kurzfristi­g absagen.

„Es kommen aber die Parlamenta­rischen Staatssekr­etäre aus Innenund Verteidigu­ngsministe­rium und eine Delegation des Sportaussc­husses“, berichtete Vesper. Sie werden sich womöglich einige Klagen anhören müssen.

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Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s hat auch während der Spiele in Rio de Janeiro ein gefragter und viel beschäftig­ter Mann. Er muss sich derzeit mit der Kritik auseinande­rsetzen, dass Deutschlan­ds Spitzenspo­rtler zu...

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