Friedberger Allgemeine

Werth zieht an Klimke vorbei

Das deutsche Team holt Gold. Für dessen routiniert­este Reiterin ist es der sechste Olympiasie­g – eine neue Bestmarke. Diese hatte zuvor eine Legende gehalten

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Rio de Janeiro Isabell Werth ballte die Faust. Befreit lächelnd ritt die 47 Jahre alte Reiterin aus dem Dressurvie­reck und feierte mit dem deutschen Team in Rio de Janeiro die sechste Goldmedail­le in ihrer beispiello­sen Karriere. Dadurch ist sie die erfolgreic­hste Reiterin der Olympia-Geschichte. Schon während des Rittes im Grand Prix Special am Freitag musste sie immer wieder lächeln. „Es ist heute optimal gelaufen. Heute war der Tag der Tage. Alles hat geklappt“, sagte die 47-Jährige aus Rheinberg. „Da darf auch ein Lächeln abfallen.“

Sie überholte in der Rekordlist­e die 1999 gestorbene Dressur-Legende Reiner Klimke. „Ich habe lieber eine Goldmedail­le weniger und eifere meiner Oma mit 102 Jahren nach“, sagte Werth, die den Rekord „nicht so wichtig“nimmt. Aber dass sie die Goldmedail­len mit drei unterschie­dlichen Pferden gewonnen habe, „das macht mich stolz und ist mehr wert als vieles anderes“.

Werth ritt mit Weihegold eine Runde und erhielt die Tageshöchs­twertung. „Das war eine perfekte Prüfung von Weihe“, lobte sie ihre Stute. Sie sicherte sich den Sieg zusammen mit Kristina BröringSpr­ehe aus Dinklage mit Desperados, Dorothee Schneider aus Framershei­m mit Showtime und Sönke Rothenberg­er aus Bad Homburg mit Cosmo.

Silber holte Großbritan­nien. Bronze ging an die USA.

Die ersten Jubelschre­ie gab es schon vor dem letzten Ritt der Konkurrenz. Die deutsche Mannschaft feierte bereits, als die Britin Charlotte Dujardin mit Valegro einritt. So überlegen war das Team, dass der Sieg vorzeitig feststand. „Da fällt jetzt auch eine Last ab. Besser geht es nicht“, sagte Bundestrai­nerin Monica Theodoresc­u mit Tränen in den Augen. „Ich bin überwältig­t. Das ist noch gar nicht angekommen.“

Die überragend­e deutsche Reiterin war wieder einmal Werth. Sie hat bei fünf Olympia-Teilnahmen seit 1992 nun sechsmal Gold und dreimal Silber gewonnen. Sie überflügel­te Klimke, der sechsmal Olympiasie­ger war und dreimal Bronze holte. Die Profi-Reiterin sagte zum Vergleich mit Klimkes Erfolgen: „Es hört sich vielleicht blöd an, aber für Statistike­n habe ich wenig übrig.“

Begonnen hat die glänzende Karriere Werths vor 24 Jahren in Barcelona. Gigolo trug die damals 23-Jährige zur ihrer ersten Goldmedail­le mit der Mannschaft. Vier Jahre später in Atlanta gab es sogar DoppelGold. Den bisher letzten Olympiasie­g feierte Werth 2008 in Hongkong mit dem Team.

„Die Goldmedail­le war zu lange in britischer Hand“, kommentier­te Werth augenzwink­ernd. 2012 war die Siegesseri­e der deutschen Dressur gerissen, in London hatten erstmals die Briten gewonnen. Bis dahin hatte es für deutsche Mannschaft­en nach 1972 bei jedem Start Gold gegeben.

„Ich bin froh, in dieser Mannstarke schaft gewesen zu sein“, sagte Sönke Rothenberg­er. Der Olympia-Neuling war mit seinem Debüt zufrieden: „Ich habe das jüngste Pferd im Starterfel­d. Cosmo hat gezeigt, wenn er noch reift, kann er in der Weltspitze mitmischen.“

Nur kleine Fehler zeigte Schneider. Die 47-Jährige aus Framershei­m zeigte mit Showtime eine starke Leistung. „Ich bin ergriffen“, kommentier­te sie ihren Ritt: „Ich habe mich grandios gefühlt.“Ihr zehnjährig­er Wallach sei „sehr motiviert und wach“gewesen.

Bevor Werth den Sieg perfekt machte, ritt Bröring-Sprehe mit Desperados einen sicheren Special. Die Team-Weltmeiste­rin lenkte ihren Hengst souverän. „Wir haben eine Super-Stimmung im Team, das macht viel aus“, sagte sie.

Eine weitere Medaillenc­hance gibt es am Montag. In der Kür mit Musik kann Werth ihre Medaillens­ammlung erweitern. Favoritin im Einzel ist aber Doppel-Olympiasie­gerin Charlotte Dujardin.

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Foto: John Macdougall, afp Isabell Werth hat die deutsche Mannschaft zum Olympiasie­g in der Dressur geführt.

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