Klinikum: Ärzte und Schwestern weiter in Sorge
Der Brandbrief der 400 Mediziner ans Wissenschaftsministerium liegt weiter in der Schublade, weil noch Gespräche geführt werden. Der Personalrat greift das Ministerium wegen seiner Wortwahl an
Region Der Jubel, dass das Augsburger Klinikum zur Uniklinik wird, war groß. Doch beim Personal werden immer mehr Bedenken und Kritik laut. Wie berichtet haben 400 der 700 Ärzte, darunter auch die Chefärzte, vor zwei Wochen einen Brandbrief ans Wissenschaftsministerium unterzeichnet. Abgeschickt ist das Schriftstück, in dem die Mediziner beklagen, dass der Spardruck dem Klinikum die Luft abschnürt und das Spitzenniveau gefährde, noch nicht. Hinter den Kulissen laufen Gespräche, um die Situation zu entschärfen.
Ein Sparkonzept der Klinikleitung sieht laut Ärztlichem Vorstand Prof. Michael Beyer vor, zwischen Ende 2015 und Ende 2019 bis zu 50 Stellen bei den Ärzten abzubauen; bisher war in die Öffentlichkeit eine Größenordnung von etwa 30 durchgesickert. Die Pläne haben die Mediziner dazu veranlasst, Alarm zu schlagen. Offenbar gibt es aber auch in der Klinikumsspitze unterschiedliche Sichtweisen. „Ich habe die große Sorge, dass das Klinikum nicht mehr auf dem Niveau einer Uniklinik spielen wird, wenn diese Pläne eins zu eins umgesetzt werden“, so Beyer auf Anfrage. Wenn die Pläne so umgesetzt würden, stünde Augsburg beim Verhältnis von Bettenzahl zu Ärztezahl von den bayerischen Unikliniken am schlechtesten da. Bei einem Umsatz von 400 Millionen Euro jährlich müsse man sich überlegen, ob Einsparungen von 1,5 Millionen Euro im ärztlichen Bereich sinnvoll seien, wenn man die möglichen Folgen betrachte. Beyer verweist auch darauf, dass mit dem Start des neuen Intensiv-Anbaus, 60 Betten mehr haben soll als bisher, auch der Personalbedarf steigen werde. „Es ist von 30 Ärztestellen auszugehen. Zusammen mit den 50 Stellen, die beim Abbau zur Debatte stehen, ergibt das eine Lücke von 80 Stellen.“Es könne nicht im Interesse des Freistaats sein, ein heruntergespartes Haus zu übernehmen, das erst wieder aufgebaut werden müsse. So laufen momentan Gespräche zwischen Ärzten, Stadt und Landkreis Augsburg als derzeitigen Trägern und dem Freistaat als künftigem Träger (ab Ende 2018). „Ich bin zuversichtlich, dass man da gute Lösungen finden kann“, so Beyer.
Bei Stadt und Kreis Augsburg wird betont, dass derartige Zahlen eine Hochrechnung seien. Man müsse sich Abteilung für Abteilung anschauen, um zu entscheiden, ob abgebaut werden kann. Den Vorder wurf des Kaputtsparens weisen die Träger zurück. Das widerspreche dem Ziel Uniklinik. Man werde keinesfalls das Niveau der Maximalversorgung aufgeben, so Verwaltungsratsvorsitzender und Landrat Martin Sailer (CSU).
Kritisch zum Spardiktat, das vor allem aus München zu kommen scheint, äußert sich auch der Personalrat. Wie berichtet hat Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle mehrmals ein „Sanierungskonzept“eingefordert. „Wir sind kein Sanierungsfall, sondern ein leistungsfähiges Haus. Die Diskussionen, die aus München angezettelt werden, ärgern mich. Sie sind arrogant gegenüber den 5500 Beschäftigten“, stellt Personalratsvorsitzende Hildegard Schwering fest. Möglicherweise gehe es angesichts ausstehender Verhandlungen zwischen Freistaat und Stadt/Kreis wegen Grundstücken auch eher darum, den Preis dafür drücken zu können.
Ein Zehn-Jahres-Plan des Klinikums sieht vor, mehr Geld fürs Pflegepersonal auszugeben. Die Zahl von etwa 50 neuen Stellen im vergangenen Jahr, so der Personalrat, sei aber mit Vorsicht zu genießen, weil diese Zahl vor allem dadurch zustande komme, dass zuletzt unbesetzte Stellen aufgefüllt wurden. „Einen Aufbau an Planstellen hat es in diesem Maß nicht gegeben“, so Schwering. Auch in diesem Sommer schließt das Klinikum einige Stationen, weil in den Sommermonaten weniger Patienten kommen. Allerdings müssen auch immer wieder Betten auf der Intensivstation gesperrt werden, da nicht genug Pflegekräfte da sind. Mitunter werden planbare Operationen verschoben.
Generell, so Stefan Jagel von der Gewerkschaft Verdi, wäre es sinnvoll, bei Pflegekräften eine Mindestbesetzung für Stationen einzuführen. Dies sei eine bundesweite Thematik. In Schwaben seien seit 2004 rund 18 Prozent mehr Arztund 14 Prozent mehr Pflegestellen geschaffen worden, gleichzeitig sei die Zahl der Patienten um 23 Prozent gestiegen. Verdi will das Thema in den kommenden Tarifverhandlungen ansprechen.