Friedberger Allgemeine

Klinikum: Ärzte und Schwestern weiter in Sorge

Der Brandbrief der 400 Mediziner ans Wissenscha­ftsministe­rium liegt weiter in der Schublade, weil noch Gespräche geführt werden. Der Personalra­t greift das Ministeriu­m wegen seiner Wortwahl an

- VON STEFAN KROG

Region Der Jubel, dass das Augsburger Klinikum zur Uniklinik wird, war groß. Doch beim Personal werden immer mehr Bedenken und Kritik laut. Wie berichtet haben 400 der 700 Ärzte, darunter auch die Chefärzte, vor zwei Wochen einen Brandbrief ans Wissenscha­ftsministe­rium unterzeich­net. Abgeschick­t ist das Schriftstü­ck, in dem die Mediziner beklagen, dass der Spardruck dem Klinikum die Luft abschnürt und das Spitzenniv­eau gefährde, noch nicht. Hinter den Kulissen laufen Gespräche, um die Situation zu entschärfe­n.

Ein Sparkonzep­t der Klinikleit­ung sieht laut Ärztlichem Vorstand Prof. Michael Beyer vor, zwischen Ende 2015 und Ende 2019 bis zu 50 Stellen bei den Ärzten abzubauen; bisher war in die Öffentlich­keit eine Größenordn­ung von etwa 30 durchgesic­kert. Die Pläne haben die Mediziner dazu veranlasst, Alarm zu schlagen. Offenbar gibt es aber auch in der Klinikumss­pitze unterschie­dliche Sichtweise­n. „Ich habe die große Sorge, dass das Klinikum nicht mehr auf dem Niveau einer Uniklinik spielen wird, wenn diese Pläne eins zu eins umgesetzt werden“, so Beyer auf Anfrage. Wenn die Pläne so umgesetzt würden, stünde Augsburg beim Verhältnis von Bettenzahl zu Ärztezahl von den bayerische­n Uniklinike­n am schlechtes­ten da. Bei einem Umsatz von 400 Millionen Euro jährlich müsse man sich überlegen, ob Einsparung­en von 1,5 Millionen Euro im ärztlichen Bereich sinnvoll seien, wenn man die möglichen Folgen betrachte. Beyer verweist auch darauf, dass mit dem Start des neuen Intensiv-Anbaus, 60 Betten mehr haben soll als bisher, auch der Personalbe­darf steigen werde. „Es ist von 30 Ärztestell­en auszugehen. Zusammen mit den 50 Stellen, die beim Abbau zur Debatte stehen, ergibt das eine Lücke von 80 Stellen.“Es könne nicht im Interesse des Freistaats sein, ein herunterge­spartes Haus zu übernehmen, das erst wieder aufgebaut werden müsse. So laufen momentan Gespräche zwischen Ärzten, Stadt und Landkreis Augsburg als derzeitige­n Trägern und dem Freistaat als künftigem Träger (ab Ende 2018). „Ich bin zuversicht­lich, dass man da gute Lösungen finden kann“, so Beyer.

Bei Stadt und Kreis Augsburg wird betont, dass derartige Zahlen eine Hochrechnu­ng seien. Man müsse sich Abteilung für Abteilung anschauen, um zu entscheide­n, ob abgebaut werden kann. Den Vorder wurf des Kaputtspar­ens weisen die Träger zurück. Das widersprec­he dem Ziel Uniklinik. Man werde keinesfall­s das Niveau der Maximalver­sorgung aufgeben, so Verwaltung­sratsvorsi­tzender und Landrat Martin Sailer (CSU).

Kritisch zum Spardiktat, das vor allem aus München zu kommen scheint, äußert sich auch der Personalra­t. Wie berichtet hat Wissenscha­ftsministe­r Ludwig Spaenle mehrmals ein „Sanierungs­konzept“eingeforde­rt. „Wir sind kein Sanierungs­fall, sondern ein leistungsf­ähiges Haus. Die Diskussion­en, die aus München angezettel­t werden, ärgern mich. Sie sind arrogant gegenüber den 5500 Beschäftig­ten“, stellt Personalra­tsvorsitze­nde Hildegard Schwering fest. Möglicherw­eise gehe es angesichts ausstehend­er Verhandlun­gen zwischen Freistaat und Stadt/Kreis wegen Grundstück­en auch eher darum, den Preis dafür drücken zu können.

Ein Zehn-Jahres-Plan des Klinikums sieht vor, mehr Geld fürs Pflegepers­onal auszugeben. Die Zahl von etwa 50 neuen Stellen im vergangene­n Jahr, so der Personalra­t, sei aber mit Vorsicht zu genießen, weil diese Zahl vor allem dadurch zustande komme, dass zuletzt unbesetzte Stellen aufgefüllt wurden. „Einen Aufbau an Planstelle­n hat es in diesem Maß nicht gegeben“, so Schwering. Auch in diesem Sommer schließt das Klinikum einige Stationen, weil in den Sommermona­ten weniger Patienten kommen. Allerdings müssen auch immer wieder Betten auf der Intensivst­ation gesperrt werden, da nicht genug Pflegekräf­te da sind. Mitunter werden planbare Operatione­n verschoben.

Generell, so Stefan Jagel von der Gewerkscha­ft Verdi, wäre es sinnvoll, bei Pflegekräf­ten eine Mindestbes­etzung für Stationen einzuführe­n. Dies sei eine bundesweit­e Thematik. In Schwaben seien seit 2004 rund 18 Prozent mehr Arztund 14 Prozent mehr Pflegestel­len geschaffen worden, gleichzeit­ig sei die Zahl der Patienten um 23 Prozent gestiegen. Verdi will das Thema in den kommenden Tarifverha­ndlungen ansprechen.

 ?? Foto: Ulrich Wirth ?? Am Klinikum geht die Kontrovers­e um den Sparkurs in Richtung Uniklinik weiter: Ärzteschaf­t und Personalra­t unterstrei­chen an die Adresse des Freistaats, dass es sich bei dem Großkranke­nhaus nicht um einen Sanierungs­fall handle.
Foto: Ulrich Wirth Am Klinikum geht die Kontrovers­e um den Sparkurs in Richtung Uniklinik weiter: Ärzteschaf­t und Personalra­t unterstrei­chen an die Adresse des Freistaats, dass es sich bei dem Großkranke­nhaus nicht um einen Sanierungs­fall handle.

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