Der Palas war zum Wohnen da
Den gab es auch auf Burg Wittelsbach. Eine architektonische Neuheit in dieser Zeit – Serie (2)
Aichach-Friedberg Das Jubiläum „900 Jahre Wittelsbacher“, das Aichach 2015 gefeiert hat, steht im Mittelpunkt der aktuellen Ausgabe von „Altbayern in Schwaben“. Die Reihe mit der inzwischen 14. Ausgabe greift heimatgeschichtliche Themen auf. Zehn ehrenamtliche Autoren berichten diesmal über Themen rund ums Wittelsbacher Jubiläumsjahr. Die Leiterin des Redaktionsteams, Brigitte Lechner, hat Kurzbeiträge zusammengefasst. Dieser dreht sich um „Witilinesbac – Archäologie der Stammburg der Wittelsbacher“von Martin Straßburger:
Die 1115 erstmals namentlich genannte spätere Stammburg der Wittelsbacher ist eine feste Größe in der Landesgeschichte Bayerns und darüber hinaus. Dabei ist die Burg Wittelsbach die bisher einzige größerflächig ergrabene salierzeitliche Steinburg Bayerns.
Nach den sichtbaren Geländebefunden handelt es sich um eine mehrteilige Burganlage, die aus einer lang gestreckt, rechteckigen Hauptburg und einer ovalen, von einem Graben unterteilten Vorburg besteht. Die Innenfläche aller Teile beträgt zusammen etwa 8000 Quadratmeter, wobei etwa 3000 Quadratmeter auf die Hauptburg entfallen. Als Befestigung hatten Burgen einen individuell unterschiedlich ausgebildeten Verteidigungswert, wie hier die archäologisch erfassten Ringmauern und Burggräben. Sie sind die wesentlichsten Schutzbauten der Burg, die zugleich der aktiven Verteidigung dienten.
Burgen bestimmten den Lebensraum derer, die in ihnen wohnten und sie verteidigten. Als Wohnsitz eines Adelsgeschlechts war die Burg Wittelsbach mit repräsentativen Gebäuden ausgestattet. Zunächst wurde im 11. Jahrhundert ein festes Haus errichtet, dann in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein Palas. Letz- war in dieser Zeit eine architektonische Neuheit und vereinigte Repräsentationssowie Wohnfunktionen in einem Bau. Das Obergeschoss hatte einen Saal mit rundbogigen Fenstern und gegen den Hof einen Laubengang. Im Unter- und Erdgeschoss befand sich vermutlich der Aufenthalts- und Speiseraum für Burgmannen und Gäste. Hinsichtlich seiner Funktion als Wohnbau innerhalb der Burg wurde der Palas an eiterer nem möglichst geschützten Platz erbaut. Die Funde der Grabungen geben fast zu allen Lebensbereichen des adeligen Lebens Auskunft: Haushaltsausstattung, Bildung, Freizeit, Waffen und Versorgung. Hufeisen und Sporen deuten auf Reiterkrieger hin. Die auf den militärischen Charakter verweisenden Funde umfassen auch Pfeilspitzen, einen Krähenfuß und mehrere Armbrustteile. Aufgrund der Schriftquellen ist anzunehmen, dass die Burg nach dem Königsmord zu Bamberg 1208 oder Anfang 1209 geschleift wurde. Wie dieser Vorgang ablief, ist historisch nicht überliefert.
Bezug Der komplette Beitrag von Martin Straßburger „Witilinesbac – Archäologie der Stammburg der Wittelsbacher“ist erschienen im Band 2015 der Reihe „Altbayern in Schwaben“. Dieser ist im örtlichen Buchhandel oder im Landratsamt Aichach-Friedberg erhältlich. Dort gibt es auch Restbestände der vorhergehenden Jahrgänge.