Vom Stiefkind zum Musterschüler
Bildung Nach 28 Jahren setzt sich Barbara Hirsch zur Ruhe und blickt auf den gesellschaftlichen Wandel der Hortbetreuung zurück. Ein Wunsch bleibt für die Meringer Leiterin aber unerfüllt
Mering Zum ersten Mal seit 28 Jahren hat Barbara Hirsch keine Sommerferien. Doch traurig ist sie darüber nicht, denn für sie endet eine schöne, aber auch sehr abwechslungsreiche Zeit als Leiterin des Meringer Horts. Die 59-Jährige hat im vorigen Jahr angekündigt, dass sie sich zur Ruhe setzen wolle, und nach der ersten Ferienwoche, in der sie noch einige Kinder in der Alten Burg betreute, hört für sie der Urlaub nicht mehr auf. „Ach, langweilig wird mir sicher auch im Ruhestand nicht“, sagt die Erzieherin.
Mit 44 Kindern fing sie vor 28 Jahren am 1. September 1988 in der Alten Burg an, damals noch unter der Leitung von Andrea Gerth (geborene Schuh). „Meine eigenen Kinder waren in der zweiten und vierten Klasse und wurden dann selbst zu Hortkindern.“Die Trägerschaft übernahm 1998 die Arbeiterwohlfahrt. „Damit verabschiedete sich nach 78 Jahren der Markt von seiner Trägerschaft“, erklärt Hirsch. Sogar während des Zweiten Weltkriegs führten die Schwestern des Franziskanerinnenordens die Einrichtung in der Klostergasse.
Mittlerweile besuchen 119 Kinder die Alte Burg, dazu kommen seit 2006 die Nemos mit heute 96 Kindern in der Ambérieustraße, 14 Chillies seit 2009. Sie war für alle drei Häuser zuständig. Im Herbst werden die beiden Horteinrichtungen Alte Burg und Nemos unabhängig voneinander geführt. Die Leitung übernehmen Andrea Berger und Sandra Keinath.
Waren es zu Beginn ihrer Zeit beim Meringer Hort hauptsächlich Kinder aus türkischen Familien, so betreuten Hirsch und ihr Team mittlerweile Mädchen und Buben aus allen Gesellschaftsschichten. „Mit Öffnung der innerdeutschen Grenze hatten wir einen enormen Zulauf“, erzählt Barbara Hirsch. Schon 1989 war der Hort auf weitere Räume angewiesen. Bis Mitte der 80er-Jahre teilte sich die Einrichtung die Räume mit einer Außengruppe des Kindergartens Sommerkeller. Barbara Hirsch erzählt, dass sich die Arbeit im Hort in den letzten fast dreißig Jahren für sie stark gewandelt hat. „Immer wieder kamen neue Herausforderungen auf uns zu, doch wir haben sie gemeistert“, sagt sie und lacht. Sie leitete in allen drei Einrichtungen ein Team von 23 Mitarbeiterinnen. Mit Einführung der Krippenbetreuung sei auch der Bedarf an Hortplätzen gestiegen: „Wer gibt schon sein kleines Kind in die Krippe und sobald es dann in die Schule kommt, soll es nachmittags alleine sein?“, fragt Barbara Hirsch. Genau das sei eben nicht der Fall, und so haben sie und ihr Team ebenfalls darauf reagiert. Die Gemeinde Mering unterstützt es ebenfalls und bietet eine sogenannte verlängerte Mittagsbetreuung im Hort an. „Für die Kinder und die Eltern macht das keinen Unterschied zum Hort, das hat nur verwaltungstechnische Auswirkungen“, sagt Hirsch. Wann immer es möglich war, suchte Hirsch nach Lösungen. „Geht nicht gibt es bei ihr nicht“, sagte Bürgermeister Hans-Dieter Kandler bei ihrer Verabschiedungsfeier im Papst-Johannes-Haus. Und so gelang es der Erzieherin von 44 Kindern, die Einrichtung auf nahezu 230 zu vergrößern. Bei den Nemos an der Ambérieustraße wurde es in der ehemaligen Hausmeisterwohnung zu eng, Hirsch schaffte die Erweiterung. Mittlerweile sind dort Container als Ausweichquartier. „Doch auch die reichen nicht“, sagt Hirsch. Stolz ist sie auch auf die Chillies, die zunächst an der Mittelschule, ebenfalls in einer ehemaligen Hausmeisterwohnung, untergebracht waren. „Es ist gerade für Jugendliche wichtig, dass sie nach einem Schulwechsel nicht plötzlich alleine auf sich gestellt sind“, weiß Hirsch aus ihrer Erfahrung. Als die Mittelschule teilweise abgerissen wurde, schien das auch das Aus für die Chillies. Aber mit Barbara Hirsch war das nicht zu machen. Sie kämpfte für die Gruppe, und als in der ehemaligen Mädchenschule in der Klostergasse eine Wohnung frei wurde, ergriff sie die Möglichkeit und schlug diese als neue Bleibe für die Chillies vor. „Wer kann Barbara Hirsch schon etwas ausschlagen“, sagte Bürgermeister Hans-Dieter Kandler, der ihre Arbeit unterstützt. „Ich persönlich setze auf die Betreuung im Hort, denn auch wenn die Ganztagsschulen immer mehr werden, mit dem pädagogischen Konzept einer solchen Einrichtung sind diese nicht zu vergleichen.“Barbara Hirsch kündigte auf eigenen Wunsch ihren Vertrag als Hortleiterin und will sich nun zur Ruhe setzen. „Meine Gesundheit und auch die immer größere Bürokratie sind nur zwei der Gründe, warum ich es etwas ruhiger angehen will“, sagt sie. Bis zum letzten Tag war sie im Hort und hatte immer ein Auge für die Nöte, Sorgen und Freuden ihrer Schützlinge, die bei ihr und in der Alten Burg ein Stück Heimat fanden.
Nur ein Wunsch blieb für Barbara Hirsch unerfüllt: „Leider habe ich es in meiner langjährigen Berufszeit nicht geschafft, den Neubau mitzuerleben.“Doch die Hoffnung darauf, dass es vielleicht doch noch klappt, gibt sie nicht auf.