Friedberger Allgemeine

Warum Golf nach Rio gehört

Der Tegernbach­er Pro Jan Keppeler freut sich auf spannende Turniere. Einen Wermutstro­pfen haben die Spiele unterm Zuckerhut aber auch für ihn

- VON THOMAS GOSSNER

Tegernbach Golf – ist das nicht diese Freizeitbe­schäftigun­g für alte Geldsäcke mit dicken Bäuchen und karierten Hosen? Was hat denn das bei Olympia zu suchen? Sehr viel, findet Jan Keppeler. Denn von einem gewissen Level an sei Golf eine athletisch­e Sportart, sagt Keppeler, der als Pro im Golfclub Tegernbach Spieler aller Stärken betreut, vom absoluten Neuling bis zum Single-Handicappe­r. Wer dauerhaft gute Ergebnisse erzielen will, der braucht Kraft, Kondition und Koordinati­on, weiß Keppeler, der selbst über die nötige Statur verfügt, um den Ball locker 280 Meter weit zu schlagen.

Nach über 100 Jahren ist Golf heuer wieder olympische Sportart. Die erste Auflage eines olympische­n Golfturnie­rs gab es 1900 in Paris. Ganze zwölf Männer nahmen damals daran teil. Vier Jahre später gingen dann zwar schon 80 Spieler in St. Louis an den Start, dennoch wurde Golf wieder gestrichen, weil es Zweifel an der Popularitä­t und Universali­tät gab.

Das hat sich gewandelt. Allein in Deutschlan­d sind über 640 000 Gol- und Golfer registrier­t, weltweit etwa 60 Millionen. Und so ist das große Spiel mit dem kleinen Ball heuer in Rio als 28. Sportart am Start. An acht Tagen tragen die Teilnehmer ihre Wettkämpfe auf dem eigens angelegten Linkscours­e unterm Zuckerhut aus.

Jan Keppeler selbst kam bereits im Alter von zehn Jahren zum Golfen. Der Vater nahm ihn mit zu einem Schnupperk­urs, zu dem der Junior eigentlich gar keine Lust hatte. Doch als die Kugel flog, fand der kleine Jan das „ziemlich geil“und beschloss: „Das mache ich auch.“

„Ballsport ist immer ganz meines gewesen“, sagt Keppeler, der damals schon in der Jugendmann­schaft Tennis spielte. Mit 14 Jahren stellte sich dann die Frage, bei welchem Sport er bleiben sollte. Denn beides zusammen, Tennis und Golf, ist kaum zu schaffen. Wer eine Profikarri­ere anstrebt, muss neben der Schule allein 20 Stunden Training pro Woche einplanen und dazu etliche Runden auf dem Platz. Keppeler kam schnell voran, verbuchte Erfolge und spielte im Kader von Baden-Württember­g. Mit 22 Jahren stand er wieder am Scheideweg: als Playing Pro auf die Tour gehen oder als Teaching Pro sein Geld als Golflehrer verdienen? Keppeler entschied sich für das Unterricht­en. Nicht nur, weil die Luft dünn ist, wenn man sich erfolgreic­h als Spieler etablieren will. Über Jahrzehnte hinweg ist das nur einer Handvoll Spielerinn­en und Spieler aus Deutschlan­d gelungen. Ein wichtiger Grund war auch, dass es ihm Spaß macht, anderen die Faszinatio­n von Golf zu vermitteln. Noch immer ist der 32-Jährige von seinem Sport begeistert. Die Beferinnen wegung sei äußerst komplex und setzte eine gute Muskulatur voraus. Dazu komme, dass jede Runde ein Naturerleb­nis biete und keine der anderen gleiche. Vier unter Par auf den ersten neun Löchern in Tegernbach – das gelingt auch dem Pro nicht immer. „Alles hängt von der Tagesform ab“, weiß Keppeler.

So gibt es auch in Rio keinen klaren Favoriten. Dass viele Stars abgesagt haben, findet Jan Keppeler äußerst schwach. Rory McIlroy, aktuell die Nummer vier der Weltrangli­ste, ließ lapidar verlauten, er konzentrie­re sich lieber auf die Majors – die seien es schließlic­h, die in den Geschichts­büchern des Golfsports zählen. „Dabei sein ist alles“, erinnert Keppeler an den olympische­n Gedanken.

Soweit es die Zeit zulässt, will er die Spiele dennoch verfolgen und dabei Martin Kaymer die Daumen drücken. „Es ist toll, dass das stattfinde­t – selbst wenn Olympia früher mehr Bedeutung hatte“, freut sich Jan Keppeler auf spannende Wettkämpfe. Auch ohne McIlroy werde es ein richtig gutes Turnier, schätzt er: Es schlagen noch genügend andere Weltklasse-Golfer in Rio ab.

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Foto: Thomas Goßner Jan Keppeler freut sich, dass sein Sport wieder olympisch geworden ist.

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