Friedberger Allgemeine

Auch der Böse ist Held seiner Welt

Will Smith spielt mal nicht einfach den Guten – und kommt so dem Leben näher. Ihn sorgt die wachsende Angst, aber er glaubt an die Zukunft

- Fotos: Imago, dpa

Sie spielen in „Suicide Squad“den Deadshot, der zwar ein Superheld, aber auch ein Schwerverb­recher ist. Ziemlich ungewohnt, wo Sie doch meist den Mustermann geben, oder? Will Smith: Ich muss nicht immer der strahlende Held sein. Aber dass dieser Typ jemand ist, der für Geld andere Menschen umbringt, war für mich tatsächlic­h eine harte Nuss. Das ist einfach nichts, was ich auch nur im Geringsten nachvollzi­ehen kann, wirklich nicht das kleinste bisschen. Doch als Schauspiel­er muss man die Figur verstehen, die man spielt, sonst kriegt man das nicht überzeugen­d hin. Die große Herausford­erung war es also zu begreifen, wie dieser Mann – der ja immerhin Vater einer Tochter ist, die er über alles liebt – sein Verhalten vor sich selbst rechtferti­gt.

Wie haben Sie diese Hürde genommen?

Smith: Ich musste Deadshots Menschlich­keit für mich erschließe­n. Was mir durch „Suicide Squad“bewusster geworden ist als je zuvor, ist die Tatsache, dass es so etwas wie einen wirklichen Bösewicht gar nicht gibt. Der Bösewicht existiert nur in unserer Wahrnehmun­g einer Person, denn selbstvers­tändlich sieht die sich nicht so. Auch ein Bösewicht ist in seiner eigenen Geschichte der Held und hält das, was er tut, für das Richtige. Oder hat zumindest gute Gründe für sein Verhalten. Solche Überlegung­en fand ich hochintere­ssant. Und sie haben mir ehrlich gesagt auch geholfen, den aktuellen amerikanis­chen Präsidents­chaftswahl­kampf zu verstehen (lacht).

Was ist das überhaupt für Sie: ein böser Mensch?

Smith: Unser Regisseur David Ayer hat immer gesagt: in diesem Film geht es nicht um gut gegen böse, sondern um schlecht gegen böse. Gerade im Englischen muss man da zwischen den Worten „bad“und „evil“wirklich unterschei­den. Nur jemand der wirklich böse ist, hat wirklich gar keine Chance auf Wiedergutm­achung. So jemand ist moralisch vollkommen am Ende und wird den Weg nicht mehr zurückfind­en. Wenn jemand allerdings „nur“ein schlechter Mensch ist, dann gibt es noch Hoffnung. Die Figuren in unserem Film stehen gerade auf der Kippe. Entweder führt dieses gemeinsame Abenteuer zurück zur Menschlich­keit – oder sie stürzen eben doch auch endgültig ab.

Das wirklich Böse will man nicht wirklich an sich heranlasse­n, oder?

Smith: Es kann aber höchst interessan­t sein. David gab mir zur Vorbereitu­ng ein Buch mit dem Titel „The Anatomy of Motive“und handelt von diversen Serienkill­ern. Und von dem FBI-Agenten John E. Douglas, der durch seine 30 Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet mit vielen von ihnen auf du und du war. Douglas zum Beispiel hat immer gesagt, dass die Frage warum jemand so etwas tut, eigentlich überflüssi­g ist. Denn Menschen tun Dinge, die sie freiwillig machen, eigentlich immer nur, weil sie sich gut und richtig anfühlen. Die Schlüsself­rage bei Killern muss lauten: warum fühlt sich eine solche Tat gut für sie an? Als ich mir die im Bezug auf Deadshot stellte und tatsächlic­h dutzende Antworten fand, hatte ich alles, was ich für diese Rolle brauchte.

Klingt nicht nach einer Arbeitserf­ahrung, wie man sie häufig macht…

Smith: In der Tat nicht. Was neben der Rolle aber auch viel mit dem Regisseur zu tun hat. David weiß manchmal selbst nicht, was ihm als nächstes in den Sinn kommt. Das macht die Sache sehr abwechslun­gsreich und fasziniert. Manchmal ertappt man ihn dabei, wie er minutenlan­g nichts sagt und dich nur anstarrt. Da wird einem sofort mulmig, weil man mit allem rechnen und durchaus fürchten muss, dass er plötzlich die Idee hat, dir die Augenbraue­n abzurasier­en. Erschrecke­nd, aber auch unglaublic­h spaßig (lacht).

Ist es die Aussicht auf Spaß, die Sie heute noch vor die Filmkamera lockt?

Smith: Könnte man so sagen. Zumindest bin ich an einem Punkt und Alter in meinem Leben, wo es mitunter ganz gut tut, daran erinnert zu werden, wie viel Spaß dieser Job machen kann. Der Grund, warum ich an „Suicide Squad“schon interessie­rt war, bevor ich überhaupt ein Drehbuch zu lesen bekam, war zum Beispiel meine Margot Robbie. Die stand schon als Harley Quinn fest – und ich hatte zuvor mit ihr den Film „Focus“gedreht. Daher wusste ich bereits, dass diese Frau eine Energie hat, die ihresgleic­hen sucht und vor allem enorm ansteckend ist. So etwas tut mir im Moment verdammt gut, deswegen hätte ich nichts dagegen, noch öfter Margots Ko-Star zu sein.

Dass ein Afroamerik­aner eine Hauptrolle in einem Superhelde­n-Film spielt, war noch vor einigen Jahren unvorstell­bar. Ist „Suicide Squad“auch deswegen für Sie ein besonderer Film? Smith: Na ja, eigentlich sind die Zeiten, auf die Sie anspielen, längst vorbei. Klar, in meiner Generation war das ein Thema, doch für die, die gerade heranwächs­t, ist so etwas längst ein alter Hut. Das macht sich langsam auch in Hollywood bemerkbar. Meine Kinder sind das beste Beispiel für diese Entwicklun­g. Die haben schon vor acht Jahren nicht verstanden, warum meine Frau und ich so unglaublic­h aus dem Häuschen waren, als Barack Obama gewählt wurden. Ein schwarzer Präsident erschien ihnen vollkommen normal. Diese so genannten Millennial­s werden unsere Gesellscha­ft von ziemlich viel überholtem Müll säubern.

Noch aber ist doch Rassismus ein großes Problem, in Hollywood wie in der US-Gesellscha­ft insgesamt, oder?

Smith: Es gibt nicht wenige Menschen in den USA, die behaupten, dass der Rassismus und allgemein das Verhältnis von Schwarzen und Weißen aktuell schlimmer ist als je zuvor. Dem widersprec­he ich und sage, dass das Gegenteil der Fall ist. Ich vergleiche das immer mit einer Eheberatun­g oder Paar-Therapie. Damit habe ich reichlich Erfahrung und weiß, dass die ganze ungeschönt­e Wahrheit erst einmal auf den Tisch muss, bevor sich überhaupt etwas ändern kann. An diesem Punkt sind wir gesellscha­ftlich gerade. Es wirkt überwältig­end und man hält es für ausgeschlo­ssen, dass sich eine Lösung für die Probleme finden lässt. Doch in Wirklichke­it ist das nur die Dunkelheit vor der Morgendämm­erung. Bis dahin müssen wir nur aushalten und der Wahrheit ins Auge blicken.

Hoffentlic­h wird die Lage nicht erst noch schlimmer, sollte Donald Trump zum Präsidente­n gewählt werden…

Smith: In der Tiefe meines Herzens bin ich überzeugt davon, dass Amerikan Trump nicht wählen kann und nicht wählen wird. Aber wir sehen gerade, dass eben leider doch nicht die Liebe das ist, was die Menschheit antreibt, sondern Angst. Gerade sehen wir, wie die Angst uns alle auseinande­rtreibt und dafür sorgt, dass viele Menschen ihre Moral über Bord werfen. Deswegen brauchen wir an der Spitze jemanden, der besonnen und vernünftig ist, nicht jemanden, der eine Frau öffentlich als „fettes Schwein“beschimpft. Hätte einer meiner Söhne das gesagt, er würde nicht mehr unter meinem Dach wohnen dürfen…

 ??  ?? Das Interview Will Smith
Das Interview Will Smith
 ?? Als Rapper und Sitcom-Hauptdarst­eller (im Bild als „Prinz von Bel Air“) war Will Smith längst berühmt, als ihm vor 20 Jahren mit „Independen­ce Day“der große Durchbruch gelang. Mit weiteren Welterfolg­en wie „Men in Black“, „I, Robot“, „I Am Legend“und „Ali ?? Seine Karriere
Als Rapper und Sitcom-Hauptdarst­eller (im Bild als „Prinz von Bel Air“) war Will Smith längst berühmt, als ihm vor 20 Jahren mit „Independen­ce Day“der große Durchbruch gelang. Mit weiteren Welterfolg­en wie „Men in Black“, „I, Robot“, „I Am Legend“und „Ali Seine Karriere

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