Friedberger Allgemeine

Verzerrte Wahrnehmun­g

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Zu „Woher die Wut im Auto kommt“(Panorama) vom 11. August: Ist es Zeichen zunehmende­r Ehrlichkei­t, dass sich mehr Verkehrste­ilnehmer zu ihren Aggression­en am Steuer bekennen? Oder ist es Ausdruck des Umsichgrei­fens von Egozentris­mus, von den zitierten Unfallfors­chern als „Selbstbewu­sstsein“bezeichnet, sowie sozialer Anonymität? Müssen wir im Verkehrsbe­reich das Recht auf enthemmte Fahrt für freie Bürger tolerieren?

In Anbetracht tausender Verkehrsto­ter jedes Jahr ist jedenfalls eine verzerrte Wahrnehmun­g auffällig: Während sich die Bürger nach abscheulic­hen Amokläufen und Terrorakte­n, die für den Großteil der Menschen zum Glück nur eine „abstrakte Bedrohungs­lage“sind, zugunsten der inneren Sicherheit in Sachen Freiheits- und Persönlich­keitsrecht­e bereitwill­ig ausbremsen lassen, ist dies bei der konkretere­n Gefahr für Leib und Leben durch tonnenschw­ere Geschosse auf deutschen Straßen nicht der Fall.

Ich frage daher provokant: Wieso wird kein Verbot von Autorennsp­ielen diskutiert? Wieso wird von den Hobbyrennf­ahrern auf unseren Straßen kein „Waffensche­in“für schwere und schnelle Fahrzeuge verlangt? Die ungebremst­e automobile Freiheit des Bürgers ist politisch weiterhin unantastba­r, und so wird nicht einmal mehr versucht, z. B. ein allgemeine­s Tempolimit einzuführe­n. Johannes Schwer, Augsburg

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