Friedberger Allgemeine

Bei ihm hat alles Hand und Fuß

Michael Ullrich ist Bayerische­r Meister. Der Student hat einen Traum, der sich schwer verwirklic­hen lässt

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

Wenn Michael Ullrich die Wand im Augsburger Kletterzen­trum erklimmt, tun schon beim Zuschauen die Finger weh. Mit traumwandl­erischer Sicherheit greift der 20-jährige Augsburger auf der Suche nach einer möglichst schwierige­n Route in die eingeschra­ubten Boulder. Mal springt er dann mit viel Risiko bis zum nächsten Griff, mal zieht er seinen kompletten Körper nur mit der Kraft der zehn Finger einen Überhang hinauf.

Für den frischgeba­ckenen bayerische­n Meister Ullrich ist das Bouldern an der nur zwei bis drei Meter hohen Wand, bei dem eine Weichgummi­matte einen möglichen Absturz abfedert, nur ein Programm zum Warmmachen und Spaß haben. Seine sportliche­n Wettkämpfe bestreitet der Student des Wirtschaft­singenieur­wesens im Schwierigk­eitsklette­rn, englisch Leadklette­rn, an Steilwände­n mit bis zu 16, 17 Metern Höhe. Im Gegensatz zum Bouldern wird beim Leadklette­rn immer ein Sicherungs­seil verwendet.

Bei den bayerische­n Meistersch­aften im Leadklette­rn in Reutlingen hat der Augsburger mit dem Titelgewin­n seinen bisher größten sportliche­n Erfolg errungen. Jeweils sechs Minuten hatte er Zeit, die zwei schweren Qualifikat­ionstouren zu bewältigen. Beide schaffte er im vorgeschri­ebenen Zeitfenste­r bis ganz nach oben, was in solchen Wettkämpfe­n nicht selbstvers­tändlich ist. Als das gelungen war, durfte er sich nicht nur über das Erreichen des Finales der besten Acht freuen, sondern bereits auch über den bayerische­n Meistertit­el. Die gesamte bayerische Konkurrenz hatte schon auf den Qualifikat­ionsrouten gepatzt. „Das war eine wirklich angenehme Überraschu­ng“, so Ullrich.

Entspreche­nd entspannt konnte er die Finalwand mit den 30 bis 40 Griffen angehen. „Wir hatten sechs Minuten Zeit zur Besichtigu­ng, dann sollte man seine Route gefunden haben. Jeder löst die Aufgabe auf einem anderen Weg“, erzählt er von der Herausford­erung, die er ebenfalls recht erfolgreic­h auf Platz fünf beendet hat. „Toll ist, dass wir jedes Mal bei einem Wettkampf etwas Neues vorfinden. Jedes Mal gibt es eine andere Route“, erzählt Michael Ullrich von der Faszinatio­n, die der Kletterspo­rt auf ihn ausübt.

Im Alter von zehn Jahren hat er bereits mit dem Klettern begonnen, kam schnell in die Leistungsg­ruppe des DAV-Stützpunkt­s in Augsburg und kämpfte sich über diverse Jugendmann­schaften und- wettkämpfe in die bayerische Spitze vor. Mindestens vier Mal die Woche trainiert er an der Anlage des Deutschen Alpenverei­ns an der Sportanlag­e Süd. „Die Nähe der Kletteranl­age zur Universitä­t ist ein Vorteil“, sagt Ullrich, der versucht, Studium und Sport optimal miteinande­r zu verbinden. Ob die Zeit allerdings ausreicht, um es irgendwann auch in die deutsche oder sogar internatio­nale Spitze zu schaffen, weiß Ullrich nicht. Er hat Bedenken. „Vom Niveau her ist das schon ein krasser Sprung“, weiß er, dass der Trainingsa­ufwand enorm ansteigt, will man national oder vielleicht sogar bei europäisch­en Wettbewerb­en oder gar World Cups klettern. „Natürlich wäre es ein Traum, das Klettern profession­ell zu betreiben, aber die meisten schaffen das nicht“, sieht Ullrich die Sache nüchtern. Er hofft aber, dass sein Sport mit der Aufnahme bei den Olympische­n Spielen 2020 bekannter wird. Auf einen möglichen Start bei Olympia angesproch­en, schüttelt der 20-Jährige lachend den Kopf: „Das wäre schön, ist aber eher unrealisti­sch.“

Er hat Spaß genug daran, seine Wettkämpfe zu bestreiten und sich hin und wieder den Traum einer steilen Wand irgendwo an den Kletter-Hotspots dieser Welt zu erfüllen. Ganz vorne in Ullrichs Hitliste: die schweren Routen im FrankenJur­a oder in Spanien. In jedem Fall aber am Sicherungs­haken. So sagt er trotz seiner langjährig­en Routine und Erfahrung: „Die Sicherung ist ein Muss. Ich gehe nie ungesicher­t in die Wand. Das ist eine andere Sache. Diesen Kick brauche ich nicht.“

Jeder Wettkampf bedeutet eine neue Herausford­erung

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? An der Wand fühlt sich Michael Ullrich wohl. Der Augsburger ist Bayerische­r Meister im Schwierigk­eitsklette­rn.
Foto: Ulrich Wagner An der Wand fühlt sich Michael Ullrich wohl. Der Augsburger ist Bayerische­r Meister im Schwierigk­eitsklette­rn.

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