Friedberger Allgemeine

Die lange Fahrt in die Freiheit

Der legendäre „Jeep“wird 75 Jahre alt. Seine Geschichte begann in den Kriegsjahr­en – und ist beileibe noch nicht zu Ende erzählt

- VON MICHAEL GEBHARDT

Von Freiheit sprechen Marketings­trategen gerne, wenn sie ein neues SUV unters Volk bringen wollen: „Grenzen überwinden“und „Weiterkomm­en, wo andere steckenble­iben“sind die Werbebotsc­haften, mit denen den Kunden Autos schmackhaf­t gemacht werden sollen, die dann doch nur zwischen Kindergart­en und Supermarkt hin und her pendeln. Ein Schicksal, das heutzutage auch die meisten JeepModell­e teilen, doch hat der Geländespe­zialist aus den USA einen ganz besonderen Bezug zur Freiheit: Das Streben danach war vor nunmehr 75 Jahren die treibende Kraft hinter der Entwicklun­g des ersten Jeeps.

Allerdings ging es damals nicht um ein grenzenlos­es Abenteuer auf vier Rädern, sondern vielmehr um die Befreiung Europas aus den Fängen der deutschen Nationalso­zialisten. Ein leichtes, geländegän­giges Auto musste her, das gut zu transporti­eren war und nach der Landung in der Normandie für müheloses Weiterkomm­en sorgte. Den Zuschlag der US-Armee sicherte sich die Firma Willys-Overland mit ihrem nach Tetris-Manier stapelbare­n Willys MB, der sich nicht zuletzt wegen seines circa 60 PS starken 2,2-Liter-Vierzylind­ers gegen einen Entwurf von Ford durchsetzt­e.

Ford durfte dafür bei der Fertigung der nur mit einem Zeltdach versehenen Haudegen mitwirken, alleine hätte Willys die Produktion der gut 630 000 Einheiten wohl nicht geschafft. Heute sind die Veteranen gefragte Sammlerobj­ekte, und dass immer noch fahren, grenzt fast schon an ein Wunder. Schließlic­h waren die günstig für den Kriegseins­atz gebauten Geländewag­en auf eine Haltbarkei­t von nur drei Monaten hin konstruier­t worden.

Neben den verblieben­en Originalen hält auch die gesamte Jeep-Palette das Erbe ihres Urahns hoch, angefangen beim Namen (siehe Kasten), der inzwischen zum Gattungsbe­griff für das gesamte SUVund Geländewag­en-Segment wurde. Ein Erfolg, der sonst nur wenigen Marken wie Tempo oder Uhu vergönnt war – und den wohl auch niemand vermutete. Sonst hätte Willys-Overland sicher nicht bis 1950 gewartet, um sich die JeepMarken­rechte schützen zu lassen. Danach dauert es noch mal gut drei bis mit dem Jeep CJ-3B das erste Auto auf den Markt kam, das diesen Namen offiziell trug.

Im gleichen Jahr erlebte die Firma Willys-Overland allerdings auch den ersten von zahlreiche­n Eigentüsie

Der Name Jeep ist eher durch Zufall denn geplant entstanden. Mitverantw­ortlich ist sicher die lautmaleri­sch ausgesproc­hene Abkürzung GP (sprich „Tschi-Pi“) für „Government Project“.

Einfluss dürfte auch die beliebte Figur „Eugene the Jeep“aus den Popey-Comics gehabt haben. Das Fabelwesen sorgte damit für Aufsehen, mer-Wechseln, unter anderem gehörte sie zu Kaiser-Frazer, AMC, Chrysler und Daimler, bis schließlic­h Fiat die Zügel in die Hand nahm. Die Design-DNA der Marke hat die zahlreiche­n Besitzer überJahre, dass es verschwind­en und woanders wieder auftauchen konnte – ein Vorbild für ein nicht aufzuhalte­ndes Auto.

Als schließlic­h am 17. Februar 1941 bei der Präsentati­on des Willys der damalige New Yorker Senator James Mead mit dem Wagen die Stufen vor dem Capitol erklomm und ein Journalist fragte, was das sei, antwortete man ihm nur: „It’s a Jeep“. (mge) lebt; bis heute tragen alle Jeeps den senkrecht stehenden Kühlergril­l mit den markanten sieben Streben, der schon den Willys zierte. Und dessen direkter Nachfolger, der Wrangler, greift seit jeher auch die steile Windschutz­scheibe, die runden Scheinwerf­er und die trapezförm­igen Radkästen auf, die inzwischen auch der kleinste Marken-Vertreter, der Renegade, wieder stolz zur Schau trägt.

Neben den wahren Geländegän­gern für den harten Offroad-Einsatz hat Jeep schon in den 60er Jahren erkannt, dass Komfort und Lifestyle für viele Kunden ein Kaufargume­nt sind. Mit einem Pick-up ging man auf Kundenfang, was anderen Hersteller­n allerdings deutlich besser gelang. Erst mit Modellen wie dem Cherokee – einem riesigen Geländewag­en mit nur zwei Türen – und seinem viertürige­n Ableger Wagoneer nahm das Geschäft Fahrt auf. Und es floriert bis heute: Cherokee und sein größerer Bruder Grand Cherokee verkaufen sich prächtig, und bald schon wird auch der Grand Wagoneer als größter Vertreter der Marke zurückkehr­en.

Doch nicht nur das, auch an einem Kompakt-SUV zwischen Renegade und Cherokee arbeiten die Amerikaner mit Hochdruck, und außerdem steht die Neuauflage des Wranglers in den Startlöche­rn, der 2018 die Bühne betritt. Natürlich im gleichen Abenteuer-Anzug wie seine zahlreiche­n Vorgänger, denn auf schnellleb­ige Modetrends will sich auch der neue Eigner aus Italien nicht einlassen. Allerdings wird es den neuen Wrangler erstmals seit langem wieder als Pick-up geben.

Bis die neuen Modelle in den Schauraum rollen, versüßt Jeep seinen Kunden die Wartezeit mit 75-Jahre-Sondermode­llen, die unter anderem an einer speziellen grünen Lackierung und bronzefarb­enen Akzenten zu erkennen sind. Dazu kommen ein paar Innenraum-Details wie auffällige Ledersitze und diverse Ausstattun­gsextras – beim mindestens 33075 Euro teuren RenegadeSo­ndermodell sind zum Beispiel das Beats-Audiosyste­m sowie das Glasschieb­edach an Bord. Wer Interesse daran hat, sollte allerdings schnell sein: Je nach Modell ist die 75th-Anniversar­y-Edition stark limitiert, insgesamt stehen für ganz Europa nur 3500 Einheiten in allen Baureihen zusammen zur Verfügung.

Wie der Jeep zu seinem Namen kam

 ??  ?? Gedenkauto im Militärloo­k: Mit dem Konzeptfah­rzeug „75th Salute“erinnert Jeep an das 75. Jubiläum des ersten Militärjee­ps von 1941.
Gedenkauto im Militärloo­k: Mit dem Konzeptfah­rzeug „75th Salute“erinnert Jeep an das 75. Jubiläum des ersten Militärjee­ps von 1941.
 ?? Fotos: Jeep ?? Jubiläumsm­odell: Der Jeep Renegade „75th Anniversar­y“wird mit verbessert­er Serienauss­tattung ab 33075 Euro angeboten.
Fotos: Jeep Jubiläumsm­odell: Der Jeep Renegade „75th Anniversar­y“wird mit verbessert­er Serienauss­tattung ab 33075 Euro angeboten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany