Friedberger Allgemeine

Siegel mit der Chance auf mehr

- VON NICOLE SIMÜLLER nsi@augsburger-allgemeine.de

Die Mindestanf­orderungen als Fairtrade-Town zu erfüllen, ist nicht gerade schwer. Um nur ein Beispiel zu nennen: Dass in den Geschäften einer 6900-EinwohnerG­emeinde wie Pöttmes mindestens zwei fair gehandelte Produkte angeboten werden müssen, ist viel zu wenig. Eine Messlatte, die so niedrig hängt, ist nicht viel wert. Freilich gibt es weitere Voraussetz­ungen.

Wirklich interessan­t wird es aber erst, wenn aus der Urkunde mehr wird als Wandschmuc­k. Wenn die Fairtrade-Idee mit Leben erfüllt wird. Wenn sich, so wie zum Beispiel in Augsburg oder Pöttmes, Schulen, Vereine, Geschäfte und örtliche Initiative­n auf den Weg machen und über faire Schokolade, Kaffee und Tee hinaus denken.

Zwei Beispiele aus der Region: Die Regio Augsburg Tourismus ließ eine neue T-Shirt-Kollektion für Augsburg auf fair-trade-zertifizie­rten T-Shirts drucken. Der Markt Pöttmes verzichtet­e bei einer Baumaßnahm­e in einem Ortsteil auf billigen Granit aus China und zahlte den teureren Bayerwald-Granit.

Und noch ein prägnantes Beispiel aus der Nachbarsch­aft: In Wertingen beschloss Anfang des Monats der Stadtrat, dass auf dem Friedhof nur noch fair produziert­e Grabmale erlaubt sind.

Wenn mehr Menschen in Sachen faire Preise, nachhaltig­e Erzeugung, Umwelt- und Sozialstan­dards umdenken, profitiere­n letztlich auch heimische Erzeuger. Seit langem kämpfen Milchbauer­n darum, gerecht entlohnt zu werden. Biolandwir­te weisen zu Recht darauf hin, dass glückliche Hühner vom Bilderbuch-Bauernhof nicht zum Schleuderp­reis zu haben sind.

Wohin es führt, wenn Menschen trotz Arbeit kein Auskommen haben, zeigen die Flüchtling­sbewegunge­n und die Nachrichte­n aus deren Heimatländ­ern. Wir müssen verstehen lernen, dass wir mit unserem Handeln, unserem Einkauf über die Lebensbedi­ngungen anderswo mitentsche­iden.

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