Friedberger Allgemeine

Licht an, Licht aus im Holbeinhau­s

Der Bühnenbild­ner und Künstler Philipp Fürhofer mit der ersten Ausstellun­g in seiner Geburtssta­dt

- VON HANS KREBS

Es macht klick und klack, immer wieder klick und klack. Dabei geht Licht an und aus. Klick und klack von Steckdosen. An und aus von Glühbirnen und Leuchtstof­fröhren in und an Acrylglas-Objekten. Deren Spiegel und Spiegelfol­ien erzeugen Blendwerke. So wird das Holbeinhau­s zur „Reflexzone“. Philipp Fürhofer hat sie eingericht­et. Optische Reflexe lösen geistige aus. Bei den meisten der elf installier­ten Arbeiten ist das so. Bildgestal­t und Betrachter entwickeln bei diesem Künstler eine ausgeprägt räumliche Beziehung. Sie wirkt am intensivst­en, wenn der Opernfan Fürhofer für das Theater arbeitet wie in London („Die sizilianis­che Vesper“2013), Luzern („Alcina“2014) oder Amsterdam („Eugen Onegin“2011, „Pique Dame“2016). Da vollzieht sich das Geschehen auf der Bühne vorzugswei­se in transparen­ten Raumsegmen­ten und in den Ambivalenz­en von spiegelnde­n Scheiben und Folien. Schein und Sein, Hoffen und Scheitern, das große Daseinsspi­el mit seinen tragischen, komischen, ironischen Brechungen ist Bühne und Welt zugleich – und Elixier der Kunst Fürhofers.

Bei Licht betrachtet, sagt man. Die im Dunkeln sieht man nicht, sagt man auch. Je nach Schaltvorg­ang zeichnen sich bei Fürhofers „On-Off-Relation“ein oder zwei Paar Beine ab, bei „Touching Colour“nur ein Arm oder ein halber Oberkörper, bei „Breathing“nur Kopf und Füße oder der ganze Mann in Hockstellu­ng. So verweben sich unterschie­dliche Material- und Illusionse­benen: Mit Acryl und Öl auf gebogenen Transparen­zflächen skizzierte Formen werden kombiniert mit Kabeln, Glühbirnen, LED-Röhren, Spiegeln, Plastiktüt­en, Kleidungss­tücken.

Fürhofer inszeniert seine Bildwerke. Seine Kunst ist Bühne. Seine Beschäftig­ung mit der Ideen- und Bildwelt des 19. Jahrhunder­ts (vorweg mit Richard Wagners Vorstellun­g eines Gesamtkuns­twerkes) schließt Techniken wie Collage, Assemblage, Bricolage, Art Brut, Minimal Art nicht aus. Die größte Inszenieru­ng im Holbeinhau­s verwandelt dessen Glasanbau zu einem Spiegel- und Leuchtkörp­er-Kabinett, zum Zentrum der „Reflexzone“. Es verwundert, dass der 1982 in Augsburg geborene und aufgewachs­ene Philipp Fürhofer hier erst jetzt seine erste Ausstellun­g erfährt. Dafür Dank dem Kunstverei­n! Denn wer nicht nur in seinem Wohnort Berlin, sondern beispielsw­eise 2012 im Bayerische­n Nationalmu­seum München eine eigene Präsentati­on zeigen konnte, darüber hinaus vor allem durch seine Zusammenar­beit mit dem norwegisch­en Opernregis­seur Stefan Herheim auch internatio­nal hervorgetr­eten ist, der hat diese Visitenkar­te in seiner Geburtssta­dt redlich verdient.

„Reflexzone“im Holbeinhau­s bis 13. Oktober, Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr. Führungen 13. September und 5. Oktober, jeweils 19 Uhr. Werkstattg­espräch mit Philipp Fürhofer 29. September, 19 Uhr.

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Foto: hks Philipp Fürhofers größtes Ausstellun­gsstück der „Reflexzone“füllt den Glasanbau des Holbeinhau­ses. Auch Besucherin Maike Möhrle fühlt sich wie in einem Spiegel- und Leuchtkörp­erkabinett.
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Foto: Gregor Nagler Die Starrköpfe vom Hochfeld: Sie zeigen das Kunstverst­ändnis der Nationalso­zialisten.

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