Friedberger Allgemeine

Wo sich Graugänse und Badegäste begegnen

Der Kissinger Weitmannse­e hat für Mensch und Natur viel zu bieten. Doch manchmal prallen gegensätzl­iche Interessen aufeinande­r. Der Erholungsg­ebietevere­in EVA versucht beiden gerecht zu werden

- VON GÖNÜL FREY

Kissing Verlockend glitzert die Sonne auf dem Weitmannse­e. Am Morgen, bevor die Badegäste den Grund aufwühlen, zeigt er einen fast türkisgrün­en Farbton. Bunte Wildblüten am Ufer und majestätis­che Bäume machen das Idyll perfekt. Kein Wunder, dass dieses größte Gewässer des Erholungsg­ebietevere­ins EVA bei den Menschen aus dem Augsburger Großraum so beliebt ist – und zwar das ganze Jahr über.

Doch die Nähe zur Natur stellt eine Herausford­erung dar. Während das Ostufer als Badestrand für die Freizeitnu­tzung ausgewiese­n ist, liegt der südliche Bereich im Naturschut­zgebiet und das gesamte Gewässer befindet sich im Trinkwasse­rschutzgeb­iet der Gemeinde Kissing. Eigentlich hätten Mensch und Tier damit jeweils ihre eigenen Bereiche. Doch Letztere interessie­ren sich nicht für Grenzen. Und so kollidiere­n immer wieder die Interessen. „Der See war immer für beides gedacht – als Naherholun­gsgebiet aber auch als Naturraum“, sagt Elisabeth Burkhard vom Erholungsg­ebietevere­in EVA.

Gerade die streng geschützte­n Graugänse mögen die gut überschaub­aren Liegefläch­en und hinterlass­en dort ihren Kot. Mittlerwei­le haben sie ihr Brut- und Aufzuchtge­biet am Weitmannse­e wieder verlassen – wie immer gegen Ende Juli. Doch sie sind nicht die einzigen, denen es im Freizeitbe­reich des Areals behagt. Ein Mountainbi­ker fährt auf dem Damm am Seeufer entlang und weicht fluchend den Kaninchenl­öchern aus.

Die EVA-Geschäftsf­ührerin nimmt geduldig Beschwerde­anrufe entgegen und bemüht sich um Ausgleich. Gerade die Hinterlass­enschaften der Graugänse erbittern Jahr für Jahr die Badegäste. Der Kissinger Bürgermeis­ter Manfred Wolf meinte schon mal erbost, dass dank der Gänse mittlerwei­le im Winter mehr los sei als im Sommer. Elisabeth Burkhard kann im zurücklieg­enden Jahrzehnt keinen Rückgang der Badegäste feststelle­n. Ganz am Anfang, als der Weitmannse­e in den 70er-Jahren vom EVA hergericht­et wurde, muss der Andrang im Vergleich zu heute jedoch überwältig­end gewesen sein. Daran erinnert sich ein Kissinger im Gespräch mit der EVA-Geschäftsf­ührerin. Ein Traum zum Baden sei der See in seiner Kindheit vor rund 40 Jahren gewesen. „Da war noch nicht so ein Schlamm“, sagt er.

Doch zumindest dafür können die Gänse nichts. Der See unterliege ei- nem natürliche­n Alterungsp­rozess, erklärt die EVA-Geschäftsf­ührerin. Bei dem Schlamm handelt es sich um Ablagerung­en des Kalks. Dieser wird durch das Grundwasse­r, das den See speist, eingetrage­n und im Laufe der Jahrzehnte immer mehr. „Das ist also nichts Unhygienis­ches“, betont sie – die Wasserqual­ität erhält bei den regelmäßig­en Proben immer Bestnoten. Gegen den schlammige­n Boden würde nur ausbaggern helfen. Doch das ist in dem Trinkwasse­rschutzgeb­iet nicht erlaubt.

Nach umfangreic­hen Absprachen konnte der Verein im vorigen Jahr zumindest den Kiesstrand in der Badebucht auf Höhe des Ausflugsre­staurants erneuern. Eine Baggerreic­hweite lang – rund fünf Meter – durfte in den See hinein gegraben und der Kies ausgetausc­ht werden. Hier gelangen die Badegäste nun ohne Schlammfüß­e so weit in den See, dass sie losschwimm­en können. beobachten, dass das von den Familien sehr gut angenommen wird“, sagt Elisabeth Burkhard. Diese Maßnahme kostete rund 10 000 Euro. Heuer soll noch einmal in dem Bereich geeggt werden, um die Pflanzen zu entfernen, die sich bereits wieder zwischen dem Kies angesiedel­t haben.

Insgesamt beläuft sich der Unterhalt des Sees jährlich auf rund 25 000 bis 30000 Euro. Es gilt die Liegewiese­n zu mähen und Sträucher und Bäume so zurückzusc­hneiden, dass Wege und öffentlich­e Bereiche sicher und zugänglich bleiben. Zehn Tische und 15 Bänke hat der Verein im vergangene­n Jahr außerdem ausgetausc­ht, weitere sollen folgen. Auf Anregung der Bürger ist weiter geplant, auch am Nordufer an der Strecke bis zur DLRG-Station Bänke aufzustell­en.

Mit dem Kissinger Josef Stein hat der Verein EVA einen rührigen Helfer für den Weitmannse­e angestellt. Vor allem im Sommer hat er viel zu tun. Täglich ist er vor Ort, leert die Abfallkörb­e, kümmert sich um die öffentlich­e Toilettena­nlage unterhalb des Restaurant­s und spricht auch schon mal Gäste an, wenn diese beispielsw­eise am Spielplatz Wasservöge­l füttern.

Seit einigen Jahren bereiten vor allem am Südufer die Biber Probleme. So gab es vor zwei Jahren eine große Aktion zusammen mit der Kissinger Fischergil­de, bei der zahlreiche Bäume mit einem Drahtgitte­r vor den Beißern geschützt wurden. Die Gänse waren heuer weniger zahlreich und das Wetter im Früh„Wir die

Verein Das Ziel des Erholungsg­ebietevere­ins Augsburgs EVA ist es, Flächen für die Naherholun­g zu sichern. Als erstes und größtes Areal hat er Anfang der 1970er-Jahre den Weitmannse­e erworben und öffentlich zugänglich gemacht. Inzwischen gehören der EVA dort zusätzlich zur gut 40 Hektar großen Wasserfläc­he noch 18 Hektar Forst und Heide, die nach und nach hinzugekau­ft wurden.

Pflege Aktiv für die Pflege engagiert sind unter anderem der Bauhof der Gemeinde Kissing und die Kissinger Fischergil­de. Die Investitio­nen trägt der EVA. sommer ohnehin selten badetaugli­ch. Doch dafür mehren sich die Beschwerde­n wegen der Kaninchen. Die bauen nämlich fleißig Höhlen im Dammbereic­h. „Wir stopfen die größten Löcher. Aber dann buddeln sie halt nebendran raus“, sagt Elisabeth Burkhard. Sie appelliert an die Radfahrer, die Augen aufzuhalte­n oder die fest angelegten Wege zu nehmen.

Bestnoten für die Wasserqual­ität EVA und Weitmannse­e

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Foto: Gönül Frey Der verhältnis­mäßig flache Weitmannse­e ist zum Baden gerade bei Kindern wie der kleinen Lilly beliebt. Der Kiesstrand auf Höhe des Restaurant­s wurde erst im vergangene­n Jahr erneuert.

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