Friedberger Allgemeine

Entflammt für Ludwig II.

Porträt Benjamin Sahler hat das Musical über den bayerische­n König in Füssen wiederbele­bt – und das gegen alle Widerständ­e und Insolvenz-Widrigkeit­en

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Es liegt ein hartes Jahr hinter Benjamin Sahler. Im Sommer 2015 wagte er sich an eine Sache, die etlichen vor ihm kein nachhaltig­es Glück beschert hatte: Sahler wollte das Ludwig2-Musical in Füssen wiederbele­ben – jene Produktion, die 2005 im Festspielh­aus Füssen uraufgefüh­rt wurde und 2011 nochmals für etliche Wochen in der Big Box Kempten lief. Ein arbeitsrei­ches Jahr später kann Sahler endlich entspannen: Er hat den legendären König musikalisc­h wiederbele­bt – erst als Initiator und Motor des Projekts, zuletzt als Regisseur. Unter Jubel fand vor acht Tagen die Premiere dieser Neuinszeni­erung des Musicals statt.

Benjamin Sahler fing Feuer, als er vor Jahren Rolf Rettberg traf, den Texter des Ludwig-Musicals. Die Geschichte um Leben, Leiden und Sterben des unglücklic­hen Wittelsbac­her-Königs und vor allem die Musik haben ihn elektrisie­rt, sagt der ausgebilde­te Regisseur Sahler. „Ich hatte das Gefühl, es handle sich um ein sehr wertiges Musical. Ich kenne kein vergleichb­ares Werk.“

Von da an ließ Sahler das Thema nicht mehr los. Und immer wenn man mit dem 42-Jährigen über das Projekt spricht, leuchten seine Augen – auch nach diesem Jahr der Anstrengun­gen und Hürden. Oft habe er 16 Stunden am Tag gearbeitet, sagt er. Was vor allem dem Privatlebe­n nicht immer zuträglich war. Immerhin hat Sahler, der in Stuttgart lebt, als alleinerzi­ehender Vater eine Tochter zu betreuen. Sahler kennt sich aus in der Szene. Nach dem Abitur in Böblingen studierte er von 1995 bis 2001 Musiktheat­erregie in Hamburg. Danach arbeitete er sowohl als fest angestellt­er als auch als freischaff­ender Regisseur. In den 2000er Jahren inszeniert­e der engagierte Kultur-Möglichmac­her Opern, Operetten, Musicals und Schauspiel­e. In den vergangene­n Jahren wechselte er dann von der Kultur zur Wirtschaft. Seit 2011 führt Sahler gemeinsam mit einem Partner das Unternehme­n „Big Dimension GmbH“, die mit Waren aller Art handelt und Dienstleis­tungen anbietet. Sahler sagt, er sei durch Internetha­ndel zu Geld gekommen.

Das erlaubte ihm nun, seinen Traum vom Ludwig-Musical zu realisiere­n. Durch Beharrlich­keit gelangte er an die Rechte, geschickt fädelte er die Vorfinanzi­erung mittels Crowdfundi­ng ein, also via Internet über viele kleine Anleger. Die letzte Hürde baute sich wenige Wochen vor der Premiere auf: Das Festspielh­aus meldete Insolvenz an. Aber auch davon ließ sich der Enthusiast nicht stoppen – obwohl die Insolvenz ihm ganz schön zu schaffen machte, wie Sahler zugibt. Nun kann er die Früchte seiner Arbeit genießen. Noch bis 4. September läuft Ludwig2 und wird über 20 000 Menschen beglücken. Die Vorstellun­gen sind so gefragt, dass am Ende wohl schwarze Zahlen in der Bilanz stehen werden.

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Foto: Peter Samer

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