Zwei weitere Ersatzbühnen stehen fest
Schwabenhalle und Martinipark werden zu Ausweichspielstätten für Musiktheater, Ballett und Schauspiel. Der Ferienausschuss hat gestern sein Okay gegeben. Durch die Anmietung kommen neue Kosten auf die Stadt zu
Die Stadt Augsburg treibt die Suche nach Interimsspielstätten für das Theater voran: Im Ferienausschuss wurde gestern die Anmietung der Schwabenhalle und einer Industriehalle im Martinipark beschlossen. Diese Orte werden ab Herbst für Produktionen genutzt, die ursprünglich im Großen Haus hätten stattfinden sollen. Die Verträge laufen zunächst über eine Spielzeit. Die Mietkosten für beide Immobilien zusammen liegen dem Vernehmen nach bei etwas mehr als einer halben Million Euro.
Parallel dazu wird die Verwaltung den TÜV mit einem Gutachten beauftragen. Er soll untersuchen, ob die Bühne im Juni zurecht geschlossen wurde oder ob das Theater sie auch in der nächsten Spielzeit hätte nutzen können. Zu dieser Feststellung kommt der Augsburger Bausachverständige Wolfgang Rösener nach Einsicht in städtische Schriftstücke. Wie berichtet, wirft er der Stadt Schlamperei und sorglosen Umgang mit Steuergeldern vor.
Oberbürgermeister Kurt Gribl will diesen Vorwurf nicht auf der Stadtverwaltung und ihren Experten sitzen lassen: „Die Leute, die uns beraten haben, werden von Herrn Rösener in nicht unerheblicher Weise angegriffen und in einem dünnen Papier der Schlamperei bezeichnet. Das kann ich nicht stehen lassen“, betonte er gestern auf Anfrage der AZ. Der TÜV werde die Sachlage prüfen, „auch wenn wir das im Grunde nicht für notwendig halten“, so Gribl. Das Ergebnis wird in etwa acht Wochen erwartet.
Von der Suche nach Ersatzspielstätten fürs Große Haus und vom Abschluss notwendiger Mietvertrage lässt sich die Stadt dadurch nicht abbringen: „Wir müssen und können das tun, was für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs notwendig ist“, sagt Oberbürgermeister Kurt Gribl. Das Theater stehe im September so oder so nicht als Spielstät- te zur Verfügung. Denn selbst wenn Röseners Einschätzung durch den TÜV bestätigt würde, könnten die notwendigen Nachbesserungen beim Brandschutz wohl frühestens Ende des Jahres erledigt sein.
Verwundert ist Gribl über den Zeitpunkt, zu dem die Stadt das Rösener-Gutachten erhalten hat: Den Sanierungskritikern, die Rösener beauftragt haben, habe dessen Ergebnis am 4. August vorgelegen. Dass man es erst am 16. August und damit nur 48 Stunden vor dem Ferienausschuss an die Stadt weiterreiche, gebe ihm zu denken, so Gribl.
Der Augsburger Bausachverständige Wolfgang Rösener hat derweil in einem Brief an Baureferent Gerd Merkle darum gebeten, persönlich Zugang zum Theater zu bekommen. Er will sich vor Ort ein Bild von der Situation machen, die zur Schließung des Großen Hauses führte. Rösener hofft darauf, bei den Untersuchungen des TÜV dabei sein zu können: „Es wäre sicherlich der Sache dienlich, wenn ich und evtl. ein weiterer Prüfsachverständiger für Brandschutz zugegen sein könnten, um uns vor Ort ein eigenes Bild machen zu können.“
In seinem Schreiben ans Baureferat appelliert er außerdem, dass der TÜV lediglich die Dinge beurteilt, die letztlich zur Schließung des Großen Hauses geführt haben, und keine weiteren Fakten aufnimmt, die im Schließbescheid des Bauordnungsamtes nicht erwähnt werden. „Würden weitere Begründungen für die Schließung ,nachgeschoben‘, würde dies die meinerseits erhobenen Vorwürfe untermauern.“Eine komplette Begutachtung durch den TÜV käme laut Rösener außerdem zu teuer und wäre unnötig, da es seit 2010 bereits ein Brandschutzkonzept gebe.
Die Bürgerbegehrens-Initiatoren gegen die Sanierungsplanung schlugen gestern als Alternative zum TÜV eine andere Sachverständige für Brandschutz und Baustatik vor. Die vom TÜV veranschlagte Prüfphase von acht Wochen sei zu lang, betont Kurt Idrizovic. Er und seine Mitstreiter fordern außerdem einen „Paradigmenwechsel“: Die Stadt solle prüfen, was unternommen werden muss, um weiter im Großen Haus spielen zu können. „Aktuell sieht es eher danach aus, dass es der Stadt darum geht, die vorzeitige Schließung gutachterlich absichern zu lassen.“Dadurch dränge sich „immer mehr der Verdacht auf, dass der Brandschutz als politisches Vehikel diente, um das Bürgerbegehren auszubremsen.“
Oberbürgermeister Kurt Gribl hatte diesen Vorwurf stets vehement von sich gewiesen: Die Stadt trage die Verantwortung für das Leben der Theatermitarbeiter und -besucher.