Schlechtes Wetter, schlechte Ernte
Agrarkrise Der nasse Sommer verhagelt vielen Landwirten die Bilanz. Bauernpräsident Rukwied fühlt sich bereits an historische Missernten erinnert. Und vielen Hofbesitzern geht das Geld aus
Berlin Es scheint, als helfen in diesem Jahr auch keine Bauernregeln mehr. „Normalerweise gilt das Sprichwort: Ist der Mai kühl und nass, füllt er des Bauern Fass“, sagt Bauernpräsident Joachim Rukwied. „Nur: Es hat so viel geregnet, dass das Fass übergelaufen ist.“Die diesjährige Ernte war denn auch bundesweit so mies wie seit fünf Jahren nicht mehr.
Rukwied fühlt sich schon fast an historische Missernten wie 1848/49 erinnert, als er Bilanz für 2016 zieht – vorläufig, denn wegen anhaltender Schauer konnten die Mähdrescher bis jetzt nicht auf alle Felder. „Das war eine reine Nervenprobe“, berichtet der oberste Landwirt von den Erfahrungen vieler Kollegen. „Ein, zwei Tage Drusch, dann kam das nächste Tiefdruckgebiet. Dann mussten wir wieder drei, vier Tage aussetzen.“
Seit Mitte Mai fiel in weiten Teilen Westdeutschlands viel zu viel Regen, das Wasser staute sich geradezu im Boden. Und weil in den entscheidenden Wochen Sonne fehlte, bildeten sich die Getreidekörner nicht wie erhofft heraus. „Dass wir überhaupt was ernten können in diesem Jahr, haben wir dem Pflanzenschutz zu verdanken“, erklärt der Bauernpräsident.
Wegen des wechselhaften Wetters fallen die Ergebnisse heuer von Region zu Region sehr unterschiedlich aus, auch im Freistaat. Sowohl bei Wintergerste, Winterweizen und Raps liegen die Erträge in Bayern aber zum Teil deutlich über dem bundesdeutschen Schnitt.
Für viele Bauern ist nun nach den Worten von Bauernpräsident Rukwied vor allem Schadensbegrenzung angesagt. Aus Sorge vor weiteren Einbußen holen manche schon Korn von den Feldern, das eigentlich noch zu nass ist. Fürs Einlagern müssen sie es dann per Gebläse trocknen, was natürlich extra kostet. Zu schaffen macht allen Betrieben, dass die Preise in neue Tiefen gesackt sind. Bei Weizen sind derzeit 140 bis 155 Euro je Tonne drin, wie es beim Bauernverband heißt. Generell lägen die Preise pro Tonne Getreide aktuell zehn bis 15 Euro unter dem Vorjahresniveau.
Die Bauern bekommen so erneut die Schattenseiten der internationalen Handelsbeziehungen zu spüren. Maßgeblich sind längst globale Preise. Großproduzenten wie Russland, USA und die Ukraine, die heuer Spitzenernten verzeichnen, drücken den Preis. Manche Bauern hoffen noch auf Spielraum. Teils haben sie vor der Ernte Verträge mit Festpreisen ausgehandelt und könnten nun mit einem blauen Auge davonkommen. Andere behalten das Getreide erst noch auf Lager, um es später zu verkaufen. Viel bessere Preise sieht der Bauernverband jedoch bis zum Jahresende nicht.
„Vielen Ackerbauern geht das Geld jetzt auch aus. Sie reihen sich bei den Milchbauern und bei den Schweinehaltern ein“, warnt Rukwied. Auch bei ihnen kommen die Preise nicht aus dem Keller, obwohl die Branche bei der Milch immerhin allererste positive Zeichen registriert. Der Bauernverband drängt die Politik denn auch vehement zur Eile bei Finanzhilfen als KrisenÜberbrückung: „Es hilft den Milchbauern nichts, wenn sie im Herbst 2017 eine Unterstützung bekommen.“