Starben mehr Menschen im Krebszentrum?
Ermittlungen Ende Juli kommt eine Frau nach einer Behandlung in der Praxis von Klaus R. ums Leben. Dann werden weitere Fälle bekannt. Nun soll es sogar 70 Verdachtsfälle geben
Krefeld Knapp einen Monat nach dem Tod mehrerer Patienten eines alternativen Krebszentrums am Niederrhein sind die Dimensionen des Falles weiter unklar. Nach einem WDR-Bericht soll die Staatsanwaltschaft Krefeld inzwischen in 70 Todesfällen ermitteln. Die Behörde selbst hatte bisher immer von drei Todesfällen gesprochen.
Nach Angaben des Senders seien unter den Verstorbenen auch Menschen, bei denen der Krebs gerade erst festgestellt worden war. Staatsanwalt Marcel Dörschug wollte die Recherche-Ergebnisse des WDR am Freitag „weder bestätigen noch dementieren“. Er werde sich derzeit nicht zum Stand der Ermittlungen äußern, sagte er. In einer Presseerklärung vom 12. August stand, dass sichergestellte Beweismittel darauf ausgewertet werden, „ob weitere Behandlungsfälle in die Ermittlungen einzubeziehen sind“. Über diese Angaben hinaus werde er derzeit keine Auskünfte geben, sagte Dörschug.
Wie die Ermittlungen ergaben, waren die drei Verstorbenen vor ihrem Tod in Brüggen mit dem Präparat „3-Bromopyruvat“behandelt worden. Die Substanz ist in Deutschland nicht als Medikament zugelassen. Sie befindet sich nach Angaben des Krebsinformationszentrums Heidelberg noch in der Grundlagenforschung. Es gebe Hinweise, dass Krebszellen einen veränderten Zuckerstoffwechsel haben. Das könnte ein Angriffspunkt für den Wirkstoff sein. Bisher wurde er nur im Labor und an Tieren getestet. Dennoch sei der Betreiber des Krebszentrums, der Heilpraktiker Klaus R., grundsätzlich berechtigt gewesen, den Stoff in seiner Praxis zu verwenden, teilte die Staatsanwaltschaft Krefeld mit.
Sie ermittelt gegen R. wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung in mehreren Fällen. Auf der Homepage des Krebszentrums hatte er geschrieben, „3-Bromopyruvat“ sei effektiver als die heutigen Chemotherapeutika. Inzwischen ist die Seite nicht mehr online.
In seiner Praxis waren überwiegend Holländer behandelt worden. Die Ermittlungen gegen das Krebszentrum fingen an, nachdem am 30. Juli eine 43-jährige Frau aus den Niederlanden in einem Krankenhaus gestorben war. Sie war zuvor in dem Zentrum behandelt worden. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass davor schon zwei andere Patienten von R. gestorben waren. Zwei weitere Menschen hatten sich wegen lebensbedrohlicher Beschwerden in ärztliche Behandlung begeben.