„Ein sensationelles Erlebnis“
Olympia Der gebürtige Augsburger Roland Grahammer gewann 1988 in Seoul mit Deutschlands Fußballern das Spiel um Platz drei. Seine Bronzemedaille bekam er aber erst ein paar Tage später. Was der Ex-Profi jetzt macht und wo er lebt
Beinahe hätte Philipp Max, 22, verpasst, was Roland Grahammer als „absoluten Traum“bezeichnet. Der gebürtige Augsburger war 1988 fester Bestandteil in der Defensive der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, die in Seoul Bronze gewann. Grahammer schwärmt noch heute von den Tagen im olympischen Dorf. „Plötzlich sitzen Boris Becker oder Steffi Graf beim Frühstück neben dir. Oder du läufst Gabriela Sabatini oder Florence Griffith-Joyner so über den Weg“, sagt Grahammer, der an diesen Tagen nicht aus dem Staunen herauskam. Die mondäne US-Sprinterin mit den langen Fingernägeln, die 1998 im Alter von 38 Jahren im Bett erstickte, war damals ein Superstar.
Grahammer war damals 24 Jahre alt, ein junger, aufstrebender deutscher Fußball-Profi, der erst kurz zuvor vom 1. FC Nürnberg zum FC Bayern München gewechselt war. Er erinnert sich: „Es war ein sensationelles Erlebnis.“
Eines, das FCA-Profi Max beinahe nicht erlebt hätte. Als nach dem 2:0-Halbfinalsieg gegen Nigeria feststand, dass die Olympia-Auswahl des DFB das Endspiel in Rio de Janeiro erreicht hatte, mietete sich die Delegation erst in ein Hotel ein, weil nicht für alle Mitarbeiter Platz im olympischen Dorf war. Doch die Deutschen rückten zusammen. Max und Co. dürfen jetzt das Dorf-Feeling genießen.
Wie Grahammer 1988. Auch damals mussten die Fußballer bis zum Halbfinale erst durch Südkorea reisen. In der Vorrunde gewann Deutschland gegen China 3:0 und gegen Tunesien 4:1. „Da hab ich das 1:0 erzielt“, erinnert sich Grahammer. Das bedeutungslose Spiel gegen Schweden verlor Deutschland 1:2. Im Viertelfinale schlug die DFB-Auswahl Sambia 4:0.
Am 27. September 1988 wartete im Halbfinale in Seoul Brasilien. Holger Fach hatte Deutschland in der 50. Minute in Führung gebracht, Romario glich elf Minuten vor Schluss aus. Nur zwei Minuten erhielt Deutschland einen Elfmeter nach Foul an Jürgen Klinsmann. Doch Wolfgang Funkel scheiterte mit dem Strafstoß an Brasiliens Torwart Taffarel. Im Elfmeterschießen verschossen Janßen, Klinsmann und Wuttke.
„Wir waren klar die bessere Mannschaft. Wir hatten genügend Chancen, das Spiel zu gewinnen“, betont Grahammer, fast 30 Jahre später. Die Enttäuschung bekam im Spiel um Platz drei Italien zu spüren. Deutschland siegte 3:0. „Das kleine Finale war für uns kein zusätzliches Übel. Wir wollten unbedingt eine Medaille. Darauf waren wir komplett fixiert. Ich glaube, wir hätten die Russen im Finale geschlagen. Wir waren in diesem Turnier die beste Mannschaft“, sagt Grahammer.
Der 52-Jährige absolvierte alle sechs Spiele, die Siegerehrung verpasste er allerdings. Er musste schon vorher abreisen, da er mit Bayern wenige Tage später im Uefa-Cup in Warschau spielte. „Das war wirklich schade. Aber so war es eben. Ich bekam die Bronzemedaille dann ein paar Tage später in der Fernsehsendung Blickpunkt Sport überreicht“, erzählt Grahammer.
Das Turnier in Seoul war ein Höhepunkt in seiner Fußball-Karriere, die Ende der 60er Jahre beim Augsburger Stadtteilverein SpVgg Bärenkeller begann. Über den FCA kam er 1983 zum Bundesligisten 1. FC Nürnberg. Dort bestritt er 119 Bundesligaspiele, ehe er im Mai 1988 zusammen mit dem jetzigen FCA-Manager Stefan Reuter zu den Bayern wechselte. Nach fünf Jahspäter ren, 102 Bundesligaspielen und zwei deutschen Meisterschaften musste Grahammer wegen einer Knieverletzung seine Karriere als Sportinvalide beenden.
Danach arbeitete Grahammer unter anderem als Spielerberater, und hätte er sich 2005 nicht mit dem Vater von Bastian Schweinsteiger überworfen, wäre er heute vielleicht einer der Großen im Geschäft. Doch als „Einzelkämpfer“(Grahammer) habe er keine Chance mehr in diesem Geschäft gesehen und hörte vor ein paar Jahren auf.
Seit drei Jahren lebt er im österreichischen Lofer im Pinzgau. Dort leitet der 52-Jährige für die Deutsche Seerederei (DRS) aus Rostock ein Immobilienprojekt. Die DRS will an den Thermalquellen im nahen St. Martin eine Hotelanlage und ein Ärztehaus für über 50 Millionen Euro erstellen. Wenn alles steht, will Grahammer dort verschiedene Sportereignisse organisieren.
Das Olympia-Team 1988
Spieler Rudi Bommer, Holger Fach, Wolfgang Funkel, Armin Görtz, Roland Grahammer, Thomas Häßler, Thomas Hörster, Olaf Janßen, Uwe Kamps (Torhüter), Gerhard Kleppinger, Jürgen Klinsmann, Frank Mill (Kapitän), Oliver Reck (Torhüter), Karl-Heinz Riedle, Gunnar Sauer, Christian Schreier, Michael Schulz, Ralf Sievers, Fritz Walter, Wolfram Wuttke. (alphabetisch geordnet)
Trainer Hannes Löhr