Friedberger Allgemeine

Christbäum­e wollen gepflegt werden

Baumzucht In der Weihnachts­zeit stehen sie in fast allen Wohnzimmer­n in Stadt und Land. Auf Gut Mergenthau bei Kissing gedeihen sie im Sommer. Aber wie erhält die Tanne ohne chemische Hilfsmitte­l eine schöne Form?

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Kissing Der richtige Baum zum Fest. (Fast) jeder weiß, wie schwer diese Entscheidu­ng Jahr für Jahr im Dezember fällt. Wohlgeform­t soll er sein! Mit starken Ästen, damit er Kugeln und Kerzen, Äpfel und Deko gut tragen kann. Bis Heiligaben­d sind es fast auf den Tag genau noch vier Monate. Wie sehen die Bäume heute, mitten im Sommer aus? Wie bekommt der Wunschbaum eine schöne Form? Fragen über Fragen. Auf Gut Mergenthau bei Kissing weiß Verwalter Ulrich Resele Antworten.

Das Gut ist weit über die Grenzen des Wittelsbac­her Landes bekannt als Veranstalt­ungszentru­m, etwa für seine Gartentage. Im vorigen Jahr ist es mit einem Umweltprei­s ausgezeich­net worden. Dabei ging es um die Forstwirts­chaft. Im Wald des Familienun­ternehmens soll eine ausgewogen­e Mischung von Laubund Nadelholz erreicht werden. Seit 1828 wird er von der Familie bewirtscha­ftet. Resele sagt, dass die Vorfahren seiner Partnerin, Gutsherrin Monika Fottner, schon auf Vielfalt setzten. „Davon profitiere­n wir heute auch.“

Daneben gibt es die Produktion von Christbäum­en. 2015 hat sich das Gut dem Verband Naturland angeschlos­sen. In konvention­ellen Betrieben, die Christbäum­e bereitstel­len, werden Fungizide, Insektizid­e und andere chemische Mittel eingesetzt, um Käfer und Pilze loszuwerde­n. Das gibt es auf Gut Mergenthau nicht. Allerdings ist das im Hinblick auf die Christbäum­e nichts Neues. Nur bisher verzichtet­en die Gutsherren darauf, für die Christbäum­e eine Umwelt-Zertifizie­rung zu beantragen. Im vergangene­n Jahr wurde auf dem Gut noch Rollrasen produziert. „Der muss ganz makelos sein“, erklärt Resele. Daher kam er ohne Chemie nicht aus. Das ist nun vorbei. „Der restliche Betrieb hatte sich erst etablieren müssen.“Dass alle Vorschrift­en eingehalte­n werden, prüfen regelmäßig Kontrolleu­re – auch unangemeld­et.

streift durch eine lange Reihe mit Christbäum­en. Er reißt aus einem Ast eine Nadel, bricht sie in der Mitte durch und führt sie zur Nase. „Das muss richtig nach Tanne riechen“, sagt der 38-Jährige. Auf sieben Hektar wachsen rund 55000 Christbäum­e. Resele erklärt, dass es einen hohen Ausschuss gibt. Nur 40 Prozent gehen am Ende als A-Ware, also als wohlgeform­ter Christbaum, raus.

Zudem braucht ein Baum Zeit, bis er geschlagen werden kann. Etwa zwölf Jahre wächst eine Nordmannta­nne. Das ist die beliebtest­e Art in Deutschlan­d. 90 Prozent des Bestandes auf dem Gut gehören dazu. Der Rest setzt sich aus etwa 15 anderen Arten zusammen. Bäume, die verkauft werden, variieren von der Höhe her zwischen einem und zwölf Metern. Am beliebtest­en sind Gewächse zwischen 1,80 und 2,25 Meter, erklärt Resele.

Die meiste Arbeit kommt auf ihn und seine beiden Mitarbeite­r zwischen April und Juni zu. Auch die Gutsherrin packt stets mit an. In dieser Zeit müssen Äste geschnitte­n, die Wiesen rund um die Bäume gemäht und Schädlinge bekämpft werden. Resele spritzt zum Beispiel Süßmolke gegen die Tannentrie­blaus und kalt gepresstes Orangenöl aus der Schale gegen Milben. Wenn ein Baum vom Hallimasch befallen ist, muss er unter Umständen entfernt werden, damit sich der Pilz nicht weiter ausbreitet. Resele hat seinen Bestand immer im Blick. „JeResele den Tag bin ich bei den Christbäum­en. Ich genieße das.“

In konvention­ellen Betrieben werden die Bäume oft bereits im Oktober geschlagen. Auf Gut Mergenthau bemühen sich Resele und seine Mitarbeite­r, die Bäume so spät als möglich bereitzust­ellen. Sie werden nur bei der Waldweihna­cht, dem Mergenthau­er traditione­llen Adventmark­t, auf dem Gut verkauft. Eine Zeit lang konnten Besucher die Bäume selbst schlagen. „Inetwa zwischen sind wir aber ausgeräube­rt“, sagt Resele. In Zukunft will er das aber wieder anbieten. Zurzeit ist die Nachfrage so hoch, dass Resele Bäume hinzukaufe­n muss. Die kommen aber nur aus Betrieben, die nach denselben Kriterien arbeiten. Stolz ist Resele, dass ein benachbart­er Imker auch von den Standards auf dem Gut profitiert: „Dort wird mit einem kleineren Volk mehr Honig produziert als anderswo.“Eine wertvolle Auszeichnu­ng für ihn.

 ?? Foto: Philipp Schröders ?? Ulrich Resele ist Verwalter auf Gut Mergenthau, wo seit 1828 Forstwirts­chaft betrieben wird. Daneben gibt es eine naturnahe Christbaum­produktion: Rund 55 000 Bäume wachsen dort, aber nur etwa die Hälfte wird tatsächlic­h als Weihnachts­baum in einem...
Foto: Philipp Schröders Ulrich Resele ist Verwalter auf Gut Mergenthau, wo seit 1828 Forstwirts­chaft betrieben wird. Daneben gibt es eine naturnahe Christbaum­produktion: Rund 55 000 Bäume wachsen dort, aber nur etwa die Hälfte wird tatsächlic­h als Weihnachts­baum in einem...

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