Christbäume wollen gepflegt werden
Baumzucht In der Weihnachtszeit stehen sie in fast allen Wohnzimmern in Stadt und Land. Auf Gut Mergenthau bei Kissing gedeihen sie im Sommer. Aber wie erhält die Tanne ohne chemische Hilfsmittel eine schöne Form?
Kissing Der richtige Baum zum Fest. (Fast) jeder weiß, wie schwer diese Entscheidung Jahr für Jahr im Dezember fällt. Wohlgeformt soll er sein! Mit starken Ästen, damit er Kugeln und Kerzen, Äpfel und Deko gut tragen kann. Bis Heiligabend sind es fast auf den Tag genau noch vier Monate. Wie sehen die Bäume heute, mitten im Sommer aus? Wie bekommt der Wunschbaum eine schöne Form? Fragen über Fragen. Auf Gut Mergenthau bei Kissing weiß Verwalter Ulrich Resele Antworten.
Das Gut ist weit über die Grenzen des Wittelsbacher Landes bekannt als Veranstaltungszentrum, etwa für seine Gartentage. Im vorigen Jahr ist es mit einem Umweltpreis ausgezeichnet worden. Dabei ging es um die Forstwirtschaft. Im Wald des Familienunternehmens soll eine ausgewogene Mischung von Laubund Nadelholz erreicht werden. Seit 1828 wird er von der Familie bewirtschaftet. Resele sagt, dass die Vorfahren seiner Partnerin, Gutsherrin Monika Fottner, schon auf Vielfalt setzten. „Davon profitieren wir heute auch.“
Daneben gibt es die Produktion von Christbäumen. 2015 hat sich das Gut dem Verband Naturland angeschlossen. In konventionellen Betrieben, die Christbäume bereitstellen, werden Fungizide, Insektizide und andere chemische Mittel eingesetzt, um Käfer und Pilze loszuwerden. Das gibt es auf Gut Mergenthau nicht. Allerdings ist das im Hinblick auf die Christbäume nichts Neues. Nur bisher verzichteten die Gutsherren darauf, für die Christbäume eine Umwelt-Zertifizierung zu beantragen. Im vergangenen Jahr wurde auf dem Gut noch Rollrasen produziert. „Der muss ganz makelos sein“, erklärt Resele. Daher kam er ohne Chemie nicht aus. Das ist nun vorbei. „Der restliche Betrieb hatte sich erst etablieren müssen.“Dass alle Vorschriften eingehalten werden, prüfen regelmäßig Kontrolleure – auch unangemeldet.
streift durch eine lange Reihe mit Christbäumen. Er reißt aus einem Ast eine Nadel, bricht sie in der Mitte durch und führt sie zur Nase. „Das muss richtig nach Tanne riechen“, sagt der 38-Jährige. Auf sieben Hektar wachsen rund 55000 Christbäume. Resele erklärt, dass es einen hohen Ausschuss gibt. Nur 40 Prozent gehen am Ende als A-Ware, also als wohlgeformter Christbaum, raus.
Zudem braucht ein Baum Zeit, bis er geschlagen werden kann. Etwa zwölf Jahre wächst eine Nordmanntanne. Das ist die beliebteste Art in Deutschland. 90 Prozent des Bestandes auf dem Gut gehören dazu. Der Rest setzt sich aus etwa 15 anderen Arten zusammen. Bäume, die verkauft werden, variieren von der Höhe her zwischen einem und zwölf Metern. Am beliebtesten sind Gewächse zwischen 1,80 und 2,25 Meter, erklärt Resele.
Die meiste Arbeit kommt auf ihn und seine beiden Mitarbeiter zwischen April und Juni zu. Auch die Gutsherrin packt stets mit an. In dieser Zeit müssen Äste geschnitten, die Wiesen rund um die Bäume gemäht und Schädlinge bekämpft werden. Resele spritzt zum Beispiel Süßmolke gegen die Tannentrieblaus und kalt gepresstes Orangenöl aus der Schale gegen Milben. Wenn ein Baum vom Hallimasch befallen ist, muss er unter Umständen entfernt werden, damit sich der Pilz nicht weiter ausbreitet. Resele hat seinen Bestand immer im Blick. „JeResele den Tag bin ich bei den Christbäumen. Ich genieße das.“
In konventionellen Betrieben werden die Bäume oft bereits im Oktober geschlagen. Auf Gut Mergenthau bemühen sich Resele und seine Mitarbeiter, die Bäume so spät als möglich bereitzustellen. Sie werden nur bei der Waldweihnacht, dem Mergenthauer traditionellen Adventmarkt, auf dem Gut verkauft. Eine Zeit lang konnten Besucher die Bäume selbst schlagen. „Inetwa zwischen sind wir aber ausgeräubert“, sagt Resele. In Zukunft will er das aber wieder anbieten. Zurzeit ist die Nachfrage so hoch, dass Resele Bäume hinzukaufen muss. Die kommen aber nur aus Betrieben, die nach denselben Kriterien arbeiten. Stolz ist Resele, dass ein benachbarter Imker auch von den Standards auf dem Gut profitiert: „Dort wird mit einem kleineren Volk mehr Honig produziert als anderswo.“Eine wertvolle Auszeichnung für ihn.