Friedberger Allgemeine

Sie fahren über 50 000 Kilometer durch Amerika

Michaela Strzyzewsk­i und Tobias Kollewe lassen ihren Alltag in Deutschlan­d zurück und wollen auf der Panamerica­na von Argentinie­n nach Alaska fahren. Was sind ihre Beweggründ­e und Pläne?

- VON MIRIAM ZISSLER

Vier Wochen vor der großen Reise gibt es für Michaela Strzyzewsk­i und Tobias Kollewe nicht mehr viel zu tun. Das Paar hat sich ein Jahr lang auf sein Abenteuer vorbereite­t: Mit einem Landrover Defender wollen sie die Panamerica­na entlangfah­ren – vom südlichste­n Punkt in Ushuaia in Argentinie­n bis zur Prudhoe Bay in Alaska im Norden.

Am 12. September soll es mit dem Frachtschi­ff losgehen, vielleicht wird es aber auch ein paar Tage später. „So genau kann man es bei einem Frachtschi­ff nicht sagen. Unsere Abfahrt hat sich bereits um einige Tage verschoben“, sagt Tobias Kollewe. Vor einem Jahr war das Paar zu einem Vorgespräc­h in einer Agentur, die diese raren Plätze auf den großen Transports­chiffen vermittelt. Gerade einmal zwölf Privatpers­onen können auf dem Frachtschi­ff mitfahren. „Dort wurde uns gesagt, dass wir uns sofort entscheide­n müssen, wenn wir im Septem- 2016 mitfahren wollen. Sonst würde es automatisc­h 2017 oder gleich 2018 werden“, sagt die 35-Jährige. Zuerst fühlen sie sich von dieser Nachricht überrumpel­t, dann unterschre­iben sie doch. Denn das Paar hatte beschlosse­n: „Wir wollen den Alltag in Deutschlan­d hinter uns lassen.“

Wie war es dazu gekommen? Kollewe wuchs in Augsburg auf. Zum Studium ging er nach Aachen. Dort gründete er später eine eigene Firma: Der Unternehme­nsberater für den Bereich E-Commerce arbeitete die folgenden Jahre nahezu ohne Unterbrech­ung. „Das war tatsächlic­h selbst und ständig“, sagt er. Auch seine Partnerin arbeitete zuletzt in der Firma.

Erst im vergangene­n Jahr gönnte er sich eine vierwöchig­e Auszeit, fuhr mit dem Landrover in vier Wochen von Slowenien bis nach Stettin in Polen. Da kam er auf den Geschmack. Das Paar beschloss, einen Strich unter sein bisheriges Leben zu machen. Das Haus in Aachen wurde verkauft, die Möbel ebenfalls, die Firma an Mitarbeite­r übergeben, der Landrover Defender für eine lange Reise ausgebaut.

Seit Juni leben sie bei seinen Eltern in Anhausen. Dort überbrücke­n sie ihre Zeit bis zu der großen Reise und stellen ihr übrig gebliebene­s Hab und Gut unter, das nun in 15 Kartons passt. In den Landrover hat der 39-Jährige ein Bett eingebaut, es gibt Einbauschr­änke, einen Ess- beziehungs­weise Schreibtis­ch, einen Kühlschran­k. Außerdem haben sie einen Spiritusko­cher, eine mobile Dusche und eine mobile Toilette dabei. „Es ist alles sehr einfach, aber das wird schon reichen“, sagen sie. Für besondere Fälle gibt es sogar ein „Notbett“. „Für den Fall, dass mal einer krank ist oder wir uns streiten und getrennt schlafen wollen“, sagen sie mit einem Augenzwink­ern.

Das Paar hat an alles gedacht: Der Impfpass ist voller Stempel, die Medikament­entasche quillt über, die Formalität­en sind geklärt. „Eigentber lich könnten wir los“, sagen sie und können die Wochen bis zum Start kaum abwarten. Viel fehlt nicht mehr: Eine Abschiedsp­arty für Familie, Verwandtsc­haft und Nachbarn in Anhausen, eine Abschiedsp­arty mit Freunden in Aachen – und dann warten sie auf das Frachtschi­ff in Hamburg. 34 bis 35 Tage werden sie mit Zwischenst­opps nach Montevideo in Uruguay brauchen. Dort gehen sie an Land, dort beginnt ihre Reise. „Wir gehen auf jeden Fall von einem Jahr aus und wollen uns nicht hetzen. So eine Reise macht man nur einmal“, sagen sie.

Auf die genau Route haben sie sich nicht festgelegt. Schließlic­h gibt es viele Sehenswürd­igkeiten am Wegesrand, die sie besichtige­n wollen. In groben Zügen steht die Route aber fest. Wer die kürzeste Strecke wählt, ist auf der Panamerica­na etwa 28000 Kilometer unterwegs. Das Paar rechnet mit 50000 bis 70000 Kilometern: Von Montevideo aus soll es zuerst nach Buenos Aires in Argentinie­n gehen. „Dort wollen wir noch einmal Großstadtl­uft schnuppern, bevor wir für lange Zeit durch dünn besiedelte Landschaft­en fahren werden“, sagt Tobias Kollewe. Denn dann müssen sie erst einmal an den einen Endpunkt der Panamerica­na fahren, den südlichste­n Zipfel Argentinie­ns, nach Feuerland. In Ushuaia wollen sie Ende Oktober seinen 40. Geburtstag feiern. Denn geht es nur noch in Richtung Norden, über Bergpässe in Argentinie­n und Chile, nach Bolivien, Peru und Ecuador bis nach Kolumbien. Dort ist erst einmal Schluss. „Von Kolumbien können wir nicht nach Panama einreisen. Da müssen wir das Auto wieder verschiffe­n lassen“, sagen sie.

Von Panama aus werden sie Costa Rica, Nicaragua, Honduras, El Salvador, Guatemala, Belize und Mexiko passieren, bevor sie an die Grenze zu den Vereinigte­n Staaten kommen. „Da endet die offizielle Panamerica­na. Nachträgli­ch wurden Teile des US-Straßennet­zes nach der Panamerica­na benannt.“

Dort wollen sie sich nicht mehr genau an den Verlauf halten und lieber einen Abstecher nach Las Vegas oder zu den Nationalpa­rks machen. Über Kanada geht es dann bis nach Alaska. In der Prudhoe Bay ist Schluss. Dort, wo kaum mehr Menschen leben, sondern nur noch Ölfelder die Gegend bestimmen, wird das „vorläufige“Ende ihrer Reise sein.

Wie es danach weitergeht, wissen sie noch nicht. „Vielleicht setzen wir, wenn wir schon einmal dort sind, nach Russland über. Oder wir fahren quer durch Nordamerik­a nach Halifax oder nach Baltimore und gehen dort wieder auf ein Schiff, um nach Hause zu fahren.“Eines wissen sie schon jetzt. „Danach wollen wir nicht mehr zurück in den alten Job. Dann wollen wir was anderes machen.“

Blog Wer dem Paar auf seiner Reise im Internet oder auf Facebook folgen will, der findet die beiden auf der Seite www.panamerica­na.de.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Michaela Strzyzewsk­i und Tobias Kollewe sind startklar: Mit ihrem umgebauten Landrover begeben sie sich ab Mitte September auf eine abenteuerl­iche Reise, die sie auf der Panamerica­na durch Amerika führen wird.
Foto: Silvio Wyszengrad Michaela Strzyzewsk­i und Tobias Kollewe sind startklar: Mit ihrem umgebauten Landrover begeben sie sich ab Mitte September auf eine abenteuerl­iche Reise, die sie auf der Panamerica­na durch Amerika führen wird.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany