Ein Neubeginn für Europa?
Gipfel Angela Merkel traf sich mit ihren Kollegen aus Italien und Frankreich – auf einem Kriegsschiff
Ventotene Schon vor dem Treffen hat Gastgeber Matteo Renzi den hohen Ton angeschlagen: „Es ist einfach, Europa für alles die Schuld zu geben – schwerer, ein anderes Europa aufzubauen, das mehr auf Werte achtet und weniger auf das große Geld.“Das klang nach Neuanfang.
Und gestern Abend dann, mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Premier François Hollande auf dem Flugzeugträger „Giuseppe Garibaldi“zum DreierGipfel vereint, sagte Italiens Regierungschef: „Niemand von uns denkt, dass die Probleme, die wir haben, leicht zu lösen sind.“Mancher glaube jedoch, Europa sei das Problem. Es sei aber genau umgekehrt: „Wir glauben, dass Europa die Lösung für die schwerwiegenden Probleme unserer Zeit ist.“Nach dem Brexit-Votum solle ein Europa geschaffen werden, dessen Ideal „auf Einheit und Frieden, Freiheit und Träumen, Dialog und Identität“basiere. Soll das also der Kurs für diesen Neuanfang sein?
Drei Kapitäne auf einem Kriegsschiff, ist es der Gipfel der Geschwächten oder das neue Machtbündnis Europas? Ob die Symbolik auf dem Marineschiff „Giuseppe Garibaldi“die richtigen Signale setzen kann, ist fraglich. Zum einen ist die „Garibaldi“das Flaggschiff der „Operation Sophia“– die soll für die EU im Mittelmeer unter anderem Menschenschmuggler aufspüren und die libysche Küstenwache trainieren. Die „Garibaldi“als Kriegsschiff signalisiert aber auch: Europa schottet sich ab, Europa verteidigt sich. Nach den Anschlägen von Paris und Nizza ist die Sicherheitsund Verteidigungspolitik vor allem ein Anliegen von Hollande. Wie geht das im Neuanfang zusammen?
Verteidigung Merkel, Renzi und Hollande erklärten, die Kooperation im Bereich der Verteidigung sollte ausgebaut werden, auch durch mehr Austausch zwischen den Nachrichtendiensten. „Europa sollte stärker als heute seine eigene Verteidigung in die Hand nehmen“, sagte Hollande, und dafür auch deutlich mehr Geld in die Hand nehmen.
Migration Angesichts von laut Renzi bereits 102000 dieses Jahr in Italien angekommener Flüchtlinge und Migranten sagte Merkel: Die Küstenwache allein werde es nicht schaffen, die Grenzen zu kontrollieren. Es müsse mehr getan werden. Die Kooperation mit der Türkei in Bezug auf die Flüchtlinge sei richtig.
Wirtschaft Europa stehe in Fragen der Arbeitsplätze und des Wachstums auf dem Prüfstand, so Merkel. Man respektiere die Entscheidung Großbritanniens zu einem Ausstieg aus der EU, wolle aber auch deutlich machen, „dass die anderen 27 auf ein prosperierendes und auf ein sicheres Europa setzen“. „Europa ist noch nicht in allen Bereichen der wettbewerbsfähigste Platz auf der Welt“, es gebe außerhalb Europas eine große Dynamik im digitalen Bereich. Europa müsse „die Ambition haben, hier vorne mit dabei zu sein“. Dies sei, so Merkel, neben der inneren und äußeren Sicherheit ein weiterer Baustein, ebenso wie die Zukunft der Jugend. Bausteine des Neuanfangs.