Rinder und andere arme Schweine
Das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ist seit Jahrtausenden belastet. Gründe zu klagen hat überwiegend das Tier. Ehe ein Schnitzel, geklopft und paniert, im Teller liegt, hat es oft ein Schweineleben hinter sich. Und selbst wenn es freilaufend und glücklich gelebt hat – am Ende wartet immer dieser Kerl mit der weißen Plastikschürze.
Gelegentlich gelingt einem Vieh noch kurz vor dem Schlachter die Flucht. Aber wohin soll es fliehen? Unter das Dach des Sports? Lieber nicht. Selbst dem noch jungen Vierbeiner mit Talent zum Weit- oder Hochsprung ist vom Sport abzuraten. Man unterhalte sich nur einmal mit einem Pferd. Nie würde es freiwillig über eine Zwei-MeterMauer springen. Jeder vernünftige Gaul läuft doch um den Oxer herum. Oder die bedauernswerten Genossen von der Dressur, die sich zum Donauwalzer drehen müssen. Arme Schweine!
Wer glaubt, der Fußball behandelt Vierbeiner besser, irrt. In Köln muss seit Generationen ein Geißbock den Kickern des 1. FC Glück bringen – ein Höllenjob. Nicht viel einfacher ist die Aufgabe für Atilla, den Steinadler der Frankfurter Eintracht, der viel lieber über die Rocky Mountains segeln würde, als in Hessen Fußball zu schauen. Immerhin sichert ihm sein Amt Kost, Logis und am Ende die Ruhe in Frieden
Letzteres ist im Fußball nicht jedem Tier vergönnt. Im DFB-Pokalspiel zwischen Dynamo Dresden und RB Leipzig beispielsweise landete ein abgetrennter Rindskopf am Spielfeldrand. Vermutlich ein männliches Tier, spielen die Leipziger doch unter dem Branchennamen „Die Bullen“. Wer Mafia-Gepflogenheiten kennt, zu denen der blutwarme Pferdekopf unter der nächtlichen Bettdecke als nachdrückliche Empfehlung gilt, wird den Bullenschädel am Spielfeldrand als mörderische Drohung entschlüsseln. Noch interessanter als die Botschaft ist freilich die Frage, wie der Rindskopf ins Leipziger Stadion gelangte. An den Eingängen stehen Sicherheitskräfte, die jeden Besucher leibesvisitieren und angeblich auch unter Trachtenhüten nach Bullenschädeln und Raketenbatterien suchen. Trotzdem präsentierte sich der DFB-Pokal bislang als Mischung aus Bürgerkrieg und Schlachthof. Wenn demnächst, Panzer und Kuhherden die Eingangstore passieren, sollten die Vereine das System ihrer Einlasskontrollen überdenken.