Es droht ein Desaster
Auf Olympia folgen die Wettkämpfe der Behindertensportler in Rio. Das Interesse ist gering, die Probleme groß
Rio de Janeiro Philip Craven, Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees, befürchtet das Schlimmste für die ersten Olympischen Spiele der Sportler mit Behinderung in Südamerika. „Noch nie in der 56-jährigen Geschichte der Paralympische Spiele haben wir so schwierige Rahmenbedingungen erlebt wie hier.“Zuschüsse zu den Reisekosten wurden nicht wie geplant überwiesen, zehn Nationen drohten zeitweise mangels Geld die Spiele zu verpassen. Dazu Budgetkürzungen, weniger Personal und Einschränkungen beim Transportsystem in Rio de Janeiro.
Für Craven ist es schon ein Erfolg, dass alle geplanten 22 Sportarten stattfinden könnten. Aber die Frage ist: Werden die notwendigen Umbauten so funktionieren, dass es angemessene Bedingungen gibt? Was wird mit dem Transport, der schon zu Olympia mehr schlecht als recht funktionierte, und mangels Geld bei den Spielen vom 7. bis 18. September ausgedünnt werden soll? Wird es genug Helfer geben?
Wie bei Olympia wird es vier weit auseinanderliegende Zentren geben mit dem Olympiapark in Barra, in Copacabana, in der Region Maracanã und in Deodoro – aber nicht alle Arenen sollen genutzt werden. Über 4000 Sportler aus 165 Ländern kämpfen in Rio um die Medaillen.
Schon bei den Olympischen Spielen sprang selten der Funke über, viele leere Sitze in den Stadien sorgten für Unmut – bei den Paralympics könnte es besonders dramatisch werden. Erst rund 12 Prozent der 2,4 Millionen Eintrittskarten sind verkauft. In der Stadt wissen viele Bürger gar nicht, dass nach Olympia noch Paralympics kommen. Dadurch fehlt Geld. Die Regierung und die Stadt wollen 68 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen, um die Finanzlücke zum Teil zu schließen. Rio ist fast pleite, die Spiele kommen zur Unzeit.
Craven räumt ein, Brasilien sei von den Bedingungen her ein anderes Land als bei der Vergabe 2009. Dabei werden die Spiele erstmals in über 100 Ländern übertragen. Eigentlich ein großartiges Werbefenster für den Behindertensport, Rio und Brasilien. Aber schon Olympia und die Negativschlagzeilen bescherten Rio nur bedingt eine Imagewerbung.
Die heimische BehindertsportSzene hofft auf einen Schub. Bisher gibt es kaum professionelle Strukturen. Im Alltag fehlt eine behindertengerechte Infrastruktur, das fängt bei Höhenunterschieden zwischen Metro und Bahnsteigkante an. Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, gibt den Optimisten. „Ich hoffe, dass bei den Paralympics etwas Ähnliches passiert wie vor vier Jahren in London, als der Ticketverkauf am Anfang ziemlich schleppend war und dann sehr schnell wuchs mit dem Erfolg der Olympischen Spiele.“Doch damals waren die Olympischen Spiele eben ein Erfolg, die Stimmung war euphorisch in Rio ist das nicht so der Fall.
Bereits im Vorfeld machte Craven Schlagzeilen, weil sein Komitee die Russische Mannschaft im Gegensatz zum IOC bei Olympia wegen des Staatsdopings komplett gesperrt hat.