Schöne Aussichten
Angelique Kerber hat den Sprung an die Spitze der Weltrangliste verpasst. Warum ihre Chancen aber weiter gut stehen und wie sie demnächst Serena Williams ablösen kann
Cincinnati Nach dem (vorerst) verpassten Sprung auf den TennisThron wollte Angelique Kerber vor allem eines: eine Weile lang keinen Schläger in der Hand halten. „Ich werde früher nach New York fahren und da ein paar Tage Ruhe machen“, kündigte Kerber am Sonntag nach ihrer klaren Finalniederlage in Cincinnati gegen die Tschechin Karolina Pliskova an. In New York beginnen am Montag nächster Woche (29. August) die US Open.
Mit einem Erfolg im Endspiel von Cincinnati hätte Kerber die Amerikanerin Serena Williams vom ersten Platz der Weltrangliste abgelöst und als erste Deutsche seit Steffi Graf 1997 die Damen-Tour angeführt.
Doch nach anstrengenden Wochen mit Wimbledon-Finale und Olympia-Silber war der Akku bei Deutschlands Vorzeigespielerin leer. „Ich habe alles gegeben. Aber ich bin auch nur ein Mensch und keine Maschine“, sagte die 28-Jährige. „Natürlich waren in den vergangenen Wochen viel Druck, viele Spiele und viel Reiserei.“
Direkt aus Rio de Janeiro war sie vor einer Woche in die USA gedüst, mit ihrer ersten Olympia-Medaille und vielen Erinnerungen im Gepäck. Dass sie überhaupt in Cincinnati an den Start ging, hatte viele verwundert. Serena Williams zum Beispiel hatte ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt.
Doch Kerber wollte spielen, vor den US Open noch etwas Matchpraxis auf den amerikanischen Hartplätzen sammeln. „Ich spiele lieber, als dass ich trainiere“, meinte sie. Den ganzen Rummel, als Nummer eins der Welt in die großen Fußstapfen ihres Idols Steffi Graf treten zu können, versuchte sie bis zuletzt von sich fernzuhalten. „Wenn es irgendwann passiert, dann passiert es. Aber ich werde mir keinen Druck machen“, sagte Kerber.
In Flushing Meadows könnte sich die nächste Chance ergeben, Serena Williams zu verdrängen. Während Kerber im vergangenen Jahr in New York bereits in der dritten Runde scheiterte, war für Williams erst im Halbfinale Endstation. Ein frühes Aus der Amerikanerin könnte Kerber daher eine weitere Chance eröffnen.
„Es ist eine Frage der Zeit, ehe Kerber die Nummer eins wird“, sagte Trainer-Legende Nick Bollettieri. Was für den Amerikaner aber besonders auch an der Gesundheit von Williams liegt. „Die US Open werden der Welt zeigen, wie es um Serena bestellt ist.“Zuletzt musste Williams in Cincinnati angeschlagen passen und machte zuvor auch in Rio keinen fitten Eindruck.
Kerber will sich von all dem nicht beirren lassen. Nach ein bisschen Ruhe freut sie sich auf die Herausforderung bei den US Open. „New York ist eines meiner Lieblinsturniere. Da hat alles angefangen“, sagte sie mit Blick auf ihre HalbfinalTeilnahme 2011. Dass sie fünf Jahre später die Chance hat, Nummer eins der Welt zu werden, hätte niemand erwartet.