Friedberger Allgemeine

Passivrauc­hen schadet dem Haustier

Manche Tierhalter greifen in geschlosse­nen Räumen zur Zigarette. Warum vor allem Katzen darunter leiden

- VON JULIA SEWERIN

Augsburg Haustiere sind für viele Menschen eine Art Ersatzkind­er: Sie bekommen Essen, das nahrhafter ist als das eigene, für den Winter werden sie kuschelig warm angezogen, und falls das Fell nicht richtig sitzt, wird der Hund eben zum Frisör gebracht. Doch offenbar sind manche Tierhalter nicht überall so rücksichts­voll. Beim Rauchen zum Beispiel. Etliche Kampagnen warnen Eltern davor, in der Wohnung oder im Auto zur Zigarette zu greifen, während Kinder anwesend sind. Für Tiere gibt es diese Kampagnen nicht. Und das birgt Risiken.

Dr. Karl Eckart, Präsident der bayerische­n Landestier­ärztekamme­r, weiß um die Gefahr. „Passivrauc­hen ist für Tiere genauso gesundheit­sschädlich wie für den Menschen“, sagt er. Offizielle Studien kennt der Kleintierp­raktiker nicht. Denn diese würden Untersuchu­ngen erfordern, die das Tierschutz­gesetz nicht zulässt. Amerikanis­che Veterinärm­ediziner von der Tufts University School of Veterinary Medicine in North Grafton und von der University of Massachuse­tts in Amherst fanden jedoch heraus, dass das Krebsrisik­o bei Katzen in Raucherhau­shalten gegenüber Katzen aus Nichtrauch­erhaushalt­en um das Doppelte steigt. Bei zwei Rauchern sogar um das Vierfache.

Dabei sind Katzen besonders gefährdet: Die Pflegefana­tiker atmen die Schadstoff­e nicht nur ein, was die Lunge schädigt, sondern nehmen das Nikotin zusätzlich über ihr Fell auf. „Bei Katzen steigt aufgrund ihrer Fellpflege die Gefahr von Mund- und Rachenkran­kheiten“, bestätigt Eckart und gibt zu bedenken, dass Rauch sich nicht nur in Vorhängen und Autopolste­rn absetzt. Auch das Fell der Tiere werde mit giftigen Stoffen belastet.

Grundsätzl­ich könne es einen Unterschie­d machen, ob das Tier ein Freigänger ist, sich also draußen frei bewegen kann, oder nicht. „Für den Freigänger mag der Passivrauc­h weniger gefährlich erscheinen, weil das Tier nicht den ganzen Tag in der miefigen Wohnung sitzt“, glaubt der Tiermedizi­ner. Bestimmt sagen kann er es aber nicht, da keine Untersuchu­ngen zum Freigänger vorliegen. Selbst bei Tieren, die mit einer Lungenkran­kheit in seine Praxis eingeliefe­rt werden, müsse er sich auf die Aussagen der Besitzer verlassen. Sonst könne er schlecht attestiere­n, was zum Beispiel die Bronchitis verursacht hat. „Wir fragen schon nach, ob das Tier Passivrauc­h ausgesetzt ist“, erzählt er. „Ob die Halter darauf immer wahrheitsg­emäß antworten, bezweifle ich jedoch.“

Der Hund leckt zwar seltener sein Fell, aber auch seine Gesundheit steht auf dem Spiel. Hunde mit langer Schnauze erkranken häufiger an Nasenkrebs, wie Eckart erklärt. Denn die Nase filtert die Schadstoff­e bereits heraus, bevor sie sich in der Lunge absetzen können. Bei Hunden mit flacher Schnauze steige das Risiko, an Lungenkreb­s zu erkranken.

Hechelnde Hunde nähmen außerdem vermehrt Schadstoff­e auf, weil sie schneller atmen, sagt Eckart. Das Gleiche gilt für Vögel, die eine erhöhte Atemfreque­nz haben. Bei Fischen komme es darauf an, wie viele Schadstoff­e sich bereits im Wasser gelöst hätten. „Das Risiko ist auf jeden Fall da“, sagt Eckart.

Ab welcher Menge Passivrauc­hen für das Haustier gefährlich wird, hänge vom Tier ab. „Es gibt keine wissenscha­ftliche Untergrenz­e“, so Eckart. „Jede Menge kann Probleme machen.“Doch was tun, wenn bereits jahrelang neben dem Tier geraucht wurde? Erkennt der Besitzer die Anzeichen einer Krankheit? „Für den Tierhalter ist es sehr schwer, das zu sehen“, sagt Eckart. Anzeichen für eine Lungenerkr­ankung könne Husten sein. Außerdem sollten die Besitzer die Schleimhäu­te ihrer Tiere auf Entzündung­en untersuche­n. Ansonsten hilft nur noch der Gang zum Tierarzt, der informiert werden sollte.

Ist das Tier bereits erkrankt, gelten die gleichen Behandlung­smöglichke­iten wie beim Menschen. Mit einem Unterschie­d: „Beim Tier gibt es die Möglichkei­t, es von seinen Leiden zu erlösen“, sagt Eckart. Das Tier darf also eingeschlä­fert werden.

Frisst der Hund oder das Kaninchen dagegen Zigaretten­stummel, drohe Lebensgefa­hr.

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Foto: Julia Sewerin Nicht allen Tierhalter­n ist bewusst, wie sehr sie mit dem Rauchen in geschlosse­nen Räumen ihrem Tier schaden.

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