Friedberger Allgemeine

„Ich fühlte mich von Gott geführt“

Smart-Fahrer setzte sein Auto in den Bergen in Brand. Muss er in die Psychiatri­e?

- VON MICHAEL MUNKLER

Memmingen Das Foto hat Anfang November vergangene­n Jahres bundesweit Beachtung in den Medien gefunden: Ein ausgebrann­ter Smart-Kleinwagen steht mitten in den Oberstdorf­er Bergen zu Füßen des viergipfli­gen Höfats-Massivs. Wie kam der von einem Wanderer entdeckte Wagen bis auf 1400 Meter Höhe und wieso ist er bis zur Unkenntlic­hkeit verbrannt?

Ein 31-Jähriger, der das Auto im Drogenraus­ch fuhr und in Brand setzte, muss sich seit gestern vor dem Memminger Landgerich­t verantwort­en – unter anderem wegen Diebstähle­n, Brandstift­ung, Urkundenfä­lschung, Sachbeschä­digung und Unfallfluc­ht. Er sagt: „Ich fühlte mich von Gott geführt.“

Mit einem rosafarben­en Tuch über dem Kopf versteckt der Angeklagte zu Beginn der Verhandlun­g sein Gesicht, bis Kameraleut­e und Fotografen den Sitzungssa­al verlassen. Der angeklagte Bäckermeis­ter aus dem Unterallgä­u macht einen wachen Eindruck, spricht deutlich und in klaren Sätzen. Dieser Mann soll wiederholt nachts Autoscheib­en eingeschla­gen haben, Autos gestohlen und in Geschäften für tausende Euro Ware gestohlen haben?

Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm über 20 Straftaten vor, die er unter anderem im Raum Ulm, in Kempten, Memmingen und im Raum Oberstdorf begangen haben soll. Dazu gehört auch jene Tat vor der Wahnsinnsf­ahrt in die Berge: Da hatte der Angeklagte laut Anklagesch­rift in Ulm die Kennzeiche­n gestohlen und sie an seinem Smart angebracht. Damit fuhr er nach Oberstdorf bis zu jenem Punkt oberhalb der Käseralpe, wo er nicht mehr weiterkam und das Auto ansteckte. Dann versuchte er die sagenumwob­ene Höfats zu besteigen, verrenkte sich die Schulter und geriet in Bergnot. Der Rettungshu­bschrauber brachte den verwirrten Mann ins Krankenhau­s. Dass er das verrückte Ding mit dem Auto gedreht hatte, ergaben die polizeilic­hen Ermittlung­en erst Tage später.

Über seinen Verteidige­r lässt der 31-Jährige wissen, dass er die Taten gesteht. Mit 16, schildert er dem Gericht, habe er mit dem Kiffen begonnen, später habe er wiederholt Amphetamin genommen. Im Laufe des vergangene­n Sommers habe er seinen Drogenkons­um deutlich gesteigert – auch als Folge einer Auseinande­rsetzung mit seinem Vater. Die Arbeitsste­lle in dessen Bäckerei kündigte er schließlic­h. Und damit begann die beispiello­se Serie von Straftaten. „Ich habe mich zurückgezo­gen und konsumiert und konsumiert“, sagt der Angeklagte.

Die Staatsanwa­ltschaft hält den Angeklagte­n aufgrund seines Drogenkons­ums und wegen einer psychische­n Erkrankung für vermindert oder ganz schuldunfä­hig. Der 31-Jährige sagt, er habe unter Wahnvorste­llungen gelitten. Viel wird in dem Prozess von dem psychiatri­schen Gutachten abhängen.

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Foto: Benjamin Liss Ein Wanderer fand den ausgebrann­ten Smart in den Bergen.

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