Friedberger Allgemeine

Eine Harley aus Draht

Polizeibea­mter Bernd Bichmann lebt in der Freizeit seine kreative Ader aus. Er hat zahlreiche Gegenständ­e, Figuren und Fortbewegu­ngsmittel aus Draht gefertigt und damit sogar einen Publikumsp­reis gewonnen

- VON MIRIAM ZISSLER Fotos: Alexander Fitz

Bernd Bichmann wird vorerst nichts mehr aus Draht herstellen. Nicht, weil er die Lust daran verloren hat. Nein. Er hat keinen Platz mehr dafür. Denn der 47-Jährige hat in den vergangene­n Jahren ganz viel aus Drahtgitte­r geschaffen: Beispielsw­eise einen Eiffelturm, einen Schlüsselb­und, eine Frau an einer Poledance-Stange, eine Vespa und eine Harley – beide in Originalgr­öße. „Das sind immer so Phasen, in denen ich einen sehr großen Schaffensd­rang habe“, sagt er.

Für die Harley benötigte er etwa 265 Stunden, für die Vespa 216. Das alles neben seinem Beruf. Bichmann arbeitet im Polizeiprä­sidium Schwaben in Augsburg. Der Gersthofer ist dort im Bereich Kriminalit­ätsbekämpf­ung tätig. „Die Arbeit macht mir total Spaß. Es ist das, was ich von Kind an machen wollte“, sagt er. Seine künstleris­che Ader lebt er privat aus. „Nach der Schule habe ich den Beruf des Schaugewer­begestalte­rs bei Kröll & Nill gelernt. Danach habe ich gleich bei der Polizei angefangen“, sagt er.

Doch den Spaß daran, sich kreativ auszuleben, hat er nie verloren. Zuerst interessie­rte er sich für Airbrush-Kunst. Später schnitzte und malte er klitzeklei­ne Gegenständ­e oder Personen auf die Spitze von Zahnstoche­rn. 50 Motive hat er so fertiggest­ellt – vom Polizeibea­mten, über einen Apfelbutze­n bis hin zu Mickey Mouse.

Die Disney-Figur brachte ihn schließlic­h auch zu seiner nächsten kreativen Spielwiese: der Drahtgitte­rkunst. Ein Bekannter wollte seiner Frau zu einem runden Geburtstag einen Buchsbaum in Form einer Mickey Mouse schenken. „Mit der Idee kam er zu mir, weil er wusste, dass mir solche handwerkli­chen Tä- Spaß machen.“Zweieinhal­b Jahre vor dem Geburtstag kümmerte sich Bichmann um die passende Vorlage, errechnete die Maße und fing an, den Draht so zu verbinden, dass am Ende eine Mickey Mouse daraus entstand. Diese Form wurde über den Buchsbaum gestülpt, der in den darauffolg­enden zwei Jahren hineinwach­sen und entspreche­nd beschnitte­n werden konnte.

Die Comicfigur ist heute noch der Hingucker im Garten seiner Betigkeite­n kannten. Doch Bichmann hat seither noch einiges darauf gelegt. Er schuf mit viel Geduld zahlreiche weitere Gegenständ­e und Figuren aus Draht – teilweise in Originalgr­öße. Dafür geht er nicht in den Keller oder in die Garage. „Das mache ich alles im Wohnzimmer. Ich habe eine sehr tolerante Frau“, sagt er und lacht. Denn das Knacken, das zu hören ist, wenn der Draht durchschni­tten wird, könne auf Dauer schon nerven. Auf ein Kunstwerk folgte das nächste: Neben einem Skorpion und dem Marsupilam­i, fertigte er einen Büfett-Baum für einen Bekannten und einen Hund, der gerade an einen Hydranten pinkelt. Dafür verwendet er Draht aus dem Fachhandel. „Ich nehme immer die 25-Meter-Rolle. Sonst komme ich zu nichts.“

So viel Mühe wurde belohnt: Mit dem Vesparolle­r bewarb er sich in diesem Jahr neben weiteren 100 Künstlern um den Gersthofer Kunstpreis. Sein aus Hasengitte­rdraht gefertigte­s Gefährt wurde mehrheitli­ch zum Publikumsp­reis gewählt.

Für Bichmann eine wundervoll­e Anerkennun­g für seine Kunst. Doch der 47-Jährige würde sich noch mehr wünschen. „Ich will den Menschen meine Kunst zeigen. Aber ich habe schon so viele Museen und Galerien angeschrie­ben. Von den meisten kam noch nicht einmal eine Antwort“, sagt er.

Bichmann hofft, dass er seine aus Draht geschaffen­en Kunstwerke einmal einem größeren Publikum zeigen kann. Erst dann will er damit weitermach­en. „Am liebsten würde ich ein Auto in Originalgr­öße herstellen. Aber dafür bräuchte ich Platz und die sichere Zusage, dass es dann auch gezeigt wird.“

www.drahtgitte­rkunst.de

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265 Stunden hat Bernd Bichmann für die Harley gebraucht, die er in Originalgr­öße gefertigt hat. Für die Herstellun­g seiner Kunstwerke kauft er sich 25-Meter-Rollen im Fachhandel.
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Der Marsupilam­i ist befüllt und kann beleuchtet werden.

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