Die Borkenkäfer-App
Förster können jetzt direkt aus dem Wald über ihr Smartphone wichtige Informationen zur Schädlingsbekämpfung an den Betrieb schicken. Warum die Uhr tickt
Ottobeuren Ein Blick auf das Smartphone und Gregor Prinz hat seinen Wald vor sich. Die Karte auf dem Mini-Computer verrät auch dem Laien jederzeit den Standort und die Zufahrtswege. Der Forstwirtschaftsmeister steht in einem sogenannten Käferloch. Er setzt digital einen roten Punkt. Das heißt, hier sind Fichten vom Borkenkäfer befallen. Am Baumstamm leuchtet jeweils ein großes rotes „K“.
Jetzt muss es schnell gehen. Die Uhr tickt. Prinz tippt in sein Smartphone ein, wie viele Bäume betroffen sind, wie viel Kubikmeter Holz anfallen werden. Und dass die Schädlinge im Larvenstadium sind. Die Informationen werden sofort vom Smartphone an den Forstbetrieb Ottobeuren (Unterallgäu) übermittelt. Dieser organisiert, dass die befallenen Fichten zeitnah gefällt werden. Die Waldarbeiter können das Käferloch gezielt anlaufen. Die Ungenauigkeit liegt bei nur zehn bis 20 Metern.
Liegt das Käferholz aufgearbeitet an der Forststraße, kommt die Logistik-Abteilung des Waldunternehmens Bayerische Staatsforsten mit Sitz in Regensburg ins Spiel. Die wiederum beauftragt ein Fuhrunternehmen, das das Holz abholt und ins Sägewerk transportiert.
Bislang arbeiteten die Förster mit Karten. Das Verfahren war fehlerträchtig, die Standortangaben nicht so genau. Bei schlechtem Wetter wurde das Papier nass. Es dauerte, bis die Daten im Büro in Excel-Tabellen eingegeben waren, und noch länger, bis die Informationen zu den Waldarbeitern gelangten.
Ottobeuren ist ein Pilotbetrieb der Bayerischen Staatsforsten für das GPS-gestützte BorkenkäferManagement. Bald werden alle seine Förster und Waldarbeiter mit den Smartphones und der speziell entwickelten App ausgestattet sein, sagt Betriebsleiter Hermann S. Walter. Das Käferloch hat er erst vor wenigen Tagen im Distrikt „Hochfirst“entdeckt. Die Förster haben nicht viel Zeit. Wenn sich der Käfer in die Rinde gebohrt hat, dauert es eine Woche bis zur Eiablage. In drei Wochen haben sich die Larven bei guten Bedingungen zur Puppe entwickelt. Weitere zwei Wochen dauert es, bis der Käfer schwärmt. Bis dahin muss das befallene Holz aus dem Wald heraus sein. Wenn es schnell geht, hat seine Qualität dann noch kaum gelitten.
Walter zeigt auf Baumstümpfe am Forstweg. Ende Juni hatte der Förster hier zwei vom Borkenkäfer befallene Fichten entdeckt – in unmittelbarer Nähe zum Staatswald. Sofort war der private Waldbesitzer über das Amt für Landwirtschaft und Forsten informiert worden. Dieser fällte die Bäume zwar umgehend. Es war aber schon zu spät. Die Käfer waren bereits ausgeflogen und hatten sich nur wenige Meter entfernt im Staatswald unter die Rinde von mindestens 13 Bäumen gebohrt. Zum Teil fällt die Rinde jetzt schon ab. Das besorgt der Specht, der an den geschwächten Fichten nach Insekten sucht.
Mit ihrem geschulten Auge sehen die Förster in der Regel schnell, dass ein Baum befallen ist. Die Krone färbt sich rot. Doch in diesem Jahr war das anders. Wegen des vielen Regens ist der Waldboden gesättigt. Die Bäume sind sehr gut mit Wasser versorgt und leiden nicht unter Trockenstress wie im Sommer 2015. Dazu kam, dass das Bohrmehl immer wieder weggewaschen wurde. An sich ist es ein weiterer sicherer Hinweis auf den Borkenkäfer. Er ist einer der gefährlichsten Forstschädlinge. In einem Käferbaum entwickeln sich binnen sechs Wochen so viele Käfer, dass bis zu 20 weitere Fichten befallen werden können. Nach weiteren sechs Wochen können aus 20 dann 400 werden. Deshalb ist es so wichtig, dass die Förster schnell reagieren können.
Die für die Käfersuche günstige Witterung in dieser Hochsommerwoche nutzte Walter jetzt noch einmal für eine groß angelegte Aktion in seinem Betrieb. „Wir drücken den roten Knopf.“Zwei Tage lang schwärmten alle Mitarbeiter aus und suchten im gesamten Forstbetrieb nach Borkenkäfer-Nestern.
Für Martin Neumeyer, Vorstandsvorsitzender der Staatsforsten, kommt die Borkenkäfer-App einem Quantensprung in der Bekämpfung und Aufarbeitung gleich. Alle 41 Betriebe sollen nach und nach damit ausgestattet werden. „Diese Vorgehensweise beim Borkenkäfer-Management mit AppUnterstützung ist sicher auch für Privatwaldbesitzer von Interesse.“Informationen stelle sein Haus gerne zur Verfügung. »Kommentar