Friedberger Allgemeine

Die Borkenkäfe­r-App

Förster können jetzt direkt aus dem Wald über ihr Smartphone wichtige Informatio­nen zur Schädlings­bekämpfung an den Betrieb schicken. Warum die Uhr tickt

- VON DOROTHEA SCHUSTER

Ottobeuren Ein Blick auf das Smartphone und Gregor Prinz hat seinen Wald vor sich. Die Karte auf dem Mini-Computer verrät auch dem Laien jederzeit den Standort und die Zufahrtswe­ge. Der Forstwirts­chaftsmeis­ter steht in einem sogenannte­n Käferloch. Er setzt digital einen roten Punkt. Das heißt, hier sind Fichten vom Borkenkäfe­r befallen. Am Baumstamm leuchtet jeweils ein großes rotes „K“.

Jetzt muss es schnell gehen. Die Uhr tickt. Prinz tippt in sein Smartphone ein, wie viele Bäume betroffen sind, wie viel Kubikmeter Holz anfallen werden. Und dass die Schädlinge im Larvenstad­ium sind. Die Informatio­nen werden sofort vom Smartphone an den Forstbetri­eb Ottobeuren (Unterallgä­u) übermittel­t. Dieser organisier­t, dass die befallenen Fichten zeitnah gefällt werden. Die Waldarbeit­er können das Käferloch gezielt anlaufen. Die Ungenauigk­eit liegt bei nur zehn bis 20 Metern.

Liegt das Käferholz aufgearbei­tet an der Forststraß­e, kommt die Logistik-Abteilung des Walduntern­ehmens Bayerische Staatsfors­ten mit Sitz in Regensburg ins Spiel. Die wiederum beauftragt ein Fuhruntern­ehmen, das das Holz abholt und ins Sägewerk transporti­ert.

Bislang arbeiteten die Förster mit Karten. Das Verfahren war fehlerträc­htig, die Standortan­gaben nicht so genau. Bei schlechtem Wetter wurde das Papier nass. Es dauerte, bis die Daten im Büro in Excel-Tabellen eingegeben waren, und noch länger, bis die Informatio­nen zu den Waldarbeit­ern gelangten.

Ottobeuren ist ein Pilotbetri­eb der Bayerische­n Staatsfors­ten für das GPS-gestützte Borkenkäfe­rManagemen­t. Bald werden alle seine Förster und Waldarbeit­er mit den Smartphone­s und der speziell entwickelt­en App ausgestatt­et sein, sagt Betriebsle­iter Hermann S. Walter. Das Käferloch hat er erst vor wenigen Tagen im Distrikt „Hochfirst“entdeckt. Die Förster haben nicht viel Zeit. Wenn sich der Käfer in die Rinde gebohrt hat, dauert es eine Woche bis zur Eiablage. In drei Wochen haben sich die Larven bei guten Bedingunge­n zur Puppe entwickelt. Weitere zwei Wochen dauert es, bis der Käfer schwärmt. Bis dahin muss das befallene Holz aus dem Wald heraus sein. Wenn es schnell geht, hat seine Qualität dann noch kaum gelitten.

Walter zeigt auf Baumstümpf­e am Forstweg. Ende Juni hatte der Förster hier zwei vom Borkenkäfe­r befallene Fichten entdeckt – in unmittelba­rer Nähe zum Staatswald. Sofort war der private Waldbesitz­er über das Amt für Landwirtsc­haft und Forsten informiert worden. Dieser fällte die Bäume zwar umgehend. Es war aber schon zu spät. Die Käfer waren bereits ausgefloge­n und hatten sich nur wenige Meter entfernt im Staatswald unter die Rinde von mindestens 13 Bäumen gebohrt. Zum Teil fällt die Rinde jetzt schon ab. Das besorgt der Specht, der an den geschwächt­en Fichten nach Insekten sucht.

Mit ihrem geschulten Auge sehen die Förster in der Regel schnell, dass ein Baum befallen ist. Die Krone färbt sich rot. Doch in diesem Jahr war das anders. Wegen des vielen Regens ist der Waldboden gesättigt. Die Bäume sind sehr gut mit Wasser versorgt und leiden nicht unter Trockenstr­ess wie im Sommer 2015. Dazu kam, dass das Bohrmehl immer wieder weggewasch­en wurde. An sich ist es ein weiterer sicherer Hinweis auf den Borkenkäfe­r. Er ist einer der gefährlich­sten Forstschäd­linge. In einem Käferbaum entwickeln sich binnen sechs Wochen so viele Käfer, dass bis zu 20 weitere Fichten befallen werden können. Nach weiteren sechs Wochen können aus 20 dann 400 werden. Deshalb ist es so wichtig, dass die Förster schnell reagieren können.

Die für die Käfersuche günstige Witterung in dieser Hochsommer­woche nutzte Walter jetzt noch einmal für eine groß angelegte Aktion in seinem Betrieb. „Wir drücken den roten Knopf.“Zwei Tage lang schwärmten alle Mitarbeite­r aus und suchten im gesamten Forstbetri­eb nach Borkenkäfe­r-Nestern.

Für Martin Neumeyer, Vorstandsv­orsitzende­r der Staatsfors­ten, kommt die Borkenkäfe­r-App einem Quantenspr­ung in der Bekämpfung und Aufarbeitu­ng gleich. Alle 41 Betriebe sollen nach und nach damit ausgestatt­et werden. „Diese Vorgehensw­eise beim Borkenkäfe­r-Management mit AppUnterst­ützung ist sicher auch für Privatwald­besitzer von Interesse.“Informatio­nen stelle sein Haus gerne zur Verfügung. »Kommentar

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