Friedberger Allgemeine

Die „Bravo“wird 60

Starschnit­te, „Dr. Sommer“, das geheime Leben der Stars: Deutschlan­ds bekanntest­e Jugendzeit­schrift hat einen legendären Ruf. Jetzt erreicht sie langsam das Rentenalte­r – und kämpft um ihren Platz im Leben der Teenager

-

Es gab eine Zeit, in der auf dem Schulhof nichts ging ohne die Bravo. Teenager fieberten auf den Donnerstag und die neue Ausgabe hin, auf Poster von den Beatles, Take That oder Tokio Hotel. Und Generation­en von Jugendlich­en lasen die Tipps von „Dr. Sommer“heimlich unter der Bettdecke. Die erste Ausgabe der Bravo erschien heute vor 60 Jahren, am 26. August 1956.

„Bravo ist ein Phänomen und eine Legende in der deutschen Medienland­schaft“, sagt Alex Gernandt, der ehemalige Chefredakt­eur der Jugendzeit­schrift, für die er 25 Jahre lang gearbeitet hat. „Legende“– das ist auch eine Bezeichnun­g, die oft gebraucht wird, wenn die ganz großen ruhmreiche­n Momente der Vergangenh­eit angehören. Derzeit liegt die Auflage der Bravo nur noch etwas über 130000 Heften. Die Zeitschrif­t ist seit längerem auf Schrumpfku­rs: 1998 hatte der Bauer-Verlag 970 000 Exemplare verkauft. Zu absoluten Hochzeiten Anfang der 90er Jahre lag die Auflage nach Angaben von Ex-Chef Gernandt sogar bei über 1,5 Millionen.

Auch wenn sich die Zahlen nach Angaben des Bauer-Verlages inzwischen stabilisie­rt haben, erscheint die Bravo nicht mehr jede Woche, sondern nur noch alle 14 Tage. Die Gründe liegen auf der Hand: 94 Prozent der Jugendlich­en nutzten im vergangene­n Jahr regelmäßig Handy oder Smartphone, nur jeder Fünfte (19 Prozent) zwischen zwölf und 19 las noch regelmäßig gedruckte Zeitschrif­ten.

Auf dieses Ergebnis kommt die Studie Jugend, Informatio­n und des Medienpäda­gogischen Forschungs­verbundes Südwest. Immerhin: „Bravo ist die stärkste Medienmark­e in den sozialen Medien“, betont Chefredakt­eurin Nadine Nordmann. „Es gibt keine andere Medienmark­e in Deutschlan­d, die auf Instagram, Snapchat, Musical.ly, Facebook, Twitter, WhatsApp und Youtube so viele Follower hat wie wir.“Mehr als 1,2 Millionen Fans seien es im Netzwerk Facebook, mehr als 260 000 beim Onlinedien­st Instagram und mehr als 200000 beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter.

Die jüngste Ausgabe des Heftes zieren mit den „Lochis“zwei „Youtuber“. Youtuber veröffentl­ichen meist kurze und kurzweilig­e Videoclips auf der Internetpl­attform Youtube, die „Lochis“Heiko und Robei man Lochmann etwa Musik- und Comedyvide­os. „Stars aus den sozialen Medien sind die Idole der heutigen Bravo-Generation“, sagt Nordmann. Heute informiert­en Teenie-Idole wie Justin Bieber oder Rihanna Alex Gernandt zufolge „mehrmals täglich über Social Media, was bei ihnen Sache sei.

„Früher hatte die Bravo quasi ein Monopol auf das Privatlebe­n der Stars“, sagt daher Nora Gaupp vom Deutschen Jugend-Institut in München. „Man hatte nur dort die Möglichkei­t rauszufind­en, was die Backstreet Boys zu Abend essen und ob Michael Jackson Haustiere hat.“

Sie sieht aber noch ein ganz anderes Problem für die Zeitschrif­t: „Die

Bravo ist konservati­v“, sagt Gaupp. Sexuelle Vielfalt, moderne Geschlecht­errollen, Jugendlich­e unter(Multi-)Media schiedlich­er Hautfarbe in der Bravo? „Junge Frauen haben schön, schlank, dünn, gepflegt zu sein, Männer haben stark und sportlich zu sein.“Alles sei „brav nach Geschlecht­er-Stereotype­n sortiert“, kritisiert Gaupp. Letztes Jahr hagelte es etwa Kritik, nachdem die Bravo Mädchen „100 Tipps für eine Hammer-Ausstrahlu­ng“gegeben hatte und ihnen dabei vorschlug, wie sie sich am besten anziehen, schminken und verhalten sollen, um bei Jungs Gefallen zu finden: „Imitiere seinen Style! Dein Schwarm trägt am liebsten Grün? Zieh Dir auch grüne Sachen an.“

Trotz aller Kritik und Probleme kann sich Gaupp vorstellen, dass die Zeitschrif­t noch ein paar Jahre vor sich hat. „Totgesagte leben länger“, sagt sie.

 ?? Fotos: Bauer Media Group, BRAVO, dpa ?? 1959 schaffte es Peter Kraus auf den Titel der „Bravo“. Der Schauspiel­er und Sänger stand damals noch am Anfang seiner Karriere – die „Bravo“auch. Drei Jahre vorher war die erste Ausgabe erschienen (Mitte). Uschi Glas zierte 1969 die erste Seite. Sie...
Fotos: Bauer Media Group, BRAVO, dpa 1959 schaffte es Peter Kraus auf den Titel der „Bravo“. Der Schauspiel­er und Sänger stand damals noch am Anfang seiner Karriere – die „Bravo“auch. Drei Jahre vorher war die erste Ausgabe erschienen (Mitte). Uschi Glas zierte 1969 die erste Seite. Sie...

Newspapers in German

Newspapers from Germany