Friedberger Allgemeine

Früher war mehr Lametta?

- VON DANIEL WIRSCHING

Talk und Show Immer diese TV-Kritiker! Erst war ARD-Polit-Talker Jauch pfui („kann keinen PolitTalk“) und Nachfolger­in Will hui, dann umgekehrt. Zumindest schrieb der ansonsten von mir geschätzte

Tagesspieg­el-Kollege Joachim Huber in seiner „Bilanz der ersten Monate von ,Anne Will‘ am Sonntagabe­nd“: „Bei Jauch war mehr Lametta“.

Nach mehrmalige­m Lesen verstehe ich den Artikel inzwischen so: Der Kollege findet „Anne Will“schon gut, aber mehr „Zirkus“wäre ihm auch recht. Den sollte er bereits am Tag nach Erscheinen seines Artikels bekommen, als sich bei Will am 5. Juni im Ersten der AfD-Politiker Gauland mit dem Journalist­en Lohse von der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung darüber stritt, ob Gauland nun den dunkelhäut­igen Fußball-Nationalsp­ieler Boateng zum Nachbarn haben wolle oder nicht. Da war Lametta, aber hallo! Da war sogar Tweed und Hundekrawa­tte!

Mit jener Ausgabe verabschie­dete sich Anne Will in die Sommerpaus­e. Bald, ab dem 11. September, geht sie wieder regulär auf Sendung. Mit mehr Lametta? Hoffentlic­h nicht.

Denn was die Polit-Talkshows in diesen aufgeheizt­en Zeiten brauchen, ist gerade weniger „Zirkus“und mehr „Faktenchec­k“. Mehr echter Dialog. Mehr Talk, weniger Show. In den letzten Jahren hatten Talkshow-Redaktione­n ihre Freude am Zuspitzen, an der Polarisati­on. Sie boten den immer gleichen „meinungsst­arken“Gästen eine Bühne. Jauch war keine Ausnahme.

Früher war mehr Lametta? Mag sein, lieber Joachim Huber. Aber zu viel Lametta hat noch jeden Christbaum verschande­lt. Und wurde die Lametta-Produktion in Deutschlan­d nicht eingestell­t?

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