„Facebook ist kein privates Fotoalbum“
Der Umgang mit Bildern der eigenen Kinder im Internet ist ein umstrittenes Thema. Die Bloggerin Nadine Luck erzählt, warum sie bewusst Fotos ihres Nachwuchses veröffentlicht
Frau Luck, Sie zeigen auf Ihrem Blog viele Fotos Ihrer Kinder. Wie sie Fahrrad fahren, auf einer Hüpfburg toben, mit Kreide malen. Warum? Nadine Luck: Ich veröffentliche Bilder, bei denen ich finde, dass die Kinder dazugehören. Ein Bild eines leeren Spielplatzes? Ein Freizeitpark, in dem kein einziges Kind zu sehen ist? Das wäre ja eine Mondlandschaft! Kinder gehören zu unserer Gesellschaft dazu, sie nicht zu zeigen, würde bedeuten, sie unsichtbar zu machen, wie in einem RuheBereich für Erwachsene, wo sie draußen bleiben müssen. Das ist doch nicht das Leben! Luck: Es geht um das „Wie“. Wie zeige ich meine Kinder? Dafür gilt: Ich zeige sie so, wie ich auch mich selbst oder meinen Ehemann zeigen würde. Das heißt, bestimmt nicht in peinlichen Situationen. Nicht mit einem essensverschmierten Mund, nicht fiebernd, nicht auf der Toilette. Auch nicht beim Schlafen, das ist ja viel zu intim! Ich zeige Kinder, die auf dem Spielplatz toben, die basteln und die tolle Klamotten spazierenführen.
Luck: Dass das Gesicht nicht groß in die Kamera schaut. Dass ich die Kinder nur zeige, wenn es wichtig ist fürs Bild. Es geht auf dem Blog nicht darum, mein Kind zu zeigen, das mache ich nur im privaten Foto- album. Also kein: „Schaut mal alle, wie süß mein Kind ist!“Es geht mir darum, etwas Kindgerechtes zu beschreiben, etwa: „Schaut, das können auch schon Kindergartenkinder basteln!“Oft reicht es für diesen Zweck, auch nur einen Ausschnitt zu zeigen: die Hände des Kindes, das Kind von hinten.
Was ist mit Texten im Internet? Gibt es auch hier Regeln? Luck: Texte sollten genauso wohlüberlegt sein wie Bilder. Niemand wird von mir einen „Bäh, mein Kind hat in die Hose gemacht“-Text lesen, außer mein Mann im privaten Chat. Keiner wird über potenzielle Allergien etwas erfahren, über potenzielles Kindergarten-Mobbing oder weiß der Geier was. Für Texte im Netz gelten für mich dieselben Regeln wie für Bilder. Luck: Ich glaube, es ist viel getan, wenn sie bewusst mit den Bildern umgehen. Das, was ein Erwachsener süß findet – den breiverschmierten Mund –, findet ein Kind später oft bestimmt nicht mehr süß. Das ist natürlich Ermessenssache und oft auch eine Frage des Geschmacks. Dennoch, wer sich bewusst macht, dass etwas öffentlich ist, geht hoffentlich sensibler um mit Fotos seiner Lieben. Ich falle oft vom Stuhl, wenn Eltern Bilder ihrer kränkelnden Kinder in Facebook-Gruppen posten und fragen: „Was ist das für ein Eiterpickel?“Geht gar nicht, Frage und Fotos gehören nur ins Sprechzimmer eines Arztes. Luck: Es ist in jedem Fall sinnvoll, den sorglosen „Ich zeige im Internet alles von meinem Kind“-Umgang zu unterbinden. Facebook ist nun mal kein privates Fotoalbum, das sollte jedem klar sein. Und wenn Ihre Kinder Sie eines Tages kritisieren? Haben Sie denn keine Angst davor, sie könnten sich beschweren? Luck: Ich habe Angst davor, dass sie sich über vieles beschweren werden. Wir Eltern treffen ja viele Entscheidungen, das fängt bei der Entscheidung, ob man ein Kind tauft, an und hört bei der Wahl der Schule längst nicht auf. Da sind respektvolle Fotos im Internet mit Sicherheit noch eine kleine Entscheidung. Was diese betreffen, wachsen unsere Kinder ohnehin anders auf als wir: Sie sind auch auf Fotos von Kindergarten und Turnfesten im Internet zu finden. Sie werden nicht groß werden, ohne dass Bilder im Internet sind, und sie werden das ziemlich normal finden.
Nadine Luck, 39, kommt aus Bamberg. Die Buchautorin und Bloggerin hat einen Sohn, 2, und eine Tochter, 4.