Friedberger Allgemeine

Das Leben im Rollstuhl als zweite Chance

Sport Der Augsburger Frank Maczurek ist seit einem Mofa-Unfall in der Jugend querschnit­tsgelähmt. Auf seinen vier Rädern hat er sogar schon einen Supermarat­hon bewältigt

- VON GÖNÜL FREY

Augsburg/Kissing Ohne Bewegung hält es der Augsburger Frank Maczurek gar nicht aus. Mindestens zehn Kilometer am Tag muss er zurücklege­n, sonst packt ihn die Unruhe. Dass er seit über 30 Jahren auf den Rollstuhl angewiesen ist, hält den 50-jährigen Fachinform­atiker vom Sport nicht ab. Und so wird er am kommenden Sonntag als erster Rollstuhlf­ahrer am Kissinger Halbmarath­on teilnehmen.

Kurz vor seinem 18. Geburtstag ereignete sich der Unfall, der alles veränderte. Damals lebte er noch in einem kleinen Ort in Polen. Die Dorfjugend war abends immer zusammen unterwegs. An jenem Abend folgte der junge Frank Maczurek der Gruppe auf einem geliehenen Mofa, er fuhr damit zum ersten Mal. Die anderen waren mit dem Auto schon voraus, als er die Kurve nicht mehr kriegte. Zuerst bemerkte das keiner. Drei Stunden lag der Verletzte bei herbstlich­er Kälte am Straßenran­d. „Ich hatte mit meinem Leben schon abgeschlos­sen – da hörte ich plötzlich Stimmen“, erzählt er. Seine Freunde hatten ihn nach verzweifel­ter Suche endlich gefunden. Es folgten neun lange Monate im Krankenhau­s: Frank Maczurek ist querschnit­tsgelähmt, Arme und Hände kann er jedoch bewegen. „Ich bin froh, dass ich lebe. Ich hätte in dieser Nacht auch sterben können. Das war wie eine Neugeburt, eine zweite Chance“, sagt er. Mit seinem Schicksal hadert er nicht: „Ganz vieles habe ich schon erlebt, nur weil ich im Rollstuhl sitze.“Auch in Kissing wird er im Läuferfeld besondere Aufmerksam­keit ernten. Die 21 Kilometer möchte er in einer Stunde und 45 Minuten zurück legen, was eine sehr gute Zeit wäre. „Früher war ich noch viel ehrgeizige­r, heute lasse ich es etwas entspannte­r angehen“, sagt er – und lacht. In der Vergangenh­eit hat er schon mehrere Marathons und sogar einen Supermarat­hon über 100 Kilometer bewältigt. „Das muss ich jetzt mit 50 natürlich nicht mehr machen. Aber ich habe Lust, anderen zu zeigen, dass man auch als Rollstuhlf­ahrer bei solchen Wettbewerb­en dabei sein kann.“Denn Maczurek kennt im Raum Augsburg etliche Rollstuhlf­ahrer, die sportlich aktiv sind – beispielsw­eise beim Basketball – „aber ich finde keinen, der bei so was mitfahren will“, sagt er.

Natürlich ist auch nicht jede Strecke geeignet. „Der Augsburger Citylauf am Kuhsee entlang geht über weite Teile nur auf Schotterwe­gen – das bremst im Rollstuhl wahnsinnig“, sagt er. Deswegen schließt er sich vorab immer mit den Veranstalt­ern kurz. Auch mit dem Organisato­r des Kissinger Halbmarath­ons Franz Sedlmair hat er gesprochen. Der schätzt den Anteil der Schotterwe­ge auf nur 20 Prozent und ist über den ungewöhnli­chen Teilnehmer erfreut. „Ich finde es total toll und bin gespannt, ob er seine Zeit tatsächlic­h schafft“, sagt Sedlmair.

„Ganz vieles habe ich schon erlebt, nur weil ich im Rollstuhl sitze.“

Frank Maczurek

Kissinger Halbmarath­on Kurzentsch­lossene Läufer können sich am Sonntag, 28. August, noch von 8 bis 9.30 Uhr nachmelden. Start ist um 10 Uhr am Fitnesscen­ter Fitpoint am Ortseingan­g an der B 2.

Weitere Infos im Internet unter: kissingerm­arathon.de

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Foto: Gönül Frey Frank Maczurek ist querschnit­tsgelähmt, aber trotzdem sportlich: Am Sonntag geht er beim Kissinger Halbmarath­on an den Start.

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