Monster in der Altstadt
Der Hype ebbt ab, doch noch immer sind viele Spieler in Friedberg unterwegs. Warum es dort für sie so attraktiv ist und wieso die virtuelle Jagd auch für Ärger sorgt
Friedberg Die Freude des Buben ist nicht zu übersehen und nicht zu überhören. „Ja, ich habe ein Pummeluff gefangen“, ruft er und ballt eine Faust. Pummeluff ist ein Pokémon, das aussieht wie ein rosa Ball mit Ohren und Schmalzlocke. Sein Jäger ist braun gebrannt, kaum älter als zehn und zusammen mit einem Freund am Friedberger Marienplatz auf Monsterfang.
Die Zahl derer, die beim HandySpiel Pokémon Go virtuelle Monster fangen wollen, hat leicht abgenommen. Doch noch immer sind an warmen Tagen etliche Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Gruppen oder allein in der Altstadt unterwegs. Wenn es dunkel geworden ist, sind es meist ältere Jugendliche und junge Erwachsene, die mit ihren Smartphones auf Bänken und Treppenstufen sitzen. Sie versuchen, Pokémons zu fangen, zu trainieren und mit ihnen Kämpfe zu bestreiten.
Die Bauernbräustraße und die Stadtmauer sind besonders attraktiv für die Spieler. Dort gibt es viele Poké-Stopps, an denen die virtuellen Monster gefangen werden können. Wer sich nur wenig mobiles Datenvolumen leisten kann, hält sich am Marienplatz auf. Dort hat die Stadt kostenfreies WLAN bereitgestellt. Vor allem Jüngere spielen dort. Philipp, Alex und Marcus haben das nicht nötig. Die drei jungen Männer treffen sich nach Feierabend, um sich zu unterhalten und nebenher auf Monsterjagd zu gehen.
Das Prinzip des Spiels funktioniert so: Wer zu spielen beginnt, schließt sich einem von drei Teams an, die es auf der ganzen Welt gibt – Blau, Gelb oder Rot. Die Spieler fangen Monster, die an vom Hersteller festgelegten Punkten auftauchen und wieder verschwinden. Nach dem Monsterfang ziehen sie los, um andere festgelegte Orte, die Arenen heißen, für ihr Team zu erobern. Das geht alleine, zu zweit zu dritt. Kommt ein Spieler einer anderen Farbe, kann er eine Arena seinerseits einnehmen.
Wenn Philipp, Alex und Marcus Arenen erobern wollen, sind sie auch mal mit dem Auto unterwegs, das geht schneller. Die meiste Zeit verbringen sie in der Nähe der Poké-Stopps, um möglichst viele Monster zu fangen.
Die drei Friedberger kennen viele der Spieler, oft seien es dieselben. Noch immer treffen sie abends viele Pokémon-Begeisterte. So viele wie in der Anfangszeit sind es aber nicht mehr. Darüber ist Sonja Gerster froh. Die Wirtin von Gersters Genusswerkstatt und ihre Gäste ärgerten sich besonders zu den Spitzenzeiten des Trends vor rund zwei Wochen regelmäßig über PokémonJäger. Immer wieder seien Spieler dort unterwegs gewesen, hätten Tische und die Treppenstufen am Eingang besetzt und hätten die virtuellen Taschenmonster auch zwischen den Beinen der Gäste gefangen. „Das ist einfach unangenehm für Gäste, die beim Abendessen sitzen“, sagt Gerster. Sie betont aber, dass sich nicht alle Spieler schlecht verhalten haben. „Es gibt auch sehr nette Jugendliche“, sagt sie. Manche hätten aber auch Flaschen, Zigarettenkippen und anderen Abfall zuoder rückgelassen und beim Spielen laute Musik gehört. Gerster war nicht die Einzige, die sich ärgerte: An der Sitzbank vor der Bäckerei Scharold bat ein Schild die Spieler, ihren Abfall wieder mitzunehmen.
„Mich würde das auch nerven“, räumt Alex ein. Er und seine Freunde haben einmal erlebt, wie die Polizei gerufen wurde, als rund 30 Spieler gleichzeitig in der Bauernbräustraße waren. Auch, dass manche Spieler Dreck hinterlassen, halten die drei jungen Männer für möglich. „Da wird schon mal eine Pizza gegessen. Es kann sein, dass dann ein Karton liegen bleibt“, sagen sie sie. Inzwischen geht es an den Abenden in der Altstadt ruhiger zu. Viele, die jetzt dort unterwegs sind, sind im Alter von Philipp, Alex und Marcus. Für die drei geht es darum, Zeit gemeinsam zu verbringen – und um Nostalgie. Sie haben schon als Kinder Pokémon auf der NintendoKonsole gespielt. Vor 20 Jahren kam das Spiel erstmals auf den Markt.