Die EU ist keine Flüchtlingsunion
In der Flüchtlingspolitik bleibt Bundeskanzlerin Angela Merkel isoliert, zumindest im östlichen Teil der EU. Bei ihren Besuchen in Prag und Warschau ist der deutschen Regierungschefin Ablehnung entgegengeschlagen. Alle vier in der Visegrad-Gruppe verbündeten Staaten (Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei) lehnen weiter die Verteilung von Flüchtlingen gemäß Pflichtquoten auf alle Länder der EU ab. Der Ungar Viktor Orbán provoziert sogar mit Plänen für den Bau eines Grenzwalls, um Migranten fernzuhalten.
Die Kanzlerin hat das mit großer Gelassenheit zur Kenntnis genommen. Und damit hat sie recht. Denn einerseits geht es in der EU mit Blick auf den bevorstehenden Brexit um Wichtigeres: Es gilt, der Union, der künftig nur noch 27 Staaten angehören, einen neuen Geist einzuhauchen, sie bürgerfreundlicher und effizienter zu machen. Andererseits würden die Flüchtlingsquoten, die für die Ostländer vorgesehen waren, ohnehin nur in relativ geringem Umfang zur Lösung des Problems beitragen. Per Zwang kann es nicht funktionieren – auch dies sollte Teil des neuen „Spirits“sein. Europa muss lernen, Unterschiede zu ertragen. Nicht in jeder Frage muss Einigkeit bestehen. Aber die große Vision gilt es nun zu entwickeln. Der bevorstehende EU-Gipfel muss damit beginnen.