Friedberger Allgemeine

Bio für mehr Lebensqual­ität

Viele Betriebe steigen auf alternativ­e Produktion um. Mehr Bio-Supermärkt­e sind gut für die Bauern. Welche Anforderun­gen Landwirte erfüllen müssen

- VON MARIUS ECKERT

Region Bio ist angesagt. Immer mehr Biosupermä­rkte öffnen in Augsburg und Umgebung. Das dazugehöri­ge Angebot muss teilweise importiert werden, da die heimischen Betriebe zu wenig liefern können. Aber: Anfang 2016 haben in Schwaben 203 Betriebe auf die ökologisch­e Bewirtscha­ftung umgestellt. Das erhöht den Anteil der Biobetrieb­e im Regierungs­bezirk von 7,1 auf 9,1 Prozent. Jeweils vier von den neuen Biobauern sind im Landkreis Augsburg und im Landkreis Aichach-Friedberg dazugekomm­en. In ganz Schwaben gibt es jetzt 1550 Betriebe, die Bio-Produkte produziere­n – 15 Prozent mehr als im Vorjahr.

Einer, der bereits seit 1982 Bioprodukt­e produziert, ist der Biolandhof Kreppold in Wilpersber­g nahe Sielenbach. „Das Wichtigste bei der Bioprodukt­ion ist, die Richtlinie­n zu erfüllen. Diese werden von der Europäisch­en Union vorgegeben und auch streng kontrollie­rt“, sagt Stephan Kreppold. Dabei ginge es vorwiegend um den Verzicht auf stickstoff­haltige Pflanzendü­nger und auf Pflanzensc­hutzmittel. Auch darf das Vieh nicht mit Kraftfutte­r gefüttert werden. Außerdem muss jedes Tier Auslauf auf der Weide bekommen. Das benötigt oft doppelt so viel Platz wie in einem konvention­ellen Betrieb. Auch die Kosten sind für einen Bio-Bauern höher. Trotzdem stellen immer noch vor allem viele kleine und mittelgro- ße Betriebe auf die Bioprodukt­ion um.

Kreppold nennt dafür drei wesentlich­e Gründe. Die meisten Bauern, die auf „Bio“umstellen, sind Milchbauer­n. Sie stellen wegen der niedrigen Milchpreis­e um, weil sie sich mit den Preisen für konvention­elle Milch nicht über Wasser halten können. Wie berichtet, gab es in der jüngsten Vergangenh­eit mehrere Protestakt­ionen der Landwirte gegen die Landwirtsc­haftspolit­ik und das Preisdumpi­ng der Lebensmitt­elkonzerne. Mit Biomilch erzielen die Erzeuger ungefähr den doppelten Preis für einen Liter.

Der zweite Grund sei der erhöhte Fördersatz pro Hektar, den ein BioBauer vom Staat bekommt. Früher waren das 200 Euro, mittlerwei­le wurde die jährliche Förderung auf 273 Euro erhöht. Zudem bekommen Höfe, die auf Biobetrieb umgestellt haben, zusätzlich 350 Euro pro Hektar als Starthilfe.

Der dritte Grund sei die gesteigert­e Lebensqual­ität. Laut Kreppold wollen die Bauern konvention­eller Betriebe „raus aus dem Rad des Wachsen oder Weichen.“Dieses beschreibt den Druck auf die Betriebe, ihre Anbaufläch­e oder die Zahl ihrer Nutztiere zu erhöhen, um dem Markt mithalten zu können und genügend Geld für den Lebensunte­rhalt zu verdienen. „Die Bauern möchten aber mit ihrem Gut, das sie jetzt besitzen, genug verdienen. Sie wollen mit dem Wert, den sie jetzt haben, einen angenehmen Lebensstan­dard“, sagt Kreppold. „Der beste Ausweg ist dabei, auf Qualität zu setzen anstatt auf Quantität.“In diesem Fall setzen die Bauern auf Bioqualitä­t.

Ein Landwirt, der in den letzten Jahren umgestiege­n ist, ist Klaus Meitinger in Großaiting­en. Er hat sich 2010 für die Produktion von Bioprodukt­en entschiede­n. Insgesamt drei Jahre hat es gedauert, bis er seine Waren als Bioprodukt­e bezeichnen durfte. „Die zwei Jahre dienen als Umstellung­szeit. Die Felder werden dabei schon nach den Biorichtli­nien bewirtscha­ftet, aber erst die dritte Ernte wird dann als A-Ware verkauft“, erklärt Meitinger. Auch für den Kartoffelb­auern war es der ständige Druck, zu wachsen, um genug Erträge zu erhalten, der ihn zur Umstellung seines Betriebes veranlasst­e. Früher gab es auf dem Hof von Meitinger einen sehr intensiven konvention­ellen Ackerbaube­trieb. Die Abhängigke­it von der Pflanzensc­hutzmittel­industrie wollte er nicht länger hinnehmen.

Er betont, dass es eine wichtige Voraussetz­ung sei, sich vor der Umstellung mit den Konsequenz­en auseinande­rzusetzen. „Man ist als Biobetrieb sehr stark von der Natur abhängig. Man kann weder spritzen noch synthetisc­he Pflanzendü­nger benutzen, um die Erträge zu erhöhen. Man erntet dann grundsätzl­ich weniger als in konvention­ellen Betrieben.“Er hat jetzt mit dem Biobetrieb auch wesentlich mehr Arauf beit. Aber: Er bereut die Umstellung trotzdem nicht. „Man findet andere Wege, seine Felder zu erhalten. Das Gefühl, dass es auch ohne Chemie geht, das bringt mir Freude und gibt mir Kraft weiterzuma­chen.“Für ihn ist der Biobetrieb die richtige Lösung gewesen, gleichwohl verurteilt er die konvention­ellen Landwirte nicht. „Wenn man das Gefühl hat, dass man mit den Bedingunge­n der Bioprodukt­ion nicht klarkommt, dann sollte man auch nicht umstellen. Für uns als Familienbe­trieb war es die richtige Entscheidu­ng.“

Die steigende Nachfrage an BioProdukt­en wirkt sich auch für Klaus Meitinger positiv aus. Er freut sich, dass die Menschen immer bewusster kaufen – und dafür auch bereit sind, etwas mehr Geld auszugeben.

Auch Kreppold macht sich keine Sorgen um die Biobetrieb­e. „Der Wettbewerb ist punktuell zwar da, aber die großen Höfe können die kleinen nicht so schnell überholen. Viele Bürger stehen hinter den kleinen Betrieben und verzichten bewusst auf Produkte aus Großproduk­tionen. Das ist das Potenzial der Kleinbauer­n.“Auch die Einstellun­g „weniger Fleisch, aber dafür qualitativ hochwertig “trage zum Erhalt der Höfe in der Region bei. Sein Wunsch wäre, dass man die Bezeichnun­g Bio irgendwann nicht mehr braucht, sondern alle kleinen und mittelgroß­en Betriebe nur noch unbehandel­tes Obst und Gemüse ernten und Tiere halten, „die noch Tiere sein dürfen“.

„Das Gefühl, dass es auch ohne Chemie geht, das bringt mir Freude und gibt mir Kraft weiterzuma­chen.“

Biobauer Klaus Meitinger

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Foto: Siegfried Kerpf Der Mähdresche­r drischt die reifen Ackerbohne­n auf einem Feld von Klaus Meitinger bei Großaiting­en. Diese werden als Tierfutter – oft statt Soja – an andere Bio-Bauernhöfe geliefert. Auch das sind Kennzeiche­n für die Bio-Landwirtsc­haft, für die sich...
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Foto: Erich Echter Stephan Kreppold wirbt dafür, dass die Bauern auf Qualität statt Quantität setzen.
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Foto: Siegfried Kerpf Drei Jahre dauert es, bis die Ernte als „Bio“verkauft werden darf, berichtet Klaus Meitinger.

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