Wenn die Party ausufert
Weil es vor Kneipen und in Privathaushalten zu laut ist, rückt schon mal die Polizei an. Im Sommer war sie allein im Stadtgebiet mehr als 1000 Mal im Einsatz. Mitunter steckt etwas anderes dahinter
Der lautstark ausgetragene Streit in der großen Wohnanlage Klein-Venedig an der Berliner Allee war in vielen Wohnungen zu vernehmen. Fenster wurden aufgerissen, um zu sehen, was da los ist – in der Dunkelheit erkannte man nicht allzu viel. Mehrere Minuten lang tobte ein Mann. Das Ganze spielte sich nach 22 Uhr an einem AugustAbend ab. Wegen der Ruhestörung riefen Nachbarn die Polizei, die wenig später mit einer Streife anrückte.
Der Streit in der Wohnung war zu diesem Zeitpunkt beendet. Der Mann flüchtete, als er die Polizeibeamten sah. Er durchschwamm den Bachkanal, wurde dann aber am anderen Ende tropfnass von den Beamten in Empfang genommen. Es stellte sich bei der Überprüfung heraus, dass der Mann per Haftbefehl gesucht wurde. Er hatte eine mehrmonatige Haftstrafe zu verbüßen. Die nächtliche Ruhestörung brachte ihn insofern ins Gefängnis.
Ruhestörungen sind an der Tagesordnung, aber höchst selten führt der Weg ins Gefängnis. Zumeist bleibt es bei mündlichen Belehrungen. Wer es aber übertreibt, dem droht ein Ordnungsgeld.
Die Polizei hat in diesem Sommer allein im Stadtgebiet Augsburg mehr als 1000 Mitteilungen erfasst, die von Anrufern der Einsatzzentrale als „Ruhestörung“gemeldet wurden. „Nicht immer handelt es sich dann aber auch um eine solche“, sagt Polizei-Pressesprecher Michael Jakob. Fakt ist, dass nahezu alle Ruhestörungen zwischen 20 Uhr am Abend und 6 Uhr in der Früh gemeldet werden.
Häufig teilten Bürger am Polizeinotruf Sachverhalte mit, die der Beamte in der Einsatzzentrale zunächst als „Ruhestörung“im klassischen Sinn, sondern möglicherweise als „Streit, Randale“oder Ähnliches bewertet. Ebenso können im umgekehrten Fall Streitigkeiten als Ruhestörungen mitgeteilt werden und der tatsächliche Sachverhalt stellt sich dann als Schlägerei oder Streit dar, sagt Jakob.
Die Einsätze sind grundsätzlich quer über das Stadtgebiet verteilt. Die Polizei stellt fest, dass es in der Kneipenszene oftmals zu laut wird. Wegen offen stehender Fenster und lauter Gäste vor dem Lokal wird wiederholt Beschwerde geführt. Die große Anzahl an Ruhestörungen geht jedoch von Privatanwesen aus, informiert Pressesprecher Jakob: „Das ist zum einen überlaute Musik, zum anderen ausufernde Partys. Anwohner beschweren sich zudem über Ruhestörungen an öffentlichen Plätzen, Haltestellen von Bus und Tram oder an Treffpunkten von Jugendlichen.“
Dies bestätigt der städtische Ordnungsreferent Dirk Wurm. Schwerpunkte von Beschwerden waren in diesem Sommer bislang eher neuangelegte Einrichtungen wie zum Beispiel der Spielplatz Reese-Kaserne, der Spielpark im Sheridanpark, aber auch der Bereich Luftbad Göggingen und vereinzelte Spielplätze in der Innenstadt. Dagegen geht es an den Ufern von Lech und Wertach gesitteter zu, jedenfalls gibt es hier wenig Beschwerden. Unterm Strich fällt die Bilanz für den Sommer erfreulicher aus als in Vorjahren, sagt der Referent: „Es gab definitiv bislang weniger Beschwerden über nächtliche Ruhestörungen im öffentlichen Raum als in den Jahren zuvor. Somit war der Ordnungsdienst im Zusammenhang mit derartigen Störungen etwas weniger gefordert.“Mitarbeiter der Stadt konnicht trollieren neben Polizeibeamten das Geschehen im Stadtgebiet.
Grundsätzlich stellt eine „Ruhestörung“eine Ordnungswidrigkeit dar. Es kommt in der Bewertung immer auf den Einzelfall an. Sollten Polizisten feststellen, dass die Störung lediglich von geringerem Ausmaß ist, und zeigen sich die Betroffenen einsichtig und stellen die Ruhestörung ein, wird in aller Regel lediglich eine mündliche Verwarnung ausgesprochen. Dies trifft in den überwiegenden Fällen der Einsätze zu. Bei gravierenden oder wiederholten Ruhestörungen erstellt die Polizei eine Ordnungswidrigkeitenanzeige. Diese wird dann an die zuständige Behörde bei der Stadt Augsburg weitergeleitet. Das zuständige Amt entscheidet dann in eigener Verantwortung über die Sanktionierung. Im schlimmsten Fall erhält der Betroffene einen Bußgeldbescheid, dessen Höhe sich an der vorwerfbaren Handlung des Betroffenen bemisst.
»Seite 38 Die Stadt hat zuletzt viele öffentliche Plätze umgebaut. Auf die Aufenthaltsqualität hat sich dies positiv ausgewirkt. Lesen Sie dazu den Wochenkommentar im Innenteil unserer Zeitung.