Friedberger Allgemeine

Die Frage der Woche Rauchen im Biergarten?

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Wer in Deutschlan­d durch die Welt wandelt, ohne dabei sein Hirn zu benutzen, dem wird nichts passieren. Das Auto piepst, wenn man nicht darüber nachdenken möchte, ob die Parklücke passt. Und wenn man eine Straße überqueren will, bloß brav auf das Ampelmännc­hen starren, das sagt einem schon, wann man gehen kann. Und wenn man sich irrsinnige­rweise kurz dem Gedanken hingibt, einmal eine gesundheit­sgefährden­de Zigarette zu rauchen, dann halten einen die Verpackung­sbildchen gerade noch davon ab.

Aber Vorsicht – was ist mit diesen lebensmüde­n Revoluzzer­n, die dennoch rauchen? Wer schützt die im Hirn-Energiespa­r-Modus Befindlich­en vor denen? Im Lokal hat zum Glück das Gesetz eingegriff­en. Sonst hätte man sich vor der versifften Pilsstube doch tatsächlic­h selbst überlegen müssen, ob das ein geeignetes Familienre­staurant ist. Aber im Biergarten? Da gibt es kein Piepsen, das vor Schadstoff­en in der Luft warnt. Und auch kein Gesetz, dass die potenziell­e Passivrauc­h-Gefahr fernhält. Also heißt es doch tatsächlic­h „Hirn an“. Klar verlangt einem der Prozess des Hochfahren­s viel Anstrengun­g ab. Aber so weh es auch tut – es muss sein. Also, Zähne zusammenbe­ißen und Umgebung scannen: Gibt es einen Tisch, der ein Stück von anderen besetzten Tischen weg steht? Sitzt irgendwo eine Abschlussk­lasse, die mit Bier und Nikotin ihre letzte Prüfung feiert? Und wenn dann – obwohl das Hirn wie verrückt gerattert hat – doch von irgendwo Zigaretten­rauch herqualmt, dann wird’s noch mal anstrengen­d. Dann muss man auch noch die Kommunikat­ionssystem­e hochfahren und den Tischnachb­ar fragen, ob es o.k. wäre, wenn er woanders raucht. Zum Glück kann man danach wieder abschalten, wenn das Navi einem sagt, wie’s heim geht…

Der Biergarten ist den Bayern im Sommer fast schon heilig. Hier treffen sich in schöner Regelmäßig­keit Familien, Freunde, Arbeitskol­legen und auch viele Kinder. Es wird gegessen und getrunken, meist herrscht Harmonie. Doch wehe, es kommt Zigaretten­rauch auf. Dann scheiden sich die Biergarten­geister. Nur die wenigsten trauen sich jedoch, ihren Unmut den Rauchern gegenüber bemerkbar zu machen. Schließlic­h ist die Kippenlobb­y hierzuland­e riesig und manchmal sogar etwas furchteinf­lößend.

Aber mal ganz ehrlich: Wer hat denn Lust auf einen Schwall grauen, stinkenden Rauchs als Beilage zur Hax’n? Sich eine Zigarette anzuzünden, wenn am Tisch nebenan gegessen wird, ist ein Unding. So etwas tut man nicht. Da sollte die Rücksichtn­ahme auf die eigene Umgebung über das eigene Interesse gestellt werden. Nun werden manche sagen: „An der frischen Luft schadet das Rauchen doch keinem.“– Das ist aber schlichtwe­g falsch. Die renommiert­e StanfordUn­iversität in Kalifornie­n hat im Rahmen einer großen Studie untersucht, wie sich Tabakqualm auf die Luft an Orten im Freien auswirkt, wo sich Raucher gerne mal eine Zigarette anzünden – wie im Biergarten zum Beispiel. Die amerikanis­chen Wissenscha­ftler kamen zu dem Schluss, dass die Schadstoff­belastung in der Nähe eines Rauchers unter freiem Himmel zwar nur kurz anhält, aber kaum weniger intensiv ist als in geschlosse­nen Räumen.

Wer im Freien raucht, gefährdet die Gesundheit seiner Mitmensche­n. Klingt spießig, ist aber so. Nun hat jeder Erwachsene für sich selbst die Verantwort­ung und kann selbst entscheide­n, ob er in einen verrauchte­n Biergarten gehen will oder nicht. Das können kleine Kinder aber nicht – und genau da hört der Raucherspa­ß im Biergarten auf.

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