Ein Problem zwischen den Ohren?
Niki Lauda findet, Max Verstappen gehöre „in die Psychiatrie“. Tatsächlich fällt der 18-Jährige immer wieder mit Manövern auf, die selbst den coolsten Fahrer in Rage bringen
Spa Max Verstappen ist der Verlierer des Großen Preises von Belgien – und das nicht nur, weil er beim Heimrennen auf dem enttäuschenden elften Platz landete. Nachdem er es im Qualifying erstmals in seiner Karriere mit einer sehr starken Vorstellung in die erste Startreihe geschafft hatte, hatte der gerne als Jahrhunderttalent hochgelobte Niederländer mit belgischem Pass ja schon betont, wie sehr ihn die Unterstützung seiner Fans hier bei seinem Heimrennen beflügle.
Schließlich hat er in den Niederlanden einen Formel-1-Boom ausgelöst wie einst Michael Schumacher in Deutschland – über 30000 Fans waren ins belgische Spa gekommen.
Möglich, dass er dann auch deshalb in der ersten Kurve zu viel wollte, als er am Start schlecht weggekommen war, sich dann aber mit Gewalt noch innen über die Randsteine an den beiden Ferrari von Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel wieder vorbeiquetschen wollte. Mit dem Ergebnis, dass die drei Autos sich berührten, Schäden abbekamen und alle Chancen auf Spitzenplatzierungen verloren.
Doch während auch viele Experten das noch als normalen Rennunfall durchgehen ließen, waren sie über Verstappens Spurwechsel auf der Geraden gerade im Duell mit Kimi Räikkönen, der sich mehrfach beinahe von der Strecke gedrängt fühlte, anderer Meinung. „Dafür gehört er eigentlich für ein Rennen gesperrt“, befand etwa Christian Danner bei RTL.
Räikkönen selber machte seinem Ärger über Funk lautstark Luft: „Was der da aufführt, ist unglaublich, das habe ich noch nie erlebt, mit niemandem anderen. Sein einziges Ziel scheint es zu sein, mich von der Strecke zu schieben. Das ist unfassbar“, tobte der Finne, der sonst wirklich nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen ist. Und auch Sergio Perez im Force India wäre einmal beinahe das Opfer einer wilden Verstappen-Attacke geworden . . .
Niki Lauda hatte sich direkt nach dem Rennen zu dem Satz verstiegen, Verstappen gehöre „in die Psychiatrie. Er hat überhaupt keine Einsicht, dass er da etwas falsch gemacht hat.“Er werde einmal mit Max Vater Jos Verstappen reden, „den kenne ich ja gut, damit er mit dem Burschen noch einmal redet. Er ist zu aggressiv gegen die anderen und dumm, weil er nicht nach vorn kommt. Das kann nicht sein, dass er kein Hirn mehr hat, weil so viele Holländer hier sind. Hirn muss ein Rennfahrer immer haben.“
Mercedes-Sportchef Toto Wolff war ein bisschen hin- und hergerissen in seinem Urteil: „Ich mag Max wirklich, er ist absolut erfrischend, aggressiv, fährt die Ellbogen aus, zeigt keinen Respekt. Das erinnert mich an andere ganz Große in ihrer An Lewis, an Ayrton Senna.“Andererseits befürchte er aber, „dass das irgendwann einmal in einem großen Crash endet. Es ist schon manchmal gefährlich, was er da macht.“
Was die anderen Piloten Verstappen grundsätzlich ankreiden, worüber ja auch schon im Fahrerbriefing in Hockenheim heftig gestritten wurde, nachdem es in Ungarn zwischen dem Niederländer und Kimi Räikkönen heiß hergegangen war: sein Zickzack-Fahren in Anbremszonen. „Da übertreibt er es einfach. Und speziell hier, wenn du da mit 340 ankommst und dann jemand vor dir hin und her zackt, dann ist das kein Spaß mehr“, sagte Sebastian Vettel. „Einige Manöver von ihm sind da einfach nicht korrekt, da muss man vielleicht noch mal darüber reden.“
Von großen Untersuchungen der FIA oder Strafen hält Vettel freilich nichts. „Die beste Methode, jemanden zu erziehen, ist, mit ihm in Ruhe zu reden. Wir sind erwachsene Männer, nicht im Kindergarten. Ich komme mit Max eigentlich sehr gut aus. Wir verstehen uns. Wenn ich ein Problem mit ihm habe, dann gehe ich direkt zu ihm hin und spreche mit ihm. Aber logischerweise ist direkt nach dem Rennen nicht der richtige Zeitpunkt dafür.“
Noch aufgeputscht von Emotionen, auch der Enttäuschung, vor seinen Fans am Ende als Elfter mit dem beschädigten Red Bull nicht einmal in die Punkte gekommen zu sein, hatte sich Verstappen da völlig uneinsichtig gezeigt, Räikkönens Beschwerden als lächerlich abgetan, Kritiker an seiner Fahrweise der Lüge bezichtigt, Vettel die komplette Schuld am Startunfall gegeben und gemeint, es sei doch alles kein Problem, „schließlich ist ja nichts passiert“.
Nach außen verteidigte natürlich auch die Red-Bull-Führung ihren Fahrer: „Wenn die Stewards kein Problem sehen, dann gibt es auch keines“, meinte Teamchef Christian Horner trocken. Und Dr. Helmut Marko gab zu bedenken: „Da fallen mir auch zwei andere ganz Große ein, die zu Beginn ihrer Karriere dauernd Probleme mit den etablierten Piloten hatten ...“Gemeint waren natürlich Michael Schumacher und Ayrton Senna. Durchaus möglich aber, dass man intern mit dem 18-Jährigen doch einmal ein paar ernste Worte wechselt ...
Auch oder gerade, weil die FIA bei dem kommenden Superstar ofAnfangszeit. fenbar etwas weniger genau hinschaut. Der ein oder andere Chef eines kleineren Teams wundert sich da unter der Hand schon mal: „Im Vergleich dazu, wofür unsere Fahrer bestraft werden, hat Verstappen offenbar Narrenfreiheit ...“