Sie bauen Afrika neu auf
Architekten der Hochschule Augsburg planen mit Partnern vor Ort Wohnungen, Schulen oder Krankenhaussanierungen. Baugenehmigungen dauern lange. Professor Susanne Gampfer zieht in Nairobi Bilanz
Frau Professor Gampfer, Sie sind gerade im Hauptquartier der Vereinten Nationen in Nairobi (Kenia). Warum? Gampfer: Architekten der Hochschule Augsburg richten federführend eine internationale Konferenz über nachhaltiges Bauen in Kenia aus. Tagungsort ist drei Tage lang das UN-Hauptquartier.
Worum geht es?
Gampfer: Die Konferenz ist der Schlusspunkt des dreijährigen Projekts „Jenga“der Europäischen Union. Unter der Leitung der Hochschule haben sich mehrere afrikanische Universitäten daran beteiligt. Ziel war, die Lehre im Bereich nachhaltiges und ressourcenschonendes Bauen zu verbessern.
Welche Projekte gab es?
Gampfer: An drei ostafrikanischen Partnerhochschulen wurden klimaund landschaftsgerechte Pilotbauten mit lokalen und nachhaltigen Materialien geplant. Ich nenne hier einige Beispiele: Studierende der Uganda Martyr’s Universität bearbeiteten Wohnungsbauentwürfe für eine Wohngesellschaft in Kampala. An der University of Rwanda in Kigali wurden Wohnhäuser für eine inter- Organisation detailliert geplant. Darüber hinaus erarbeitete eine Studierendengruppe für eine Stiftung den Entwurf einer Grundschule in einem informellen Viertel (Anmerkung der Redaktion: das ist ein slum-ähnlicher Bereich) von Nairobi.
Helfen auch Studenten aus Augsburg in Afrika?
Gampfer: Gleichzeitig mit Jenga entstanden an der Hochschule vergleichbare Projekte. Architekturstudierende planten unter meiner Leitung eine Handwerkschule in Nairobi. Sie begleiteten auch die nachhaltige Umstrukturierung und Sanierung eines Kinder- und eines Bezirkskrankenhauses in Tansania.
Wurden die Pläne realisiert?
Gampfer: Die Bauprojekte, an denen Studierende aus Augsburg beteiligt sind, werden immer von einen sozialen Träger initiiert. Dadurch ist sichergestellt, dass die Gebäude, die entstehen, benötigt werden und später auch genutzt und gepflegt werden. Beispielsweise sind so Klassenräume für eine ländliche Berufsschule entstanden. Aktuell wird die Kinderstation eines Krankenhauses in Tansania saniert. Welche typischen Probleme gibt es bei Bauprojekten in Afrika? Gampfer: Die Schwierigkeiten und Herausforderungen sind ganz unterschiedlich. Bei Bauprojekten für soziale Träger im ländlichen Bereich gibt es Materialknappheit. Oft ist die Handwerkerausbildung mangelhaft oder es gibt logistische Schwierigkeiten mit teuren und aufwendigen Transporten für Baustoffe aus der nächstgelegenen Stadt.
Afrika ist groß, sind die Probleme überall gleich?
Gampfer: Die Voraussetzungen in den Ländern sind unterschiedlich. Unsere Arbeit findet derzeit hauptsächlich in ostafrikanischen Staaten statt. Je nach Region ist der Baustandard höher, weil zum Beispiel in Nairobi hochwertige Baustoffe leichter zu bekommen sind als in einer ländlichen Region von Uganda. Ruanda wird auf dem Landweg mit fast allen Industriegütern versorgt. Dort muss sehr Vieles mit dem Lastwagen aus den Häfen in Mombasa oder Dar es Salaam geliefert werden. Gampfer: Die Rahmenbedingungen sind sehr unterschiedlich und teilnationale weise ein echtes Hindernis. Viele Verwaltungsabläufe wir Baugenehmigungen folgen eigenen Regeln und können sehr lange dauern. Abläufe sind häufig informeller und müssen erst verstanden werden.
Was ist die Konsequenz aus diesen Erfahrungen?
Gampfer: Die in den Projekten gesammelten Erfahrungen zum ressourcenschonenden Bauen flossen in die Konzeption neuer und praxisorientierter Lehrmethoden in Afrika ein. Sie wurden in den Lehrplan der beteiligten afrikanischen Hochschulen verankert.
Was beraten nun die Experten der internationalen Konferenz in Kenia?
Gampfer: Sie diskutieren den Ansatz der Jenga-Projekte und stellen diese in den Zusammenhang mit aktueller Forschung und Praxis des nachhaltigen Bauens. Der Schwerpunkt liegt auf den schnell wachsenden Entwicklungsregionen des globalen Südens, aber auch auf dem internationalen Stand der Technik im Bauwesen.
Gampfer: Ich besuche mehrmals im Jahr einen der Projektpartner, um die Kollegen zu treffen. Ich leite auch Bauprojekte. Deshalb ist diese Reise nun eher eine Art Abschluss für die lange Projektlaufzeit. Im Anschluss fahre ich weiter zu der Studentengruppe, die in Tansania auf der Baustelle arbeitet. Dort werde ich hoffentlich noch mit anpacken können.
Ist das Augsburger Engagement in Afrika damit zu Ende?
Gampfer: Der Austausch mit Kollegen afrikanischer Hochschulen, aber auch mit einheimischen Bauarbeitern oder Familien wird in Zukunft weitergehen. Insgesamt glaube ich, dass die Zusammenarbeit mit Kollegen aus verschiedenen Regionen der Welt einen großen Mehrwert bringt, und der Blick auf globale Zusammenhänge dadurch geschärft wird.