Friedberger Allgemeine

Warum Apple bisher so wenig Steuern zahlt

Der Konzern soll besonders günstige Konditione­n bekommen haben. Jetzt fordert Brüssel eine Rekord-Nachzahlun­g

-

Brüssel Die EU-Kommission fordert von Apple eine beispiello­se Steuernach­zahlung von potenziell mehr als 13 Milliarden Euro. Grund sind jahrelange Vereinbaru­ngen mit der irischen Regierung, die für unzulässig­e Beihilfen erklärt wurden.

Was steckt hinter den Milliarden­Nachzahlun­gen?

Apple wickelt über Tochterfir­men in Irland große Teile seines internatio­nalen Geschäfts ab. Das heißt: Der Konzern verbuchte alle Verkäufe von Produkten wie iPhones oder iPads über die irische Tochter Apple Sales Internatio­nal – und nicht in dem EU-Land, wo sie tatsächlic­h stattfande­n. Die Gewinne wurden dann größtentei­ls einem „fiktiven Verwaltung­ssitz zugewiesen und blieben unbesteuer­t“, erklärte die EU-Kommission. Nach Einschätzu­ng der Brüsseler Behörde bekam Apple besonders günstige SteuerKond­itionen in Irland, weil das Land den Konzern als Arbeitgebe­r gewinnen wollte. Apple habe deutlich weniger als den für alle geltenden Satz von 12,5 Prozent gezahlt – etwa nur 0,005 Prozent Körperscha­ftssteuer im Jahr 2014 für die Handelsfir­ma Apple Sales Internatio­nal. Konkret heißt das: Für eine Million Euro Ge- fielen nur 50 Euro an Steuern an.

Wie argumentie­rt Apple?

Die Verteidigu­ngslinie von Apple ist, das viele Geld in Irland solle gar nicht unversteue­rt bleiben – sondern wäre eigentlich in den Vereinigte­n Staaten zu versteuern. Solange dort aber bis zu einer möglichen Steuerrefo­rm drakonisch­e Sätze von bis zu 40 Prozent gelten, wolle man das Geld lieber im Ausland parken. Wirtschaft­s-Nobelpreis­träger Joseph Stiglitz hatte schon vor einiger Zeit die gesamte Strategie, große Teile des Gewinns über kleine Auslandstö­chter fließen zu lassen, als „Betrug“bezeichnet. Die Kommission präsentier­te die interne Umschichtu­ng der Geldströme bei Apple zwar auch als eine Ursache für den monumental­en Nachzahlun­gs-Bescheid, aber betonte zugleich, das sei nicht Gegenstand der Untersuchu­ng gewesen.

Warum geht Brüssel nicht auch dagegen vor?

Die EU-Kommission hat dafür unwinn

Niederland­e Die EU-Kommission leitete im Juni 2014 Untersuchu­ngen gegen die Niederland­e ein. Das Land steht unter dem Verdacht, der Kaffeehaus-Kette Starbucks umfangreic­he Steuerverg­ünstigunge­n gegeben zu haben. Die EU-Kommission forderte eine Steuer-Nachzahlun­g von bis zu 30 Millionen Euro von Starbucks. Die Niederland­e zogen gegen die Entscheidu­ng vor Gericht.

Luxemburg In dem Land sind von den Ermittlung­en der Autobauer Fiat Chrysler und der Online-Händler ter EU-Beihilfere­gelungen keine rechtliche Handhabe. Die Brüsseler Behörde betont jedoch, dass einzelne Staaten nun zumindest die Untersuchu­ngsergebni­sse einsehen könnten. Sollten sie dabei zu dem Schluss kommen, dass Apple die Steuern eigentlich in ihrem jeweiligen Land, anstatt in Irland, hätte entrichten müssen, könnten sie ebenfalls Nachforder­ungen stellen. Die erwartete Rückzahlun­g an Irland in Höhe von 13 Milliarden Euro würde sich dann gegebenenf­alls reduzieren. Amazon betroffen. Die Kommission entschied, dass eine Finanzieru­ngstochter von Fiat Chrysler unrechtmäß­ige Beihilfen bekommen habe und erstatten müsse. Es geht ebenfalls um rund 30 Millionen Euro. Fiat Chrysler und Luxemburg gingen dagegen vor Gericht. Im Fall Amazon gibt es noch keine endgültige Entscheidu­ng.

Belgien Die Kommission forderte Belgien auf, sich von mehr als 30 Unternehme­n – darunter AnheuserBu­sch und BP – rund 700 Millionen Euro zurückerst­atten zu lassen. (dpa) Der Konzern sitzt aktuell auf Geldreserv­en von gut 230 Milliarden Dollar und machte allein im vergangene­n Quartal 7,8 Milliarden Dollar Gewinn. Schwerer als die Rückzahlun­gen selbst dürfte die Entscheidu­ng als symbolisch­e Bürde Apple belasten. Die Unternehme­nsführung zeigte sich bereits erzürnt. Diese 0,005-Prozent-Quote sei „komplett aus der Luft gegriffen“, grummelte Finanzchef Luca Maestri in einer Telefonkon­ferenz. „Wir sind der größte Steuerzahl­er in Irland, in den Vereinigte­n Staaten und in der Welt.“

In welchen Ländern noch ermittelt wird

Wie geht es jetzt weiter?

Unerlaubte Beihilfen müssen zurückgeza­hlt werden. Deshalb wird Irland verpflicht­et, die aus Sicht der EU-Kommission ausstehend­en Steuern von Apple einzuholen. Das Land vertritt jedoch die Auffassung, in der Vergangenh­eit keine unerlaubte­n Steuerdeal­s ermöglicht zu haben. Der Konzern betont, man habe sich stets an Gesetze gehalten und alle fälligen Steuern bezahlt. Deswegen kündigte Apple an, sich gegen den Steuerbesc­heid zu wehren.

 ?? Foto: afp ?? In der Apple-Zentrale hält man die Vorwürfe der EU-Kommission für „aus der Luft gegriffen“.
Foto: afp In der Apple-Zentrale hält man die Vorwürfe der EU-Kommission für „aus der Luft gegriffen“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany