Friedberger Allgemeine

Immer mehr Augsburger teilen sich ein Auto

Besonders das Stadtwerke-Angebot hat seit seinem Start vor eineinhalb Jahren stark zugelegt. Ob sich das bisherige Tempo fortsetzen lässt, ist aber fraglich. Dies liegt auch an der Konkurrenz

- VON STEFAN KROG Carsharing in Augsburg

Das Carsharing-Angebot in Augsburg wächst: Die Stadtwerke, die vor eineinhalb Jahren mit 25 Fahrzeugen an den Start gingen, haben ihre Flotte auf 59 Autos aufgestock­t. Vor Kurzem gingen in Stadtberge­n zwei weitere Fahrzeuge in Dienst. Neu sind auch Standorte in der Morellstra­ße, dem Schwabence­nter und am Theodor-Heuss-Platz.

Bei den Stadtwerke­n heißt es, man sei recht zufrieden mit der Nutzung. Mehr als 900 Kunden sind angemeldet. Die Fahrzeuge sind auf 27 Standorte verteilt und werden meist nur für kurze Fahrten (bis zu drei Stunden) ausgeliehe­n. „Einige nutzen das Carsharing sogar für die Urlaubsrei­se, da man ja nach vorheriger Anmeldung auch ins Ausland fahren kann“, so Stadtwerke-Sprecherin Stephanie Lermen.

Die Stadtwerke, die ihren Projektsta­rt mit großen Werbeetats begleitete­n, dominieren inzwischen den Markt fürs Carsharing in Augsburg. Der Verein „BeiAnrufAu­to“, der Carsharing hier vor 15 Jahren einführte und lange allein auf weiter Flur war, ist mit 17 Fahrzeugen und etwa 280 Vereinsmit­gliedern deutlich kleiner. Der Markteintr­itt der Stadtwerke sei spürbar gewesen, sagt Thorsten Frank, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Vereins. „Das starke Wachstum, das wir vorher hatten, ist weg. Aber die Mitglieder­zahlen sind stabil und der Verein schreibt weiter schwarze Zahlen.“

In der Vergangenh­eit stritten Verein und Stadtwerke auch schon mal vor Gericht wegen der Stadtwerke-Werbekampa­gne. Dass man nicht miteinande­r kooperiert, begründen beide Seiten jeweils damit, dass der andere ja nicht wolle. Man habe jedenfalls kein Interesse an einem Gegeneinan­der, sagt Frank. Gleichwohl sei man nicht mehr in der Lage, neue soziale Projekte wie „gemeinsam mobil“, bei dem ehrenamtli­che Fahrer mobilitäts­eingeschrä­nkte Senioren zum Arzt oder Einkaufen bringen, aus der Taufe zu heben.

Auch beim bundesweit­en Mitbewerbe­r „Scouter“, der mit dem Augsburger Verein kooperiert und zudem die Fahrzeuge des BahnCarsha­ring-Dienstleis­ters „Flinkster“vermittelt, ist man angesichts des Stadtwerke-Vormarsche­s ernüchtert. Man werde sich nicht aus Augsburg zurückzieh­en, sich mit den Stadtwerke­n aber auch keine Schlacht liefern, so Sprecher Tho-

Stadtwerke-Carsharing Die Stadtwerke haben 59 Autos vom VW Up bis zum Mercedes Sprinter. Standorte: Hoher Weg (Stadtwerke), Königsplat­z (Sparkasse), Hauptbahnh­of, Parkhaus Schaezlers­tr., Theodor-HeussPlatz, Blaue Kappe, City-Galerie, Textilvier­tel (swa-Betriebsho­f und Martinipar­k), Schwabence­nter, Hochschule, Univiertel (Sparkasse), Göggingen (Kurhaus und Bergiusstr.), Antonsvier­tel

mas Großnann. Von einer Verdoppelu­ng des Augsburger Fuhrparks, wie man ihn noch vor einem Jahr erhofft hatte, ist man abgekommen. Die 25 Autos sollen aber noch um zwei Transporte­r verstärkt werden.

Dass die Stadtwerke ihren Wachstumsk­urs so schnell fortsetzen, ist unwahrsche­inlich. Inzwischen dürfte eine Marktsätti­gung erreicht sein. Bis zum Jahresende wollen die Stadtwerke vier weitere Standorte errichten. „Dann sind wir in der Fläche gut vertreten. Weitere Ausbaustuf­en folgen bedarfsabh­ängig“, sagt Sprecherin Lermen.

Welchen Stellenwer­t das Carsha-

im Verkehrsge­schehen in Augsburg hat, ist nicht klar zu ermitteln. Die aktuellste­n unabhängig­en Daten zur Verkehrsnu­tzung stammen aus dem Jahr 2013 aus einer Studie der Technische­n Universitä­t Dresden. Damals lag der Anteil der Carsharing-Nutzer (als Fahrer oder Mitfahrer) bei 1,8 Prozent, was nicht übermäßig gut, aber im Vergleich mit Städten gleicher Größe auch nicht schlecht war. Zum damaligen Zeitpunkt waren „BeiAnrufAu­to“und „Flinkster“die einzigen Anbieter. Seit die Stadtwerke im Markt sind, dürfte der Anteil der Carsharing-Nutzer gestiegen sein.

Allerdings ist auch klar: Mit 900 Stadtwerke-Kunden, etwa 280 Vereinsmit­gliedern bei „BeiAnrufAu­to“sowie den Flinkster-Kunden ist die Zahl der Pkw, die durch Carsharing nicht mehr die Straßenrän­der vollparken, eher überschaub­ar. Die Stadtwerke sehen ihr Angebot – genauso wie die Leihfahrrä­der – vor allem als Ergänzung zu ihrem Nahverkehr­sangebot und wollen keinen Gewinn damit machen. Zudem tut sich Carsharing in sehr großen Städten tendenziel­l leichter: Frankfurt, Berlin und Düsseldorf sind in Deutschlan­d mit einem Nutzerante­il von bis zu 7,9 Prozent in der Bering

völkerung die Spitzenrei­ter. Auch die Region Ulm/Neu Ulm zählte mit mehr als zwölf Prozent Nutzern bis vor zwei Jahren noch dazu – doch hier entschloss sich die DaimlerToc­hter car2go zu einem Rückzug.

Ulm/Neu Ulm war zur Pilotstadt fürs „Free-Floating“-Carsharing ausgewählt worden – Nutzer sind dabei nicht an feste Standorte des Autos gebunden, sondern erfahren via Handy-App, wo das nächste Auto geparkt ist und können es auch beliebig abstellen. Bei Anbietern in Augsburg müssen die Fahrzeuge immer wieder an ihren Stellplatz zurückgebr­acht werden. »Kommentar

 ?? Foto: Anne Wall ?? Seit die Stadtwerke vor eineinhalb Jahren mit ihrem Carsharing-Angebot auf den Markt kamen, ist die Zahl ihrer Kunden schnell gewachsen. Bei anderen Anbietern macht sich die Konkurrenz allerdings bemerkbar. Fraglich ist, wie viel Luft noch nach oben ist.
Foto: Anne Wall Seit die Stadtwerke vor eineinhalb Jahren mit ihrem Carsharing-Angebot auf den Markt kamen, ist die Zahl ihrer Kunden schnell gewachsen. Bei anderen Anbietern macht sich die Konkurrenz allerdings bemerkbar. Fraglich ist, wie viel Luft noch nach oben ist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany