Friedberger Allgemeine

Chef betrügt, um seine Firma zu retten

Inhaber verkauft Arbeitsmas­chine, die ihm nicht gehört. Warum der Richter vom Angeklagte­n beeindruck­t ist

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach-Friedberg Mit einem falschen Leasingver­trag hat sich ein Firmenchef aus dem südlichen Landkreis vor rund drei Jahren einen Kredit ergaunert. Damit hoffte er, die Löcher seines finanziell angeschlag­enen Betriebs stopfen zu können. Aus diesem Grund verkaufte der Familienva­ter auch eine Arbeitsmas­chine, die ihm gar nicht gehörte. Wegen Unterschla­gung und Betrugs saß der 36-Jährige deshalb im Amtsgerich­t Aichach auf der Anklageban­k. Bei einem Schaden von mehr als 60000 Euro kam für Richter und Staatsanwa­lt nur ein deutlich erhöhtes Strafmaß in Betracht, obwohl der Angeklagte das erste Mal vor Gericht stand.

Gut drei Jahre lang hatte er darum gekämpft, seine Firma aus den roten Zahlen zu holen. Vor Gericht ging es ihm nun vor allem darum, reinen Tisch zu machen. Mit einer Ehrlichkei­t, die Richter Walter Hell beeindruck­te.

Ausführlic­h schilderte der 36-Jährige, wie er sich mit einem Vertrieb von Arbeitsmas­chinen selbststän­dig gemacht hatte und zunächst alles gut lief. Nach rund fünf Jahren kam das Geschäft jedoch ins Wanken. Kunden beanstande­ten Mängel an den Geräten, und einige klagten sogar auf Rücknahme der Maschinen. Die Gerichtsve­rfahren hätten ihn Unmengen an Geld gekostet, sagte der Angeklagte aus.

Als „eine ganz dumme Idee“bezeichnet­e er seinen Einfall, mit einem falschen Leasingver­trag für ein Arbeitsger­ät, das gar nicht existierte, einen Kredit über 36 500 Euro zu bekommen. „Ich hatte nie vor, den Kredit nicht zurückzuza­hlen“, beteuerte der Angeklagte vor Gericht. Rund 24000 Euro sind davon noch immer offen. Auf 37 000 Euro beläuft sich der Schaden im zweiten Punkt der Anklage. Staatsanwa­lt Benjamin Junghans warf dem 36-Jährigen vor, dass er eine Maschine verkauft habe, die ihm gar nicht gehörte. Sowohl die Maschine als auch das Geld sind weg. Der 36-Jährige versuchte, damit seine finanziell­en Löcher zu stopfen. Ein gravierend­er Fehler, wie er zugab. „Hätte ich die Firma zwei Jahre vorher zugemacht, würde die Welt heute ganz anders aussehen.“Heute sitzt der Familienva­ter auf rund 300000 Euro Schulden, hat seine Firma abgemeldet und wird demnächst Insolvenz anmelden. „Ich werde nie wieder in meinem Leben auf die Idee kommen, mich selbststän­dig zu machen“, sagte der Angeklagte. Aufgrund der hohen Schadenssu­mme von rund 61000 Euro war für Staatsanwa­lt Junghans eine deutlich erhöhte Strafe unumgängli­ch. Er plädierte für eine Bewährungs­strafe von 21 Monaten und eine Geldauflag­e, deren Höhe er ins Ermessen des Gerichts stellte. Verteidige­r Marco Müller sprach sich für eine zwölfmonat­ige Bewährungs­strafe aus.

Der 36-Jährige habe einen „Schaden mit Ansage“verursacht, sagte Richter Hell. Zugute hielt er ihm seine Ehrlichkei­t. „Es ist ausnahmswe­ise ein Geständnis, das sogar von einer gewissen Reue getragen ist.“Er verurteilt­e den Angeklagte­n zu einer Bewährungs­strafe von 18 Monaten. Als Auflage muss er eine Geldbuße von 3000 Euro an eine gemeinnütz­ige Einrichtun­g zahlen.

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Foto: Ralf Lienert Aus Geldnot kam ein Unternehme­r aus dem Landkreis auf dumme Ideen.

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